Hamburg

Olympische Spiele als Indikator

Das Logo des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), am 11.09.2014 in Berlin.
DOSB-Beschluss: Deutschland bewirbt sich um Olympische Spiele 2024 © dpa / picture-alliance / Britta Pedersen
Von Knut Benzner  · 04.12.2014
Wie macht sich eigentlich Hamburg in seinem Werben um Olympia für die Stadt? - In Umfragen jedenfalls legt die Hansestadt zu gegenüber Berlin. Es sind ganz neue Allianzen, die hier am Start sind. Allerdings gibt es auch hier Zweifel.
"Die Stimmung ist sogar sehr gut."
Die Hamburger stehen zu dieser Bewerbung und sie haben trotz des Vorspiels nicht aufgegeben. Denn bereits 1988 hatte Henning Voscherau, damaliger Bürgermeister der im Prinzip dauerregierenden SPD die Idee bzw. die feste Absicht, sich um die Austragung der Olympischen Spiele zu bewerben – für das Jahr 2000. Voscherau zog zurück, weil Berlin, angefacht - respektive instrumentalisiert - durch die Wiedervereinigung, auf den Plan kam. Berlin scheiterte. Kläglich.
Dann kam 2012 – erneut bot sich Hamburg an, und unterlag Leipzig. Leipzig scheiterte. Kläglich.
"Hamburg hatte damals schon das bessere Konzept – und daran hat sich nix geändert."
Lust auf die Olympischen Spiele, auch weil das Konzept gut ist. Damals wie heute. Innerstädtische Spiele, im Hafen, auf dem Kleinen Grasbrook, die frühere Binneninsel liegt nur einen Steinwurf von der Hafencity entfernt. Auf dem Kleinen Grasbrook: 1200 Einwohner, das Hafenmuseum bzw. eine Außenstelle des Museums für Arbeit, der Zoll, Speicher, Schuppen, Lagerhäuser. Und, sehr wichtig, Brachen. Vom Kleinen Grasbrook zum Jungfernstieg sind es, weil noch auf Umwegen über die Norderelbe, gerade einmal fünf Kilometer. Innerstädtische Spiele – nicht das schlechteste Konzept für 2014.
- "2024 bin ich 18."
- "Und ich 17."
Eimsbüttel, Hamburg-Eimsbüttel, steht nicht in dem Verdacht, ein unkritischer Stadtteil zu sein.
"Ich find´s sehr prima, ich find´s prima, muss ich sagen, also ich hab´ nich´, nich´ diese Allergie gegen Olympia, und würd´ mich sehr freuen."
Uni-Nähe, gut-bürgerlich-unkonventionelle Kneipen neben gehobenen Restaurants, Doppelverdiener im Alter zwischen 30 und 60 in Altbauwohnungen...
"Ich würd´ mich sogar, mein Schwager, der is´ Brite, und der war in London ... freiwilliger Helfer, das hat ihm riesen Spaß gemacht, sowas würd´ ich machen. Ich würd´ da mitmachen. Dafür, absolut."
Gut für die Stadt?
...und einfacher als nach einem Elternabend bekommt man 20, 25 Erwachsene nicht zusammen. Für ihre Kinder tun sie alles.
"Ich bin dafür, weil es gut für die Stadt Hamburg ist."
Eimsbüttel wählt SPD und Grün, eine verneinende Masse ist somit vorhanden. Gleichwohl:
"Ich bin gerne dafür. Für die Olympischen Spiele? In Hamburch? Auf jeden Fall, für die Elbvertiefung, für die Seilbahn, HSV in der Bundesliga und auf jeden Fall für die Olympischen Spiele, wir wollen eine Weltstadt sein, also: Her damit."
Sehen Sie.
- "Dafür!"
- "Klar bin ich dafür."
Nur einer rutscht aus der Reihe. Na ja, sagen wir einer von vermuteten circa 40 Prozent, die dagegen sind: "Dagegen. Weil es sowieso nur die Interessen von Interessenvertretern berücksichtigt. Es geht nur um Geld, um Kommerz, um Verdienst – und nicht um den Sport."
Reinhard Wolf ist der Olympia-Beauftragte der Hamburger Handelskammer. Das heißt folgendes: "Ich bearbeite alle die Themen, die im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen, mit der Bewerbung um 2024 oder 28 für die Hamburger Wirtschaft irgendwie relevant sind."
Die Handelskammer Hamburg ist nicht irgendwas und irgendwer, sie macht in Wirtschaftspolitik, Infrastruktur, Starthilfe & Unternehmensförderung, Berufsbildung, Börse, Innovation & Umwelt und hat Niederlassungen in Berlin, Brüssel, St. Petersburg, Kaliningrad, Shanghai und Dubai.
Die Handelskammer Hamburg hat den Sport, seit quasi einzige Handelskammer zumindest bundesweit, schon seit langem auf der Agenda, ihr liegt an einem Boom, an Touristen, an der Wirtschaft, es geht ihr um ihre Mitglieder. Seit 349 Jahren. Reinhard Wolf, die Prosperität und die wirtschaftliche Natur: "Nicht nur, also ausdrücklich sag ich: Nicht nur wirtschaftlicher Natur."
Sondern auch um Stadtentwicklung, Infrastruktur in großem, in sehr großem Stil, Wohngebiete, das Olympische Dorf etwa würde zu solch einem, den Hafen endlich an bzw. in die Stadt bringen, neue Sportanlagen, Potential für Hamburg, Internationalität. Erschließung der Medien, technische Erschließung, Dienstleistung, Attraktivität als Standort! Ein kurzer Blick – als Beispiel – nach London:
"Die haben von 2005, als sie den Zuschlag bekamen, bis heute ausländische Direktinvestitionen, Ansiedlungen im Grunde von 12,4 Milliarden Euro gehabt. Und das ist auf Bekanntheit durch Olympische Spiele zurück zu führen. Also es ist ein breiter Bogen wirtschaftlicher Aktivitäten, der damit zusammen hängt und der sehr lange nachwirkt und der nicht vorbei ist, wenn die Olympische Fackel erloschen ist."
Der wirtschaftliche Nutzen somit: Immens.
Seit der Bürgerschaftswahl 2011 wird Hamburg von der SPD allein regiert.
"Hallo. Schönen guten Morgen, haben Sie gut geschlafen, alles prima?"
Juliane Timmermann, sie hat gerudert, ist die sportpolitische Sprecherin der SPD.
38 Jahre alt, Lehrerin.
Die Hamburger Bürgerschaft, in der Juliane Timmermann sitzt, ist ein so genanntes Feierabendparlament.
Das Konzept für die Olympischen und Paralympischen Spiele liegt vor ihr.
Die Positionen der Parteien sind in Hamburg relativ geregelt.
In der Bürgerschaft neben der SPD vertreten: Die CDU...
"...die FDP, die Linke und die Grünen."
Umfragen, die über den Rückhalt in Hamburg Aufschluss geben sollen
Die CDU ist sowieso für alles, was so gewaltig ist. Die Grünen ... ebenfalls. Die FDP ... völlig egal.
Die einzige Partei, die bestimmt und zugleich standhaft aufrecht und aufmüpfig dagegen ist, ...
"Ist die Linke, da ist Fundamentalopposition angesagt, und man sagt nein, das wollen wir nicht, und solange ein Wasserhahn in einer Sporthalle tropft, ist das sozusagen wichtiger als ein großes Projekt, um da eben auch die Bedeutung drin zu sehen, was es für den Breitensport hat."
Programmatischer Pragmatismus. Vielleicht pragmatisches Programm.
Und die SPD?

