Hannelore Kraft für Beibehaltung der Hartz-IV-Regelung
Die zukünftige SPD-Landesvorsitzende in NRW, Hannelore Kraft, setzt auf Beibehaltung der Hartz-IV-Regelungen und auf Schaffung neuer Arbeitsplätze. Sie wolle keine Änderung in der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I, wie es Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) gefordert hatte, sagte Kraft.
Marie Sagenschneider: Was wurde eigentlich aus der SPD in Nordrhein-Westfalen? Fast 40 Jahre lang hat sie das Land regiert. Seit anderthalb Jahren ist sie in der Opposition, musste sie die Macht in die CDU abgeben. Man erinnert sich, diese verlorenen Wahlen der SPD in Nordrhein-Westfalen waren der Auslöser für Neuwahlen im Bund. Und seit dem? Nun ja, seit dem sind die Sozialdemokraten in ihrem Stammland immer weiter abgerutscht in Umfragen. Ende Oktober kamen sie gerade noch einmal auf 31 Prozent, 10 Prozent hinter der CDU. Und nun geht auch noch der Landesvorsitzende Dieckmann. Er wechselt in ein Anwaltsbüro. Seine Nachfolgerin war allerdings schnell gefunden. Neue SPD-Landeschefin soll Hannelore Kraft werden, die Fraktionschefin der Sozialdemokraten im nordrhein-westfälischen Landtag ist. Guten Morgen, Frau Kraft.
Hannelore Kraft: Guten Morgen, Frau Sagenschneider.
Sagenschneider: Man könnte den Eindruck haben, Jochen Dieckmann verlässt sein sinkendes Schiff.
Kraft: Nein, das verlässt er nicht. Er hat in den letzen anderthalb Jahren hier eine wichtige Aufgabe gehabt. Wir mussten die Parteistrukturen aufbauen, neu strukturieren. Das hat er sehr bedächtig, sehr ruhig gemacht. Und das war gut für uns, und jetzt sind wir in einer guten Ausgangsposition.
Sagenschneider: Aber vielleicht auch ein bisschen zu ruhig, denn es gab ja diese gemeine Umfrage im Sommer, wonach 95 Prozent der befragten Arbeiter und der jungen Wähler keinen einzigen sozialdemokratischen Landespolitiker zu nennen wussten und sie sich da mit Schlagzeilen rumschlagen mussten nach dem Motto, "SDP, das unbekannte Wesen".
Kraft: Na ja, zu dem jetzigen Zeitpunkt macht mich das nicht nervös. Wir haben ein völlig neues Personaltableau aufgeboten. Das dauert bis man bekannt wird. Ich möchte gerne auch, dass wir bekannt werden über Inhalte, nicht als Personen an sich. Ich glaube, das funktioniert am besten, wenn wir jetzt unsere Positionen erarbeiten und nach draußen tragen und dann auch als klare inhaltliche Alternative erkennbar werden.
Sagenschneider: Nur wir wissen, ohne Personal funktioniert es eben auch nicht. Also das ist das, was über die Medien wahrgenommen wird.
Kraft: Das ist schon klar und deshalb ist es jetzt gut und wichtig, dass wir jetzt die Personalentscheidung auch treffen. Wir wollten das ein Jahr später tun, uns noch ein bisschen mehr Zeit lassen. Jetzt ist es ein bisschen eher der Fall, aber dann ist auch klar erkennbar, wer für die SPD spricht.
Sagenschneider: Sie haben es mit einem Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen zu tun, mit Herrn Rüttgers, der sich ja selbst gerne als Chef der größten Arbeiterpartei bezeichnet. Wie wollen Sie ihm Paroli bieten?
