György Ligeti und das Klavier

"Mein Werk ist sehr bunt - wie mein Leben"

Schwarz-weiß-Foto von György Ligeti aus dem Jahr 1992, bei dem er eine Hand hebt und erst an der Kamera vorbei schaut.
György Ligeti begann erst in den 80er-Jahren intensiver für Klavier zu komponieren, obwohl er das Instrument spielte, wenn auch als Spätbeginner mit 14 Jahren. © picture-alliance / akg-images / Niklaus Stauss
26.05.2023
"Mein Werk ist sehr bunt - wie mein Leben", so György Ligeti, der erst mit 14 Jahren begann, Klavier zu spielen. Pianist Pierre-Laurent Aimard kam viel früher zum Instrument und war ein Freund des Komponisten, der viele seiner Werke zur Aufführung brachte.
"Als ich Mitglied des Ensembles Intercontemporain war, da haben wir selbstverständlich oft Ligeti gespielt. Und einmal ist er gekommen, um uns zu helfen, in einer Probe. Und ich spielte dann in dem Stück "Aventures" und "Nouvelles Aventures" und sollte auf die Saiten des Instrumentes einfach wolkige Klänge produzieren , eine Art Geräusch, sagen wir." So erinnert sich der französische Pianist Pierre-Laurent Aimard an seine erste Begegnung mit György Ligeti.
Pierre-Laurent Aimard lehnt in seiner Berliner Wohnung auf seinem geschlossenen Flügel und schaut freundlich zur Seite.
Pierre-Laurent Aimard erinnert sich gern an lange, gemeinsame Spaziergänge mit György Ligeti, die des öfteren auch im Plattenladen endeten.© Marco Borggreve
Es sollten viele folgen, denn ab Mitte der 1980er-Jahre intensivierte sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden. So übernahm Aimard bereits 1987 die französische Erstaufführung des ersten Buches der "Études pour piano".

Unterschiedliche Wege zum Klavier

Bereits als Zwölfjähriger wird Aimard zum Studium am Conservatoire Supérieur de Paris zugelassen. Hier gewinnt er gleich vier erste Preise. Ein Jahr später hört man ihn als Solist in Ravels G-Dur-Klavierkonzert. Als Schüler Yvonne Loriods, der Frau des Komponisten Olivier Messiaens, wurde er schon früh zu einem Spezialisten Neuer Musik.
Ganz anders Ligeti. "Das Milieu meiner Kindheit war einer Musikerkarriere nicht gerade förderlich", erinnert sich der Komponist. Musik ging dem Kind zwar ständig durch den Kopf, doch weit mehr faszinierte den Heranwachsenden die Welt der Mathematik und der Chemie. Erst später gewann die Musik die Oberhand.

Gemeinsame Wege

Aimard wird zu dem Pianisten, der sich um Ligeti sehr verdient machen konnte. So ist er als Pianist zum Beispiel in der Lage, die simultane Überlagerung verschiedener Tempi, die Ligeti von verschiedenen afrikanischen Musikkulturen gelernt hatte, in einer Person auf dem Klavier umzusetzen. Dieses große pianistische Können machte ihn zum Lieblingskomponisten Ligetis.

Schatten der Vergangenheit

Aimard erinnert sich: "Er hat sehr viel von seinen Trauma während des 2. Weltkrieg erzählt. Vor allem die Tatsache, dass er überlebt hatte und nicht sein lieber Bruder und nicht sein Vater. Das war für ihn eine Tragödie, womit er täglich leben musste. Wovon wahrscheinlich seine dunklere Seite kam. Und wahrscheinlich auch sein Humor, sein schwarzer Humor, was ja sehr präsent war im Leben und in seiner Musik."
Der Pianist Pierre-Laurent Aimard sitzt in einem Studio von  Deutschlandfunk Kultur.
Pierre-Laurent Aimard: "Ich habe überlegt, wie könnte ich mich bedanken, für alles, was er mir gebracht hat. Und er hatte nie die Aka-Pygmäen live gehört. Und dann konnte ich für ihn ein Konzert organisieren."© Mascha Drost
Zudem konnte er auch persönlich nachhaken: "Ich hatte ihn auch einmal gefragt, warum er sich auch so viel mit Grenzen in seiner Musik beschäftigt hat. Und warum wollte er in seiner Musik Grenzen überschreiten. War das wegen seines persönlichen Schicksals? Und er hat sehr klar 'ja' geantwortet."
In der Sendung werden viele der Klavierwerke Ligetis angespielt, über die Aimard detaillierte Informationen gibt.
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