Guggenheims Schätze in Bonn
Die Bonner Kunsthalle präsentiert die bislang umfassendste Ausstellung von Meisterwerken des New Yorker Guggenheim Museums und seiner weltweiten Dependancen. Insgesamt sind in der Kunsthalle und im benachbarten Kunstmuseum Bonn rund 200 Hauptwerke der klassischen Moderne und der Gegenwartskunst zu sehen.
„Es ist die Frage gestellt worden, ob diese Ausstellung die Antwort ist auf die Berliner Moma-Ausstellung. Ich kann sagen: definitiv nein!“
Wenzel Jacob, der Direktor der Bonner Bundeskunsthalle, tat ganz unschuldig auf der Pressekonferenz: Moma sei Moma, und Guggenheim sei etwas anderes. Tatsache ist aber, dass diese Bonner Großunternehmung ein weiterer Baustein ist für ein weltweites Museum der klassischen Moderne, und dass mit der global agierenden Guggenheim-Foundation nun eine Art Konzern auf den Plan tritt, der durchaus Geschmack zu diktieren in der Lage ist.
Die Bonner Ausstellung zeigt tragende Werkkomplexe der Guggenheim-Sammlung von Kandinsky bis Matthew Barney – Dinge, für die man sonst sehr weit fahren müsste. Die klassische Moderne kann man in der Bundeskunsthalle in einem kompakten Schnelldurchgang ablaufen, wichtige Gegenwartskünstler wie Roni Horn, Rachel Whiteread oder Matthew Richie sind im benachbarten Bonner Kunstmuseum fast theatralisch effektvoll in Szene gesetzt.
Die Ausstellung selber ist grandios. Zwar wird fast schmerzlich der Niveau-Unterschied zwischen den Bewegungen des 20. Jahrhunderts und dem Talmi mancher auf dem Markt erfolgreicher Gegenwarts-Konzeptualisten deutlich. Aber das alles wollte man dann schon mal gesehen haben: Kandinsky, von dem ja das allererste von Salomon Guggenheim erworbene Bild stammt, ist hier von der expressionistisch-farbwütigen Phase bis in die Abstraktion, in die Zwiesprache der puren Zeichen vor leergefegtem Bildgrund dokumentiert – eine kleine Ausstellung für sich.
Dann ein Impressionismus-Zwischenspiel und ein fast klösterliches Cézanne-Stilleben, schließlich, einfach so, die kubistischen Zwillinge Picasso und Bracque mit ihren zerbrochenen Räumen und zerquetschten Musikinstrumenten.
Man glaubt fast nicht, dass diese Sammlung ursprünglich (und fast ideologisch) nur der nicht-gegenständlichen Kunst gewidmet war. In Bonn steht man vor den angerosteten Stahlscheiben des Richard Serra ebenso wie vor dem dunklen, surrealistischen, hingekratzten Wald des Max Ernst. Ellsworth Kelleys „Blue Curve“ steht neben den Torsi von Constantin Brancusi und den Geometrien des Piet Mondrian. Eben war man noch bei expressionistisch in die Länge gezogenen Kirchner-Frauen, dann steht man vor Donald Judds Kästen, Dan Flavins Leuchtfenstern, Mark Rothkos Farb-Exerzitien oder vor Andy Warhols 150-fach vervielfältigter Marilyn Monroe. Allein der Blick von oben auf den großen, wie eine Theaterbühne inszenierten Saal ist den Eintritt wert.
Das alles ist also wunderbar, aber es ist ein bisschen viel. Es wird dem Zuschauer zu einfach gemacht. Meisterwerke en gros, so könnte man die Ausstellung überschreiben. Wenn man immer nur vom Feinsten bekommt, verliert man den Blick für die Unterschiede, für die Nuance. Warum etwa Kandinsky kompositorisch, in der Bild-Rhytmisierung ein Meister ist, sieht man nur im Vergleich zu schwächeren Arbeiten. Die fehlen hier. Der Kunst-Konzern Guggenheim will nur das beste – für uns, die Konsumenten.
Sprach man in den siebziger Jahren in Deutschland von der Suhrkamp-Kultur, so wird man demnächst in der Kunst von der Guggenheim-Kultur sprechen müssen. Nicht nur in Bilbao und Las Vegas stehen die Guggenheim-Filialen, sondern bald auch in Abu Dhabi. Was Kandinsky oder Matthew Barney dort sollen, ist zwar etwas schleierhaft – aber Kultur überwindet angeblich alle Grenzen. Guggenheim-Chef Thomas Krens sieht seine Institution als global agierendes Kultur-Unternehmen, als Netzwerk, das alle Erdteile beglücken möchte:
„Die wichtigste Botschaft heute ist, dass hier eine Kulturinstitution versucht, Veränderungen anzustoßen. Wir bewegen uns im 21.Jahrhundert in völlig anderen, globalen Bedingungen. Kulturelle Kommunikation wird wichtiger denn je. Ich sehe die Guggenheim-Foundation als ein Fenster zur Welt – zum Austausch großer Ideale.“
Die Inszenierung der Bonner Schau habe nicht besser sein können, sagt Guggenheim-Chef Thomas Krens. Das einzige, was bedauerlicherweise fehle, seien etwa 60 bis 70.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Aber man könne eben nicht alles haben.
