Gut geplant, schlecht gerechnet

Hamburg, Elbphilharmonie: Kosten für Prestigebau explodieren. Berliner Stadtschloss: Angst vor dem Teuergemäuer. City Tunnel Leipzig: Verkehrsprojekt Ost seit langem umstritten und deutlich teurer als veranschlagt. "Stuttgart 21": Rechnungshof bestätigt, dass das größte Verkehrsprojekt Deutschlands doppelt so teurer wird wie geplant.
Der Leipziger City-Tunnel
Von Alexandra Gerlach

"Ich mahne heute ganz zu Beginn zu einer Gelassenheit, dieses Bauwerk durchzuführen, und dann im Ergebnis werden wir sehen, dass es sich für den Verkehrsknotenpunkt Leipzig, für die Infrastrukturentwicklung, für die Wirtschaftsentwicklung unserer Stadt und Region auszahlen wird."

Doch schon zum damaligen Zeitpunkt, tief unten in der gewaltigen Baugrube am Bayerischen Bahnhof ging nicht alles glatt.

"Also noch mal, liebe Tunnelbauer lieber Mineure, ein herzliches GLÜCKAUF!"

Während der Taufzeremonie wollte die von der Taufpatin Angelika Meeth-Milbradt in Bewegung gesetzte Sektflasche zur Besiegelung der Namensvergabe beim ersten Mal nicht platzen und mancher sah darin schon ein böses Omen.

Im Januar 2007 war die Welt der Finanzkalkulation für das ehrgeizige Bauprojekt noch in Ordnung. 571,62 Millionen Euro Gesamtsumme, verteilt auf die Geldgeber, das Land Sachsen, den Bund, die Deutsche Bahn AG, die europäische Union und die Stadt Leipzig. Doch schon zu diesem Zeitpunkt schwante dem einen oder anderen Bauleiter, dass die vier Kilometer vom Bayerschen Bahnhof zum Hauptbahnhof ungeahnte Schwierigkeiten machen könnten:

"Also das ist eine schwierige Baustelle, natürlich sind die Vorbereitungen entsprechend getroffen worden, dass Schwierigkeiten überwunden werden können."
Wenige Monate später sah die Lage anders aus. Gravierende Probleme beim Tunnelvortrieb unterhalb der belebten und bebauten Innenstadt erforderten Nachberechnungen und erweiterte bauliche Sicherheitsvorkehrungen, zudem stiegen die Rohstoffpreise für Stahl und andere Materialien erheblich. Offenbar durch eine Indiskretion gelangen neue Zahlen über immens gestiegene Baukosten ans Licht der Öffentlichkeit. Dirk Steiner von der Deutsche Bahn AG zeigte sich empört:

"Das Papier, was leider jetzt öffentlich geworden ist, ist ein Arbeitspapier, mit dem wir jetzt arbeiten, und auf der Basis dieses Arbeitspapiers die konkreten Maßnahmen, die eventuell zu Kostenerhöhungen oder Reduzierungen führen können, analysieren müssen."

Die Kostenreduzierung blieb aus, stattdessen wurde die Summe der Mehrkosten für den City-Tunnel im Dezember 2007 auf 133 Millionen Euro geschätzt. Wer diese Summe bezahlen soll, ist offen. Die Opposition im Sächsischen Landtag tobte, die Linkspartei warf der Staatsregierung vor, sie könne nicht mit Geld umgehen. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Peter Hettlich forderte personelle Konsequenzen und sein Parteifreund, Michael Weichert, stellte das Kosten-Nutzen-Verhältnis von maximal 20 Minuten Zeitersparnis für die Bahnreisenden in Frage. Doch Wirtschaftsstaatssekretär Hartmut Mangold glaubt weiterhin an das Projekt, das seiner Meinung nach ab 2012 den Innenstadtverkehr in Leipzig deutlich entlasten könnte:

"Ich denke, es ist ganz deutlich mehr wie ein Prestigeobjekt, es bietet die Möglichkeit, an einer verkehrlichen Nahtstelle, im Norden von Sachsen 320.000 Pkw-Kilometer einzusparen."