Kraft: Hier in Nordrhein-Westfalen sehen die Menschen schon sehr genau hin, das sind wir so gewöhnt und sie sehen, dass vieles von dem was er Sonntags sagt, mit dem, was er Montags tut nichts zu tun hat. Er ruft das "Jahr des Kindes" aus und kürzt dann bei den Kindergärten. Das merken die Menschen. Er macht sich zum Arbeiterführer und geht jetzt beim Landespersonalvertretungsgesetz ran und beschneidet ganz massiv die Mitbestimmung, und zwar unter das Niveau des Betriebverfassungsgesetzes. Hier wird deutlich, dass das auseinander fällt und die Menschen merken das und wir müssen unseren Beitrag dazuleisten, aber das reicht nicht aus, sondern wir müssen auch klare inhaltliche Alternativen bieten.
Sagenschneider: Aber dennoch bei der Debatte um die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I, da hat Rüttgers schon die Mehrheit der Bürger auf seiner Seite. Bringt das die SPD dann nicht doch arg ins Hintertreffen? Da werden Sie ja geradezu links überholt von Herrn Rüttgers.
Kraft: Na ja, er hat das sehr populistisch dargestellt, aber ich glaube, dass es auch da eine Veränderung gibt. Die Menschen sagen, diese Aussage ist vom Grundsatz her richtig, aber wenn man hier in Nordrhein-Westfalen die Umfragen genau ansieht, dann sagen sie auch, das hat mit der Politik von Herrn Rüttgers hier in NRW nichts zu tun. Also da gibt es schon eine klare Unterscheidung bei den Menschen, und das ist wichtig für uns.
Sagenschneider: Noch mal kurz zur Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I. Sind da Änderungen für Sie kein Thema oder sehen Sie das anders als Ihre SPD-Kollegen im Bund?
Kraft: Nein, ich bin da völlig der Meinung der Kollegen im Bund. Ich bin ja selber auch im Bundesvorstand. Wir haben dazu am Montag einen klaren Beschluss gefasst. Wir wollen keine Änderung bei der Bezugsdauer. Uns geht es darum, Arbeitsplätze zu schaffen, und wir wollen jetzt rangehen und einen sozialen Arbeitsmarkt in diesem Land zu etablieren, klare Perspektiven schaffen, darum geht es und da tut Herr Rüttgers hier in diesem Land viel zu wenig.
Sagenschneider: Und wie wollen Sie das tun?
Kraft: Na, in dem man einen sozialen Arbeitsmarkt etabliert, den Menschen eine Perspektive gibt und hier im Land gibt es genug Chancen gerade an der Schnittstelle zwischen Innovation und Wirtschaft. Wir haben hier noch eine Menge Potential. Da bewegt sich viel zu wenig. Wir sind die größte Hochschul- und Bildungslandschaft hier in Europa überhaupt, und daraus müssen wir mehr rausholen. Da liegen die Zukunftschancen für dieses Land.
Sagenschneider: Aber trotzdem gilt es ja für die SPD erstmal einiges wettzumachen. Sie sagen, die Menschen kucken da schon sehr genau hin und trotzdem liegt die SPD in den Umfragen zehn Prozent hinter der CDU.
Kraft: Na ja, erstmal hatte die neue Regierung auch einen Bonus. Das muss man ganz gelassen sehen. Wir mussten unsere Position und müssen sie immer noch neu erarbeiten, das ist ein harter und steiniger Weg. Wir haben genau analysiert, was haben wir falsch gemacht, wo müssen wir nacharbeiten, und wir müssen zurück zu unserem Markenkern wie ich immer sage, soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Unser Schulsystem war dafür nicht mehr geeignet. Das müssen wir feststellen. Das hat mir als Sozialdemokratin wirklich am meisten wehgetan, dass es bei uns für die Arbeiterkinder nicht so einfach war bis zum Abitur zu kommen. Jetzt müssen wir schauen, dass wir andere Alternativen vorlegen, denn das neue Schulgesetz der neuen Landesregierung zeigt in die völlig falsche Richtung.