Service: Die Ausstellung „The Guggenheim Collection“ ist vom 21. Juli 2006 bis zum 7. Januar 2007 zu sehen.
Wenzel Jacob, der Direktor der Bonner Bundeskunsthalle, tat ganz unschuldig auf der Pressekonferenz: Moma sei Moma, und Guggenheim sei etwas anderes. Tatsache ist aber, dass diese Bonner Großunternehmung ein weiterer Baustein ist für ein weltweites Museum der klassischen Moderne, und dass mit der global agierenden Guggenheim-Foundation nun eine Art Konzern auf den Plan tritt, der durchaus Geschmack zu diktieren in der Lage ist.
Die Bonner Ausstellung zeigt tragende Werkkomplexe der Guggenheim-Sammlung von Kandinsky bis Matthew Barney – Dinge, für die man sonst sehr weit fahren müsste. Die klassische Moderne kann man in der Bundeskunsthalle in einem kompakten Schnelldurchgang ablaufen, wichtige Gegenwartskünstler wie Roni Horn, Rachel Whiteread oder Matthew Richie sind im benachbarten Bonner Kunstmuseum fast theatralisch effektvoll in Szene gesetzt.
Die Ausstellung selber ist grandios. Zwar wird fast schmerzlich der Niveau-Unterschied zwischen den Bewegungen des 20. Jahrhunderts und dem Talmi mancher auf dem Markt erfolgreicher Gegenwarts-Konzeptualisten deutlich. Aber das alles wollte man dann schon mal gesehen haben: Kandinsky, von dem ja das allererste von Salomon Guggenheim erworbene Bild stammt, ist hier von der expressionistisch-farbwütigen Phase bis in die Abstraktion, in die Zwiesprache der puren Zeichen vor leergefegtem Bildgrund dokumentiert – eine kleine Ausstellung für sich.
Dann ein Impressionismus-Zwischenspiel und ein fast klösterliches Cézanne-Stilleben, schließlich, einfach so, die kubistischen Zwillinge Picasso und Bracque mit ihren zerbrochenen Räumen und zerquetschten Musikinstrumenten.
Man glaubt fast nicht, dass diese Sammlung ursprünglich (und fast ideologisch) nur der nicht-gegenständlichen Kunst gewidmet war. In Bonn steht man vor den angerosteten Stahlscheiben des Richard Serra ebenso wie vor dem dunklen, surrealistischen, hingekratzten Wald des Max Ernst. Ellsworth Kelleys „Blue Curve“ steht neben den Torsi von Constantin Brancusi und den Geometrien des Piet Mondrian. Eben war man noch bei expressionistisch in die Länge gezogenen Kirchner-Frauen, dann steht man vor Donald Judds Kästen, Dan Flavins Leuchtfenstern, Mark Rothkos Farb-Exerzitien oder vor Andy Warhols 150-fach vervielfältigter Marilyn Monroe. Allein der Blick von oben auf den großen, wie eine Theaterbühne inszenierten Saal ist den Eintritt wert.
Das alles ist also wunderbar, aber es ist ein bisschen viel. Es wird dem Zuschauer zu einfach gemacht. Meisterwerke en gros, so könnte man die Ausstellung überschreiben. Wenn man immer nur vom Feinsten bekommt, verliert man den Blick für die Unterschiede, für die Nuance. Warum etwa Kandinsky kompositorisch, in der Bild-Rhytmisierung ein Meister ist, sieht man nur im Vergleich zu schwächeren Arbeiten. Die fehlen hier. Der Kunst-Konzern Guggenheim will nur das beste – für uns, die Konsumenten.
Sprach man in den siebziger Jahren in Deutschland von der Suhrkamp-Kultur, so wird man demnächst in der Kunst von der Guggenheim-Kultur sprechen müssen. Nicht nur in Bilbao und Las Vegas stehen die Guggenheim-Filialen, sondern bald auch in Abu Dhabi. Was Kandinsky oder Matthew Barney dort sollen, ist zwar etwas schleierhaft – aber Kultur überwindet angeblich alle Grenzen. Guggenheim-Chef Thomas Krens sieht seine Institution als global agierendes Kultur-Unternehmen, als Netzwerk, das alle Erdteile beglücken möchte:
„Die wichtigste Botschaft heute ist, dass hier eine Kulturinstitution versucht, Veränderungen anzustoßen. Wir bewegen uns im 21.Jahrhundert in völlig anderen, globalen Bedingungen. Kulturelle Kommunikation wird wichtiger denn je. Ich sehe die Guggenheim-Foundation als ein Fenster zur Welt – zum Austausch großer Ideale.“
Die Inszenierung der Bonner Schau habe nicht besser sein können, sagt Guggenheim-Chef Thomas Krens. Das einzige, was bedauerlicherweise fehle, seien etwa 60 bis 70.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Aber man könne eben nicht alles haben.
Service: Die Ausstellung „The Guggenheim Collection“ ist vom 21. Juli 2006 bis zum 7. Januar 2007 zu sehen.