Mangold verteidigt die enormen Extrakosten beim Bau des Leipziger City-Tunnels. Vieles sei nicht vorhersehbar gewesen, sagt der Staatssekretär:

"Wir haben gebaut unter mehreren großen Hotels, unter denkmalgeschützten Häusern, von denen keiner so richtig wusste, welchen architektonischen Status sie hatten, … all das können sie nicht einpreisen, das können sie auch nicht einplanen, aber sie können es auch nicht ignorieren, weil sie sich sonst erheblichen Schadenersatzforderungen aussetzen würden."

Schon aus diesem Grund scheide auch der gelegentlich geforderte Baustopp des Großprojekts aus, sagt Mangold, der sich an langfristige Verträge mit den beteiligten Bauunternehmen gebunden sieht und nichts mehr fürchtet, als unterirdische, halbfertige Investitionsruinen:

"Das ist eine Idee, die ist rasiermesserscharf auf irgendeinem Stammtisch geboren, aber wenn man länger darüber nachdenkt, funktioniert es nicht."

Zum Fahrplanwechsel 2011/2012 soll der Leipziger City-Tunnel für den Bahn-Verkehr freigegeben werden. Wer die Mehrkosten trägt ist weiterhin offen.

Wie teuer wird der Wiederaufbau des Berliner Schlosses?
Von Wolf-Sören Treusch

Auf einem Hinterhof in Berlin-Weißensee: Hier hat der Restaurator und Steinbildhauer Andreas Hoferick seine Werkstatt. Gerade packt er eine gut zwei Meter hohe Kriegerfigur aus, an der er zurzeit arbeitet. Wenn sie fertig ist, wird sie in Potsdam aufgestellt, im Schlosspark Sanssouci. Nicht die schlechteste Referenz. Auch am Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses würde er sich mit seinen Mitarbeitern gern beteiligen.

"Man könnte sagen: Wir sitzen oder wir knien förmlich in den Startlöchern, denn es wurde ja auch schon vor 16, 17 Jahren ziemlich viel darüber publiziert, und man hatte immer das Gefühl, es geht sofort los."

2010 soll endlich der Grundstein für das Schloss gelegt werden. Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee ist stolz darauf, dass er das Projekt nach seinem Amtsantritt 2005 wieder aus der Versenkung herausgeholt hat.

"Es wird ein Magnet sein nicht nur für die Menschen aus Deutschland, sondern weit über die Grenzen Deutschlands hinaus."

Natürlich brauche man das Geld des Steuerzahlers in Zeiten der Wirtschaftskrise, um Arbeitsplätze zu sichern, sagt Tiefensee, aber:

"Auf der anderen Seite leben Menschen in diesem Land nicht nur vom Arbeitsplatz; auch, aber sie leben auch davon, dass das Leben mit kulturellen Ereignissen gewürzt wird."

Dennoch müssen die preisgekrönten Pläne des italienischen Architekten Stella für das Humboldt-Forum abgespeckt werden. Die Vorgabe ist klar: Der Bundestag hat Gesamtkosten in Höhe von 552 Millionen Euro genehmigt – mehr nicht.

"Wir müssen mit Franco Stella diskutieren, ob wir diese oder jene Draufgabe, zum Beispiel die Rekonstruktion aller vier Fassaden im Eosanderhof und aller drei Portale im Eosanderhof beziehungsweise im Schlossforum unbedingt brauchen, das ändert nichts daran, dass sein Entwurf im Kern so realisiert wird. Es wird 100 Prozent Stella sein."

Ein Anwachsen der Preisspirale, wie die Hamburger es zurzeit beim Bau der Elbphilharmonie erleben, kommt für den Bundesbauminister in Berlin nicht in Frage.

"Das Schloss ist mit Baukosten von 12.000 Euro pro qm Nutzfläche angesetzt, bei der Elbphilharmonie hat man 2003 begonnen mit 2500 Euro, man sieht also schon den Unterschied, und ist jetzt schon bei 7000 Euro pro qm Nutzfläche, das heißt, das Schloss ist sehr solide geplant, und ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam in großen Anstrengungen es schaffen können, im Kostenrahmen zu bleiben."

Vielleicht aber zu Lasten der Qualität. Steinbildhauer Andreas Hoferick zum Beispiel geht davon aus, dass es zu wenig Fachkräfte für den Wiederaufbau der barocken Bauelemente gebe.

