Händelfestspiele Göttingen

Spannendes Musiktheater – lange gelagert

Haendel-Festspiele 2017 Lotario Generalprobe Deutsches Theater Göttingen
Marie Lys (l.) und Ursula Hesse von den Steinen in der Göttinger Aufführung © Händelfestspiele Göttingen / Alciro Theodoro da Silva
24.06.2017
Deutsches Mittelalter, italienisch vertont, geschrieben für London – in Händels "Lotario" geht es womöglich noch bunter zu als ohnehin bei ihm. Nach einer erfolglosen Premiere allerdings verschwand das Stück erst einmal für Jahrhunderte von den Bühnen.
Dabei hatte sich Georg Friedrich gerade hier mächtig ins Zeug gelegt, denn der typisch barocke Intrigenstoff um allerlei Machtspielchen, die heiratspolitisch, notfalls aber auch mit Mord und Totschlag durchgesetzt werden, sollte 1729 den Start von Händels zweitem englischen Opernunternehmen einläuten, nachdem das erste ein Jahr vorher finanziell in die Knie gegangen war. Doch der Erfolg war mäßig, bald griff man lieber wieder auf ältere Stücke zurück, und der "Lotario" verschwand in den Abgründen der Theaterarchive und hatte bis zu seiner Wiedererweckung in den 1970er Jahren die zweifelhafte Ehre, von allen Opern Händels die wohl unbekannteste zu bleiben.
Aus der Sache heraus ist dieser historische Dornröschenschlaf allerdings – und die zustimmenden Kritiken nach der Göttinger Aufführung bestätigen das ein weiteres Mal – in keiner Weise gerechtfertigt, im Gegenteil: das sich zausende Damenduo der Handlung – die eine von sanfter, aber unerschütterlicher Noblesse, ihre Gegenspielerin eine wüst-zynische Macht-Hysterikerin – gehört zu den psychologisch interessantesten Konstellationen, die Händel auf die Opernbühne gebracht hat. Inzwischen allerdings nehmen die Aufführungen langsam zu, weil sich herumgesprochen hat, dass das Stück durch seine lange Lagerung keineswegs gelitten hat und, noch unverbraucht durch lange Aufführungstraditionen, vielleicht sogar frischer und besser ankommt als seine bisher populäreren Konkurrenten.


Georg Friedrich Händel
"Lotario" HWV 26
Oper in drei Akten
Libretto: Giacomo Rossi

Sophie Rennert Mezzosopran – Lotario
Marie Lys Sopran – Adelaide
Ursula Hesse von den Steinen Mezzosopran – Matilde
Jorge Navarro Colorado Tenor – Berengario
Jud Perry Countertenor – Idelberto
Todd Boyce Bariton – Clodomiro

FestspielOrchester Göttingen
Leitung: Laurence Cummings