Coronafolgen im Harz

Wenn in Urlaubsorten die Urlauber fehlen

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Schneebedeckt sind die Tische eines Straßencafés auf dem Marktplatz eines Ortes im Harz.
Weit entfernt von einer jahreszeitüblichen Auslastung oder um die Hälfte eingebrochener Umsatz: So und so ähnlich sieht die Situation in den Hotels und Gaststätten im Harz aus. © picture alliance / dpa / Matthias Bein
Von Michael Frantzen · 04.02.2022
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Um diese Jahreszeit sind in der Tourismusregion Harz Hotels und Gaststätten eigentlich voll – aber nicht während der Omikronwelle. Das hat Auswirkungen auf die Branche sowie auf die Kommunen und ihre Haushalte. Bei manchen gibt es aber auch positive Folgen.
Vom Auf und Ab der Coronawellen ist auch die Stimmung in der Tourismusbranche geprägt. Immer wenn es so aussah, als sei das Schlimmste überstanden, kam die nächste Virusvariante und brachte wieder Einschränkungen mit sich. So ist es auch in der beliebten Tourismusregion Harz, dem nördlichsten Mittelgebirge Deutschlands.
Zwei Mal haben wir uns bereits während der Coronazeit dort umgeschaut – in Braunlage, einer 5000-Einwohner-Stadt im niedersächsischen Teil des Harzes, und in Schierke, einem 15 Autominuten davon entfernten 540-Seelen-Ort auf der anderen Seite des Brockens, in Sachsen-Anhalt. Seit unserem letzten Besuch ist etwas mehr als ein halbes Jahr vergangen. Im Urlaubsort Braunlage tendierte die Inzidenz gegen Null. Jetzt gibt es Rekord-Werte, Deutschland steckt mitten in der Omikronwelle.

Corona-Innovationspreis für die Bibliothek

In der Stadtbücherei muss Leiterin Imke Koch jetzt wieder Maske tragen, sich vor Dienstbeginn testen und Impfnachweise checken. Aber es gibt auch gute Nachrichten: In der Bücherei haben sich ein paar Dinge verändert: Es ist renoviert worden, heller gestrichen. Es gibt neue Tische und Stühle. Die konnten angeschafft werden dank des Preisgelds von 1000 Euro für den Preis für „innovative Leistungen in Corona-Zeiten“ des Deutschen Bibliotheksverbands, den sie im Mai bekommen hat für ihr Online-Angebot und den „Film Friend“, ihren Streaming-Dienst.
Dank dieses Geldes konnte sie Fördermittel beantragen. Daraus wurden auch zwei Co-Working-Arbeitsplätze eingerichtet. „Der Jugend-Bereich ist aufgefrischt worden, die haben jetzt ihr eigenes Podest hinten, wo sie auch mal rumlümmeln können.“ Ob sie dieses Jahr noch sparen muss, weiß Imke Koch noch nicht. „Weil der Haushalt noch nicht verabschiedet ist.“

Noch immer Sorgenfalten

Zuständig für den Haushalt ist Bürgermeister Wolfgang Langer von der „Bürgerliste Braunlage“. Die Kommune wird sparen müssen im Doppelhaushalt 2022/23 – so wie es aussieht, zwar nicht bei der Bücherei, aber bei den Investitionen. Wie viel gespart werden muss, ist noch nicht klar. Der Grund dafür aber schon: ein dickes Minus bei den städtischen Tochter-Gesellschaften im vergangenen Jahr. Die Marketing GmbH, das Eis-Stadion, das Hallenbad haben coronabedingt Verluste im siebenstelligen Bereich gemacht.
Wo das Geld herkommen soll für die städtischen Investitionen, werde man sehen müssen. Zumindest die Übernachtungszahlen stimmen wieder. Knapp eine Million waren es vergangenes Jahr, das ist zwar weniger als vor Corona, aber um einiges besser als 2020. Über Weihnachten und Silvester sei der Ort gut belegt gewesen, so Langer. Doch die Sorgenfalten seien nach wie vor da – vor allem im Blick auf die steigenden Coronazahlen.

Hipster-Herberge mit weniger Gästen

Diese Falten kennt auch Viktoria Dockenfuss. Sie leitet das „TheHeartsHotel“, die Hipster-Herberge mit eklektischen Second-Hand-Möbeln drinnen - und einem Sauna-Fass draußen auf dem verschneiten Hofgelände.
Eine Frau sitzt auf einem Barhocker in einem Gastraum
Viktoria Dockenfuss sucht für ihr „TheHeartsHotel“ in Braunlage vor allem geduldiges Personal – doch das sei schwer zu finden. © Deutschlandradio / Michael Frantzen
Von einer Auslastung, wie sie um diese Jahreszeit üblich war, seien sie weit entfernt. Die Restaurants zwischen Harz und Nordsee hätten im Dezember 80 Prozent weniger Umsatz gemacht, erklärt sie. Bundesweit im Gastgewerbe sei jeder vierte Job verschwunden. Auch ihrem Hotel falle es immer schwerer, Personal zu finden – geduldiges Personal.

Um die Hälfte weniger Umsatz

In Schierke, auf der anderen Seite des Brockens, in Sachsen-Anhalt, erinnert sich Ortsbürgermeisterin Christiane Hopstock an den Beginn des Winters: „Das war von den Besucherzahlen schon etwas weniger als sonst. Es war eine ganz komische Zeit, wenn man abends durch den Ort gefahren ist, am Wochenende - und es waren nur sehr wenige Gäste da.“
Im Sommer war es anders. Anfang Juli kam zum Beispiel auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Es sollte auf den Brocken gehen. „Er hat wirklich verlangt, dass die Leute von der Basis kommen“, erzählt Hopstock. „Ich durfte also noch unseren Feuerwehr-Hauptmann mitnehmen. Er hat gesagt: 'Ich möchte wirklich mit den Leuten, die hier vor Ort wirken, ins Gespräch kommen.' Das war auch so.“
Jens Weidlich, Hopstocks Stellvertreter und Inhaber des „Brocken Stübchen“ und des „Café am Kurpark“ weiß, wie es ist, wenn der Umsatz um die Hälfte einbricht. Aber er sagt, er bleibe dank staatlicher Überbrückungshilfen und Kurzarbeit optimistisch. An das Prinzip Hoffnung klammert sich auch Christiane Hopstock. Sie hoffe, dass man sich im Jahr 2022 wieder auf der Straße begegnen könne, dass wieder Normalität einkehrt in Schierke.

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