Sagenschneider: Landes- und Fraktionschefin der SPD in Nordrhein-Westfalen zu sein, Frau Kraft, was ja dann auch wahrscheinlich naturgemäß auf eine Spitzenkandidatur bei den nächsten Landtagswahlen hinauslaufen wird, ist das für Sie eigentlich eine besondere Verantwortung? Denn es ist ja eine Binsenweisheit, dass in Nordrhein-Westfalen die Wahlen eben auch für den Bund verloren oder gewonnen werden. Jeder fünfte Wahlberechtigte wohnt in Nordrhein-Westfalen.
Kraft: Also zunächst einmal, wenn die Gremien so entscheiden, dann ist es für mich wirklich auch eine Ehre dieses Amt dann inne zu haben. Es ist eine große Herausforderung. Das ist eine wichtige Position, völlig ohne Frage, und es macht mir Spaß. Ich glaube, dass wir eine gute Chance haben, hier 2010 zu gewinnen.
Hannelore Kraft: Guten Morgen, Frau Sagenschneider.
Sagenschneider: Man könnte den Eindruck haben, Jochen Dieckmann verlässt sein sinkendes Schiff.
Kraft: Nein, das verlässt er nicht. Er hat in den letzen anderthalb Jahren hier eine wichtige Aufgabe gehabt. Wir mussten die Parteistrukturen aufbauen, neu strukturieren. Das hat er sehr bedächtig, sehr ruhig gemacht. Und das war gut für uns, und jetzt sind wir in einer guten Ausgangsposition.
Sagenschneider: Aber vielleicht auch ein bisschen zu ruhig, denn es gab ja diese gemeine Umfrage im Sommer, wonach 95 Prozent der befragten Arbeiter und der jungen Wähler keinen einzigen sozialdemokratischen Landespolitiker zu nennen wussten und sie sich da mit Schlagzeilen rumschlagen mussten nach dem Motto, "SDP, das unbekannte Wesen".
Kraft: Na ja, zu dem jetzigen Zeitpunkt macht mich das nicht nervös. Wir haben ein völlig neues Personaltableau aufgeboten. Das dauert bis man bekannt wird. Ich möchte gerne auch, dass wir bekannt werden über Inhalte, nicht als Personen an sich. Ich glaube, das funktioniert am besten, wenn wir jetzt unsere Positionen erarbeiten und nach draußen tragen und dann auch als klare inhaltliche Alternative erkennbar werden.
Sagenschneider: Nur wir wissen, ohne Personal funktioniert es eben auch nicht. Also das ist das, was über die Medien wahrgenommen wird.
Kraft: Das ist schon klar und deshalb ist es jetzt gut und wichtig, dass wir jetzt die Personalentscheidung auch treffen. Wir wollten das ein Jahr später tun, uns noch ein bisschen mehr Zeit lassen. Jetzt ist es ein bisschen eher der Fall, aber dann ist auch klar erkennbar, wer für die SPD spricht.
Sagenschneider: Sie haben es mit einem Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen zu tun, mit Herrn Rüttgers, der sich ja selbst gerne als Chef der größten Arbeiterpartei bezeichnet. Wie wollen Sie ihm Paroli bieten?
Kraft: Hier in Nordrhein-Westfalen sehen die Menschen schon sehr genau hin, das sind wir so gewöhnt und sie sehen, dass vieles von dem was er Sonntags sagt, mit dem, was er Montags tut nichts zu tun hat. Er ruft das "Jahr des Kindes" aus und kürzt dann bei den Kindergärten. Das merken die Menschen. Er macht sich zum Arbeiterführer und geht jetzt beim Landespersonalvertretungsgesetz ran und beschneidet ganz massiv die Mitbestimmung, und zwar unter das Niveau des Betriebverfassungsgesetzes. Hier wird deutlich, dass das auseinander fällt und die Menschen merken das und wir müssen unseren Beitrag dazuleisten, aber das reicht nicht aus, sondern wir müssen auch klare inhaltliche Alternativen bieten.
Sagenschneider: Aber dennoch bei der Debatte um die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I, da hat Rüttgers schon die Mehrheit der Bürger auf seiner Seite. Bringt das die SPD dann nicht doch arg ins Hintertreffen? Da werden Sie ja geradezu links überholt von Herrn Rüttgers.