"Ich weiß, wie lange es dauert, so eine Figur zu hauen, und ich weiß es ganz genau, dass es nicht in den nächsten drei Jahren entstehen kann oder im abgeschlossenen Zeitraum von 2010 bis 2013, das wird nicht funktionieren."

Er hat ausgerechnet: Allein für die Rekonstruktion der Schlossfassade benötige man gut 19.000 Arbeitswochen, das hieße: Wenn 30 qualifizierte Steinbildhauer gleichzeitig daran arbeiteten, könnten sie in zwölf Jahren fertig sein – Urlaubs- und Feiertage gar nicht eingerechnet. Der Bau des Humboldt-Forums würde also wesentlich länger dauern und erheblich mehr kosten. Bundesbauminister Tiefensee hält das für Spekulation.

"Wir wollen 2013 mit dem Bauwerk fertig sein, spätestens 2014, also ein Jahr nach der Einrichtung könnte die vollständige Eröffnung sein, ich bin sehr zuversichtlich, dass die Fassade dann steht, wenn wir eröffnen. Wir werden europäisch ausschreiben, und ich hoffe, dass sich die deutschen Steinbildhauer schon seit längerem auf diese Aufgabe vorbereiten."

Hoferick: "Das kann ich jetzt nicht verstehen, also europaweit ausschreiben kann man das sowieso nicht, ich traue mir zum Beispiel nicht zu, südfranzösischen Barock zu zelebrieren. Jeder Taxifahrer weiß Bescheid: Wenn er in München fährt, kann er in Berlin erstmal eine Ortskundigenprüfung machen, damit er einigermaßen begreift, wo die Straßen liegen. In dieser Werkstatt wird an der Qualität nicht gespart, das heißt, ich rechne mir für die Ausschreibung wenig Chancen aus gegenüber einem Portugiesen oder Ukrainer."

Tiefensee: "Wer klug ausgebildet hat, der ist jetzt gut gerüstet für diese Zeit, und ich gehe davon aus, dass es insbesondere durch deutsche Firmen zu stemmen ist."

Arbeit gibt es jedenfalls genug. Nicht nur in Berlin wird das Schloss wieder aufgebaut, auch in Potsdam.

Die Elbphilharmonie in Hamburg
Von Verena Herb

Lange war sie nur Zukunftsmusik – doch langsam nimmt sie Form an. Die "gläserne Welle", die sich über dem ehemaligen Kaispeicher in den Himmel schwingen soll. Vom Bug des in die Elbe ragenden neuen Stadtviertels Hafencity: Die Elbphilharmonie.

Es wird gehämmert, geklopft und geschweißt: Gelbbehelmte Bauarbeiter wuseln über die Baustelle. Die Plaza ist endlich fertig. Hier, im achten Stock, sollen sich künftig Cafes und Restaurants und auch und vor allem die Eingänge für die beiden Konzertsäle befinden. Im Dezember empfing Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck auf der Plaza, um die Fortschritte beim Bau der Elbphilharmonie herauszustellen:

"Das wollten wir auch einfach mal ein bisschen zeigen, dass wir wirklich auf einem guten Weg sind. Und die ganzen Schwierigkeiten des vergangenen Jahres jetzt überwunden haben."

Der Chefplaner des Projekts wird mitten drin entlassen, die Kosten explodieren und immer wieder wird der Eröffnungstermin nach hinten verschoben: Das sind nur einige der Schwierigkeiten, von denen die Senatorin spricht. Zeitweilig stand das Projekt sogar ganz auf der Kippe, weil sich die Verantwortlichen, Stadt und Bauträger Hochtief, in die Haare bekamen. Die Fronten waren verhärtet – die Parteien standen sich unversöhnlich gegenüber. In erster Linie ging´s ums Geld: 241 Millionen Euro Festpreis waren für das Prestigeprojekt veranschlagt. Doch schnell zeichnete sich ab: Dabei wird´s nicht bleiben. Es folgten verbissene Verhandlungen zwischen Senatorin, Architekten und dem Bauunternehmen Hochtief.

"Nicht so viel Harmonie bei der Elbphilharmonie – kann man wohl sagen."

