Harter Sommer

Von Astrid Freyeisen · 30.05.2011
China ächzt unter Wassermangel. Es regnet seit Monaten zu wenig, die Felder sind staubtrocken, der Getreidepreis hoch. Mit der Trockenheit wird auch die Energie knapp, denn die chinesischen Energieversorgung wird zu einem Fünftel durch Wasserkraft gedeckt.
Dieser Sommer dürfte hart werden für Firmenchefs in China: Der Strom wird knapp, vor allem in den Industriezentren im Süden und im Jangtse-Delta. Besonders betroffen: Jiangsu, Shanghais nördliche Nachbarprovinz. Dort, so schreiben die Staatsmedien, fehlen im Sommer voraussichtlich 16 Prozent Strom. Sun Zhengping war einer der ersten Hersteller von Windkraftanlagen in Changzhou, einer Boomtown der Provinz Jiangsu. Für ihn ist der Fall klar:

"Was wir erleben, ist kein echter Engpass. Die Energieproduktion erreicht momentan nicht einmal die Hälfte der maximalen Kapazität landesweit. Vielmehr will die Regierung, dass der Energieverbrauch fällt. Sie will das Wirtschaftswachstum bremsen. Wir dürfen nicht alle Ressourcen verbrauchen, auf dem Rücken künftiger Generationen. Wir begreifen, dass unser zu hohes Tempo Folgen hat: Umweltverschmutzung, Engpässe der Energieversorgung, immer mehr Naturkatastrophen wie Fluten und Dürren. Wir sind selber schuld."

Peking will vor allem den Verbrauch von Kohle drosseln – die immer noch Dreiviertel der Energie in China liefert. Die aktuellen Engpässe überraschen Ji Yiwei vom Wujing Industriepark in Changzhou nicht:

"Weil die Regierung den Ausstoß von Schadstoffen verringern will, erlebten wir Ende letzten Jahres Ähnliches: Viele Fabriken in unserem Industriepark mussten die Produktion unterbrechen, den Energieverbrauch drosseln. Das war natürlich ein schweres Problem."

Diesmal trifft es selbst Großkonzerne. Die Regierung rationiert Baogang aus Shanghai den Strom, dem größten chinesischen Stahlwerk, und das von Juni bis September. Wenn besonders viel Energie verbraucht wird, weil die Chinesen gegen die Sommerhitze ihre Klimaanlagen einschalten. Doch die Engpässe beim Strom sind nicht nur ein Mittel, Pekinger Politik durchzusetzen. Lei Hengshun von der Universität Chongqing, Experte für das Ökosystem am Jangtse, erklärt:

"Der Strom führt im Moment zu wenig Wasser. In der Metropole Chongqing fühlt man das. Auch der Jiangling als Nebenfluss des Jangtse hat dieses Problem. Die Regenfälle reichen nicht aus."

Solche Schwierigkeiten soll eigentlich der Drei-Schluchten-Damm lösen. Dieses größte Wasserkraftwerk der Welt hat in diesem Jahr den Pegel stärker als normal gesenkt, um unterhalb gelegene Provinzen zu versorgen. Wang Hai von der Betreibergesellschaft ist überzeugt:

"Der Damm hat in den Trockenzeit bereits geholfen, Dürren zu bekämpfen – am Oberlauf des Jangtse und in den großen Seen Dongting und Boyang. Er dient dazu, das Ökosystem in Balance zu halten. Außerdem liefert er neun Prozent aller Wasserkraft in China."

Allerdings nicht in der aktuellen Dürre. Der Wasserstand am Drei-Schluchten-Damm ist unter die 156-Meter-Marke gefallen – das Minimum, um die volle Leistung zu bringen. Auch im Kampf gegen die Trockenheit hat der Damm diesmal offenbar nicht geholfen: Die Nachrichtenagentur AP zitiert das Büro für Wassermanagement in Wuhan, Hauptstadt der Provinz Hubei, unterhalb des Damms. 1400 Seen in Hubei seien bereits umgekippt.