Hart, direkt und unverblümt
Die Ozarks könnten eine Landschaft in Fantasialand sein, als so unzugänglich und entlegen beschreibt sie Daniel Woodrell in seinem neuen Roman "Winters Knochen". Tatsächlich handelt es sich um ein bewaldetes Bergland im Süden von Missouri, wo der Autor aufgewachsen ist und seine Romane spielen lässt.
Dort leben Familienclans seit Jahrhunderten mit einem eigenen Ehrenkodex, der nicht immer mit den Gesetzen übereinstimmt. Die Haupteinnahmequelle ist das Kochen von Meth. Die extrem süchtig machende Droge wird aus Erkältungsmedizin gewonnen. Ihre Herstellung ist lebensgefährlich, beim Kochen kommt es immer wieder zu heftigen Explosionen.
Jessup Dolly, ein begnadeter Methkocher, verlässt seine bitterarme Familie und verschwindet in den Ozarks, als der Winter kommt. Jessups 16-jährige Tochter Ree kümmert sich um ihre pflegebedürftige, psychisch kranke Mutter und die beiden jüngeren Brüder. Als würden Armut und Kälte das Leben nicht schon schwer genug machen, steht eines Tages "das Gesetz" vor der Tür und teilt Ree mit, dass ihr Vater, der wegen eines Drogenvergehens im Gefängnis war und erneut unter Anklage steht, das Haus für die Kaution verpfändet hat. Wenn er nicht zum Haftprüfungstermin erscheint, verliert die Familie das Dach über dem Kopf. Ree bleibt eine Woche, um ihren Vater zu finden – tot oder lebendig. Das junge Mädchen macht sich auf die Suche und stößt auf eine Mauer des Schweigens. Ist ihr Vater beim Methkochen umgekommen? Hat er sich in dunkle Geschäfte verwickelt? Hartnäckig schlägt sie alle Drohungen in den Wind und will der Wahrheit auf den Grund gehen, auch wenn sie damit die ungeschriebenen Gesetzte ihres Clans übertritt und sich in Gefahr begibt. Eine echte Dolly gibt niemals auf.
Daniel Woodrell sieht sich als Sprachrohr für diejenigen, die nichts zu verlieren haben. Seine Themen sind düster, aber nicht hoffnungslos. Hart, direkt und unverblümt ist Woodrells Sprache für karge Lebensverhältnisse und eine raue Landschaft. Daniel Woodrell malt Bilder mit Worten. "Grimmige alte Wolle, geschunden von strengen Wintern und Sommermotten" – aus diesem Stoff ist der Mantel, den Ree von ihrer Großmutter geerbt hat. In kurzen Kapiteln lässt der Autor sehr plastisch eine Welt vor den Augen der Leser entstehen und schafft mit Ree Dolly eine faszinierende Figur. Kein Wunder, dass der Roman verfilmt worden ist und der Film in Stockholm und New York bereits Preise gewonnen hat. Im Frühjahr wird er in deutschen Kinos zu sehen sein.
Besprochen von Birgit Koß
Daniel Woodrell: Winters Knochen
Aus dem Englischen von Peter Torberg
Liebeskind Verlag, München 2011
224 Seiten, 18,90 Euro
Jessup Dolly, ein begnadeter Methkocher, verlässt seine bitterarme Familie und verschwindet in den Ozarks, als der Winter kommt. Jessups 16-jährige Tochter Ree kümmert sich um ihre pflegebedürftige, psychisch kranke Mutter und die beiden jüngeren Brüder. Als würden Armut und Kälte das Leben nicht schon schwer genug machen, steht eines Tages "das Gesetz" vor der Tür und teilt Ree mit, dass ihr Vater, der wegen eines Drogenvergehens im Gefängnis war und erneut unter Anklage steht, das Haus für die Kaution verpfändet hat. Wenn er nicht zum Haftprüfungstermin erscheint, verliert die Familie das Dach über dem Kopf. Ree bleibt eine Woche, um ihren Vater zu finden – tot oder lebendig. Das junge Mädchen macht sich auf die Suche und stößt auf eine Mauer des Schweigens. Ist ihr Vater beim Methkochen umgekommen? Hat er sich in dunkle Geschäfte verwickelt? Hartnäckig schlägt sie alle Drohungen in den Wind und will der Wahrheit auf den Grund gehen, auch wenn sie damit die ungeschriebenen Gesetzte ihres Clans übertritt und sich in Gefahr begibt. Eine echte Dolly gibt niemals auf.
Daniel Woodrell sieht sich als Sprachrohr für diejenigen, die nichts zu verlieren haben. Seine Themen sind düster, aber nicht hoffnungslos. Hart, direkt und unverblümt ist Woodrells Sprache für karge Lebensverhältnisse und eine raue Landschaft. Daniel Woodrell malt Bilder mit Worten. "Grimmige alte Wolle, geschunden von strengen Wintern und Sommermotten" – aus diesem Stoff ist der Mantel, den Ree von ihrer Großmutter geerbt hat. In kurzen Kapiteln lässt der Autor sehr plastisch eine Welt vor den Augen der Leser entstehen und schafft mit Ree Dolly eine faszinierende Figur. Kein Wunder, dass der Roman verfilmt worden ist und der Film in Stockholm und New York bereits Preise gewonnen hat. Im Frühjahr wird er in deutschen Kinos zu sehen sein.
Besprochen von Birgit Koß
Daniel Woodrell: Winters Knochen
Aus dem Englischen von Peter Torberg
Liebeskind Verlag, München 2011
224 Seiten, 18,90 Euro