So fasste es der Aufsichtsratsvorsitzende der Elbphilharmonie, Johann Lindenberg, zusammen. Die Verhandlungen gehen weiter: Dann ein Höhepunkt im September 2008. Ole von Beust feuert den Chefmanager der Elbphilharmonie, Harmut Wegener.
Doch erfolgreich habe man das Ruder wieder herumreißen können – auf diese eingängigen maritimen Metaphern lässt sich wohl nur schwer verzichten, bei aller Euphorie, die die Verantwortlichen nun ob der Fortschritte bei Verhandlungen und Baustelle vor sich her tragen. Wenngleich:

"Der Preis dafür ist allerdings sehr hoch. Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber er ist einfach hoch."

Im wahrsten Sinne des Wortes: Die jüngsten Zahlen, was die Elbphilharmonie kosten soll, sind von der Ausgangsannahme so weit entfernt, wie eine Galaxie von der nächsten. Mittlerweile belaufen sich alleine die Baukosten auf 323 Millionen Euro. Wie das kommt? Heribert Leuttner, der neue Chefkoordinator des Hamburger Senats für die Elbphilharmonie liefert einen Erklärungsversuch:

"Es ist sicherlich so, dass die Komplexität des Gebäudes von allen Beteiligten unterschätzt wurde. Es wurde ja noch nie ein Konzertsaal auf ein bestehendes Kaispeichergebäude gesetzt und in 50m Höhen in zwei verschiedenen Betonschalen, die mit Federn voneinander getrennt sind, sozusagen in die Luft gehängt ... Ich glaube, die Herausforderung technischer Natur die dort zu bewältigen sind, hat man seinerzeit nicht erkennen können."

Und kann man wohl auch jetzt noch nicht: mancher Experte spricht von einem Kostenvolumen von fast einer halben Milliarde Euro. Die Entwürfe für den "neuen Leuchtturm" kommen vom Basler Architektenteam Herzog und deMeuron. Die bauten schon die Tate Galerie in London oder das Olympiastadion in Peking. Renommee hat eben seinen Preis.
Und schließlich geht es um das neue Wahrzeichen der Hansestadt – so wie die Oper in Sydney oder der Eiffelturm in Paris – das soll die Elbphilharmonie für Hamburg werden. Und dass das so sein wird, erklärte jüngst Christoph von Dochnanyi, der Chefdirigent des NDR-Symphonieorchesters, das Residenzorchester der Elbphilharmonie sein wird.

"Die Philharmonie wird als solche wahrgenommen als Plan und als ein ganz beneidenswertes Bauwerk. Ob wir in China waren, ich in New York bin... Wo auch immer ich war in letzter Zeit: London. Ich meine, die warten darauf, dass sie hierher können. Also das ist was absolut einmaliges."

Einmalig ist auch die Unterstützung, die das Projekt "Elbphilharmonie" von den Hamburgern bekommt, obwohl die Kosten ins Unermessliche zu steigen scheinen, erläutert Maike Bielfeldt, die Geschäftsführerin der Stiftung Elbphilharmonie:

"Wir haben über 7000 Unterstützer, die Geld für die Elbphilharmonie auch gespendet haben. Insgesamt sind 67,7 Millionen Euro gesammelt worden. Was ein tolles Projekt ist, was eine tolle Summe ist. Vergleichbar nur noch mit den Kulturaktivitäten für die Frauenkirche ..."

Wann das tolle Projekt fertiggestellt wird – der geplante Termin November 2011 gehalten werden kann – man muss abwarten. Das erste Konzert soll im Mai 2012 stattfinden.

Stuttgart 21 – und kein Tunnel in Sicht
Von Uschi Götz

Noch viele Züge werden kommen und gehen, bis die Reise in Stuttgart nicht in einem Kopfbahnhof endet, sondern unterirdisch weitergehen kann. Die Neuordnung des Eisenbahnknotens Stuttgart gehört zu dem Projekt Stuttgart 21, ebenso der Bau einer neuen Bahnstrecke nach Ulm. Doch das Kernstück des Projekts ist die Umwandlung des Stuttgarter Hauptbahnhofs von einem Kopfbahnhof in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof. Nimmt man alle Baukosten zusammen, macht das über fünf Milliarden Euro. Bahn-Sprecher Jürgen Friedmann:

