Grünen-Politikerin über EU-Asylgipfel

"Ein Gipfel der Unklarheit und der Abschottung"

Merkel geht durch einen Gang, sie ist zwischen Flaggen der EU und nationalen Flaggen zu sehen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem EU-Gipfel in Brüssel am 28. Juni 2018. © dpa/Thierry Roge
Franziska Brantner im Gespräch mit Dieter Kassel · 29.06.2018
Die EU hat sich in Brüssel auf einen Kompromiss in der Asylpolitik geeinigt. Ein gutes Ergebnis? Und was bedeutet es für Kanzlerin Merkel und die CSU? Die großen Fragen seien weiter offen, kritisiert die Grünen-Politikerin Franziska Brantner.
Künftig soll es geschlossene Aufnahmelager in der EU geben, auf freiwilliger Basis. Von dort sollen Flüchtlinge innerhalb der EU verteilt werden – auch auf freiwilliger Basis. In Nordafrika sind ähnliche Lager geplant. Diese Beschlüsse hält Franziska Brantner keineswegs für eine angemessene Lösung: "Es ist wirklich ein Gipfel der Unklarheit und andererseits ein Gipfel auch wiederum der Abschottung gewesen."
Die europapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion erkennt im Wesentlichen den Status quo wieder:
"Da ist so viel vage: was mit den Menschen passiert, die in diesen Lagern sein sollen, wohin sie gehen, wer die Verfahren verantwortet, ob man sie nach Libyen zurückbringt, in ihre Herkunftsländer, wer sie verteilt, wie – eigentlich ist man da nicht wirklich weitergekommen."

Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion
Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion© picture alliance/ dpa/ Soeren Stache

"Verhärtungskrieg" statt vernünftige Lösungen

Nach Brantners Überzeugung wäre der Gipfel ohne die Drohungen aus der CSU, künftig bestimmte Flüchtlinge an der deutschen Grenze abzuweisen, anders verlaufen: "Wenn ein Land anfängt, alle andere zu erpressen – und das kam durch die CSU und Teile der CDU – dann fangen die anderen Länder damit auch an. Dieser Kampf war unglaublich ideologisch aufgeladen." So komme man in Europa eher zu einem "Verhärtungskrieg" als zu vernünftigen Lösungen:
"Da kann man höchstens sagen: Ja, erstaunlich, dass Merkel noch irgendwas hinbekommen hat, aber es hat ihr bestimmt nicht geholfen, sondern sie geschwächt bei diesen Verhandlungen."
Brantner sei nun "sehr gespannt", wie Bundesinnenminister Seehofer die Brüsseler Beschlüsse interpretieren werde. Das Gipfel-Dokument sage eindeutig, dass man nicht unilateral handeln könne und gerade in der Frage der Zurückweisungen von Flüchtlingen sehr eng miteinander kooperieren müsse.
(bth)
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