Grundsolide Biografie über Max Planck

24.04.2008
Der Historiker Dieter Hoffmann arbeitet selbst am Max-Planck-Institut. Er geht in seiner Max-Planck-Biografie streng chronologisch vor und verzichtet auf jede erzählerische Dramaturgie. Dennoch bietet das grundsolide Büchlein erschöpfende Information über Wissenschaft, Wissenschaftsorganisation und akademisches Leben von Max Planck.
Dieses Buch hätte auch ganz anders geschrieben werden können. Jetzt, im Wissenschaftsjahr der Mathematik sind über berühmte Mathematiker und ihre komplizierten und hoch abstrakten Rechenkünste ganz erstaunlich verständliche, geradezu launige Bücher erschienen. So könnte auch eine Biografie über Max Planck ausfallen. Obwohl der Mann es zugegebenermaßen einem Biografen nicht leicht macht. Er war keine spritzige Gestalt mit glitzernden Facetten und charakterlichen Widersprüchen, und die Physik, die ihn umtrieb, lockt weder mit Anschaulichkeit noch lebensnaher Attraktivität.

Dieter Hoffmann, Autor des Bändchens aus der Reihe C.H. Beck Wissen, raubt dem Leser schon im Vorwort etwaige Illusionen. Der Historiker sitzt am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin seit Jahren an der wissenschaftlichen Biografie über Planck, die "hoffentlich bald" erscheint. Das verspricht weder krimihafte Spannung noch ausgefeilte Dramaturgie, aber gewissenhafte Recherche und präzise, eingehende Kenntnis der Materie.

Der Autor verzichtet auch, sich beim "Drama seines (Plancks) Lebens", bei der "Darstellung seiner tiefen Religiosität" und bei der Diskussion seiner "philosophisch-weltanschaulichen Vorträge" aufzuhalten. Dankbar für den Verzicht auf die beiden letzteren Planck’schen "Pfauenfedern" liest man den Auftakt des ersten Kapitels: "Max Karl Ernst Ludwig Planck wurde am 23. April 1858 in Kiel geboren." So beginnen Schüleraufsätze. Hoffmann geht streng chronologisch vor und verzichtet auf jede erzählerische Dramaturgie: Familie, Schule, Universität, Dissertation – einschließlich Prüfungsprotokoll -, erste Professur in Kiel und so fort. Das Familienleben handelt er auf einer einzigen Seite ab, von der schon ein Drittel für ein altbackenes Zitat des Bräutigams hingeht.

Hoffmann lässt der Wissenschaft vor allem Privaten den Vortritt. Deswegen breitet er diverse Details von Plancks akademischer Karriere in Berlin und Universitäts-Interna aus. Da hätte man sich einen sanft dirigierenden Lektor gewünscht. Interessant war aber immerhin zu erfahren, wie dürftig das Leben in einem Institut der damals hochberühmten Kaiser-Wilhelm-Universität aussehen konnte.

Aufregend wird es dann in der zweiten Hälfte des Buches: Hoffmann beschreibt, wie Planck mit der Entdeckung des Strahlungsgesetzes die klassische Physik abzuschließen glaubt, faktisch damit jedoch das Tor zu einer ganz neuen Physik aufstößt, der Quantentheorie, die dem Physiker zeitlebens unheimlich bleibt. Planck also als Revolutionär wider Willen. Zum ersten Mal überhaupt weist hier ein Autor darauf hin, dass die Theorie nicht zufällig unter bestimmten wirtschaftlichen Begleitumständen entsteht. Jetzt schreibt sich Hoffmann frei, und Text und Ereignisse treiben den Leser voran.

Da erfährt man auch Neues über den Mann, der bis heute makellos dasteht, ehrlich, untadelig, eine Lichtgestalt der deutschen Wissenschaft. Planck holt zwar den genialen Einstein nach Berlin und lässt dann in einer Einheitsaktion mit allen anderen Notablen von der Preußischen Akademie der Wissenschaften den berühmten Kollegen im braunen Regen stehen, als dieser während der Weimarer Republik mit der Soße antisemitischer Hetze überschüttet wird. Ähnliches wiederholt sich 1933, als Einstein aus der Akademie, der Planck als Sekretär vorsteht, entfernt werden muss.

Trotzdem dauert es während der Zeit des Nationalsozialismus eine ganze Weile, bis sich Planck entschließen kann, das neue Regime ernst zu nehmen. Da tritt Hoffmann aus der Historiker-Zurückhaltung heraus und arbeitet in deutlichen Strichen die preußische Obrigkeitshörigkeit heraus, mit der Planck als Wissenschaftsmanager mehr laviert als Kontur zeigt.

Im Ganzen also bietet das grundsolide Büchlein erschöpfende Information über Wissenschaft, Wissenschaftsorganisation und akademisches Leben von Max Planck. Aber ein wenig erschöpft ist der Leser nach der Lektüre auch.

Rezensiert von Florian Hildebrand

Dieter Hoffmann: Max Planck - Die Entstehung der modernen Physik
Beck`sche Reihe, Verlag C.H. Beck München
Erscheint am 20.05.2008
128 S., mit 18 Abbildungen, Paperback
7,90 Euro
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