Kraft: Na ja, er hat das sehr populistisch dargestellt, aber ich glaube, dass es auch da eine Veränderung gibt. Die Menschen sagen, diese Aussage ist vom Grundsatz her richtig, aber wenn man hier in Nordrhein-Westfalen die Umfragen genau ansieht, dann sagen sie auch, das hat mit der Politik von Herrn Rüttgers hier in NRW nichts zu tun. Also da gibt es schon eine klare Unterscheidung bei den Menschen, und das ist wichtig für uns.
Sagenschneider: Noch mal kurz zur Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I. Sind da Änderungen für Sie kein Thema oder sehen Sie das anders als Ihre SPD-Kollegen im Bund?
Kraft: Nein, ich bin da völlig der Meinung der Kollegen im Bund. Ich bin ja selber auch im Bundesvorstand. Wir haben dazu am Montag einen klaren Beschluss gefasst. Wir wollen keine Änderung bei der Bezugsdauer. Uns geht es darum, Arbeitsplätze zu schaffen, und wir wollen jetzt rangehen und einen sozialen Arbeitsmarkt in diesem Land zu etablieren, klare Perspektiven schaffen, darum geht es und da tut Herr Rüttgers hier in diesem Land viel zu wenig.
Sagenschneider: Und wie wollen Sie das tun?
Kraft: Na, in dem man einen sozialen Arbeitsmarkt etabliert, den Menschen eine Perspektive gibt und hier im Land gibt es genug Chancen gerade an der Schnittstelle zwischen Innovation und Wirtschaft. Wir haben hier noch eine Menge Potential. Da bewegt sich viel zu wenig. Wir sind die größte Hochschul- und Bildungslandschaft hier in Europa überhaupt, und daraus müssen wir mehr rausholen. Da liegen die Zukunftschancen für dieses Land.
Sagenschneider: Aber trotzdem gilt es ja für die SPD erstmal einiges wettzumachen. Sie sagen, die Menschen kucken da schon sehr genau hin und trotzdem liegt die SPD in den Umfragen zehn Prozent hinter der CDU.
Kraft: Na ja, erstmal hatte die neue Regierung auch einen Bonus. Das muss man ganz gelassen sehen. Wir mussten unsere Position und müssen sie immer noch neu erarbeiten, das ist ein harter und steiniger Weg. Wir haben genau analysiert, was haben wir falsch gemacht, wo müssen wir nacharbeiten, und wir müssen zurück zu unserem Markenkern wie ich immer sage, soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Unser Schulsystem war dafür nicht mehr geeignet. Das müssen wir feststellen. Das hat mir als Sozialdemokratin wirklich am meisten wehgetan, dass es bei uns für die Arbeiterkinder nicht so einfach war bis zum Abitur zu kommen. Jetzt müssen wir schauen, dass wir andere Alternativen vorlegen, denn das neue Schulgesetz der neuen Landesregierung zeigt in die völlig falsche Richtung.
Sagenschneider: Landes- und Fraktionschefin der SPD in Nordrhein-Westfalen zu sein, Frau Kraft, was ja dann auch wahrscheinlich naturgemäß auf eine Spitzenkandidatur bei den nächsten Landtagswahlen hinauslaufen wird, ist das für Sie eigentlich eine besondere Verantwortung? Denn es ist ja eine Binsenweisheit, dass in Nordrhein-Westfalen die Wahlen eben auch für den Bund verloren oder gewonnen werden. Jeder fünfte Wahlberechtigte wohnt in Nordrhein-Westfalen.
Kraft: Also zunächst einmal, wenn die Gremien so entscheiden, dann ist es für mich wirklich auch eine Ehre dieses Amt dann inne zu haben. Es ist eine große Herausforderung. Das ist eine wichtige Position, völlig ohne Frage, und es macht mir Spaß. Ich glaube, dass wir eine gute Chance haben, hier 2010 zu gewinnen.