"Es werden 5,1 Milliarden Euro investiert für das Gesamtprojekt – Stuttgart – Ulm. Das ist eine große Summe, die alle Partner auch gemeinschaftlich aufbringen. Das ist ein sehr kompliziertes Finanzierungsmodell. Wir haben zunächst einmal zwei Abschnitte: Das ist dieser Bereich Stuttgart 21 mit diesem gesamten, ich sage jetzt mal Knoten Stuttgart, mit Messe – Flughafen, da haben wir 3,1 Milliarden als Finanzierungspunkt, und dann zwei Milliarden nochmals für die Weiterführung der Hochgeschwindigkeitsstrecke bis nach Ulm. Da gibt es auch unterschiedliche Planfeststellungen und dementsprechend ist dieses Finanzierungsmix von Planfeststellung zu Planfeststellung unterschiedlich. Aber, das komplizierte daran ist eigentlich, diese Modalitäten … es wird also nicht nur eine Finanzierungsvereinbarung geben, sondern es wird insgesamt sechs Finanzierungsvereinbarungen geben. Und ich glaube, wenn wir Deutschen einen Vertrag machen, dann machen wir den natürlich sehr gründlich und wenn dann noch vier oder fünf sechs Partner unterwegs sind, dann gibt das halt ein Mordsvertragswerk."
Das Projekt werde deutlich über 5, 1 Milliarden Euro kosten. Zu diesem Ergebnis kamen im vergangenen Jahr Prüfer des Bundesrechnungshofs. Die Prüfer machten eine Finanzierungslücke von über einer Milliarde Euro aus. Von drei Milliarden Euro Mehrausgaben gehen Gutachter aus, die im Auftrag der Stuttgarter Grünen rechneten. Werner Wölfle, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion und Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stuttgarter Gemeinderat:

"Die haben die Kosten nicht im Griff! Das muss man sich mal angucken, die haben alleine ... Oettinger sagt immer, dass bestgerechnetste Projekt aller Zeiten, die es je gab. Da sind alleine eins Komma Milliarden Risiko veranschlagt. Das heißt, sie wissen es selber nicht. Und jetzt hat unser Gutachter wie der Bundesrechnungshof gesagt, das reicht nicht. Und unser Gutachter hat eine ganz einfache Berechnungsgrundlage angelegt. Der hat ganz einfach gesagt, was kostet durchschnittlich ein Kilometer Tunnel in der Bundesrepublik und dieses hochgerechnet, da kommt der halt auf unsere Zahlen. Warum soll ausgerechnet in Stuttgart das Graben von Tunnel billiger sein als sonst wo in der Bundesrepublik?"

Der Widerstand gegen das Großprojekt ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Die Baubelastung sei für den Stuttgarter Kessel nicht erträglich, fürchten viele. Andere glauben an geologische Unwegsamkeiten, die nicht in den Griff zu bekommen sind; Denkmalschützer wiederum fordern den Erhalt des Stuttgarter Kopfbahnhofes, der in Teilen abgerissen werden soll.

Im Stuttgarter Rathaus und auch im Staatsministerium fürchtet man sich nun vor den Kommunalwahlen, die bereits in vier Monaten stattfinden werden. Im Lager der Stuttgart-21-Gegner finden sich auch haufenweise CDU-, FDP- und SPD-Wähler. Die Grünen in Stadt und Land haben ihr kommunalpolitisches Thema gefunden. Unverständlich für CDU-Regierungschef Günther Oettinger, der aus Imagegründen von Baden-Württemberg 21 spricht:

"Ich sage Ihnen: Baden Württemberg 21 wird das beste Konjunkturprogramm für die Arbeitswelt und für die Menschen in Baden- Württemberg, das man sich überhaupt nur vorstellen kann."

Doch noch steht der alte Kopfbahnhof und die Züge fahren überirdisch ein. Eine für den Beginn des Jahres geplante Vertragsunterzeichnung hat bisher nicht stattgefunden.
"Es gibt nur einen einzigen formalen Punkt: Herr Tiefensee ist mit dem Bundesrechnungshof in Verhandlungen, welches Verwendungsnachweisverfahren angewandt werden soll für die 500 Millionen, die für den Bahnhof im Bundeshaushalt stehen.
Wir gehen davon aus, dass dieses in den nächsten Tagen geklärt werden kann, dann steht der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung und damit der unumkehrbaren Verpflichtung aller Partner – der Stadt, der Region, des Flughafens, des Landes, der Bahn, des Bundes - nichts mehr im Wege. Und dann wird nach Ausschreibung Baubeginn sein."