"Die SPD hat sich aber nach dem Konzeptsehr positiv aufgestellt und hat gesagt, dass das Konzept, so wie es vorliegt und auch weiter entwickelt wird, eine große Chance für Hamburg bietet. Und dementsprechend sind wir bisher sehr offen und begleiten wir den Prozess auch sehr positiv gestimmt."
Wär´ wahrhaftig unwahrscheinlich, wenn gerade die Regierungspartei sagen würde: Machen wir nich´.
Am 15.Februar 2015 stehen die nächsten Bürgerschaftswahlen an. Aber ... was sollte da dann passieren?
Prof.Dr.Henning Vöpel, 41, Volkswirtschaftler und Sportökonom aus Liebhaberei, ist an der Hamburg School of Business Administration und seit 1. September Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes. Auch Vöpel ist Hamburger, und zu den Bereichen des privaten Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes gehören u.a. die Weltwirtschaft, Urbanisierung, Demographie, Familienpolitik und Regionalökonomik.

Vöpel hat sich für eine Bewerbung Hamburgs ziemlich stark gemacht: Barcelona. Das beste Beispiel für Vöpel: Barcelona. 1992. Und zwar nicht unmittelbar, wie schon Reinhard Wolf, der Olympia-Beauftragte der Hamburger Handelskammer bemerkte, sondern langfristig.
"Langfristig ist viel interessanter der Effekt, dass wir international als Hamburg bekannt sind, attraktiv sind auch für Fachkräfte, wenn Hamburg international bekannt ist, können wir zurück greifen auf einen internationalen Pool an Fachkräften, wir sind attraktiv, können konkurrieren mit anderen Städten, und das ist neben der Stadtentwicklung der zweite große Punkt, weshalb Olympische Spiele sinnvoll sein können."
Olympische Spiele als Indikator: "Also Austauschprogramme von Universitäten, Delegationen von Unternehmen und dergleichen, kulturelle Veranstaltungen, die Kultur kann auch davon profitieren, alles das sind Akteure, die von Olympischen Spielen im besten Fall profitieren können."
Alle sind in einem Wettbewerb.
"Es gibt insoweit ´ne Chance, als Thomas Bach, der deutsche IOC-Präsident, eine Reform-Agenda initiiert hat, Agenda 2020, und insoweit kann Hamburg im Zuge dieser Reformagenda eine gute Bewerberstadt sein. Es gibt verschiedene Umfragen bereits, die Hinweise darauf geben sollen, wie groß eigentlich jetzt schon der Rückhalt in der Bevölkerung ist, in Hamburg gibt es Umfragen, die deuten darauf hin, dass 60% dafür sind, ... damit man wirklich ´ne breite und solide Basis bekommt."
"Ich bin für Olympia. Ich bin für Olympia in Hamburg."
Und wenn es nicht klappt ... In´s Olympische Feuer auf der Schanze. In´s Olympiade in Osdorf oder in den Olympia-Grill in Hamm.
"Wollen wir los?"
Nee, ich warte, auf 2024.
Und auf die Bürgerbefragung!
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