Grüne fordern mehr Transparenz bei EU-Agrarsubventionen
Die Forderung von EU-Verwaltungskommissar Siim Kallas nach einer Veröffentlichung der Empfänger europäischer Agrarsubventionen findet immer mehr Unterstützung. Die Vergabepraxis bei den Subventionen werde nur geändert, wenn die Zuwendungen an die Empfänger öffentlich gemacht werde, sagte der EU-Parlamentarier Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf (Bündnis 90/Die Grünen).
Jörg Degenhardt: Licht in das Dunkel der Agrarsubventionen zu bringen, das scheint kein leichtes Unterfangen zu sein, immerhin geht es um 40 Milliarden Euro jährlich. Bekannt ist nur, dass Briten und Franzosen den Löwenanteil aus den Brüsseler Töpfen bekommen. Und Medienberichten zufolge sollen allein 700 Millionen Euro an die Güter der Queen gehen. Noch mehr profitieren Industriekonzerne in Großbritannien vom europäischen Geldsegen. Diese Transparenz auf der Insel wünscht sich der EU-Verwaltungskommissar auch auf dem Festland. Doch vor allem in Paris, aber nicht nur dort, regt sich Widerstand gegen Pläne, künftig die Identität der Empfänger von EU-Mitteln zu enthüllen. Derzeit tagen die EU-Ressortchefs in Krems in der niederösterreichischen Region Wachau. Eine gute Gelegenheit das Thema wieder einmal in den Mittelpunkt zu rücken. Wir wollen das tun mit Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, der Politiker von Bündnis 90/Die Grünen ist stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft im EU-Parlament. Guten Morgen, ich grüße Sie.
Graefe zu Baringdorf: Guten Morgen, Herr Degenhardt.
Degenhardt: Bevor wir mit dem Finger auf andere zeigen, ist denn die Bundesregierung eigentlich bereit, die Adressaten von Agrarsubventionen zu nennen?
Graefe zu Baringdorf: Nein, die Bundesregierung war es bislang nicht. Begonnen hat damit die jetzige Agrarkommissarin, als sie noch Landwirtschaftsministerin in Dänemark war, die haben offen gelegt, die haben ein Gesetz oder eine Verordnung gemacht und dann haben andere Länder nachgezogen. Und wir haben jetzt von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft mit anderen Nichtregierungsorganisationen die Bundesregierung, auch die Landesregierung aufgefordert und da war bislang immer die Antwort, wir können das nicht offen legen, das geht mit unserem Datenschutzgesetz nicht. Das ist aber inzwischen von der Kommission, also von dem Kommissar, dem zuständigen Kallas, sagen wir mal, überholt indem er eine Verordnung auf der europäischen Ebene vorbereitet und ich denke, dann wird die Bundesregierung, werden die Landesregierungen auch folgen müssen.
Degenhardt: Die Briten haben ja vorgemacht wie es geht, mehr Transparenz. Warum ist mehr Durchblick bei der Vergabe der Mittel so wichtig, bisher ging es ja auch so?
Graefe zu Baringdorf: Naja, Sie haben die Summe genannt, einmal wird diese gesamte Summe für die Landwirtschaft ausgewiesen und alle sagen, was kriegen die landwirtschaftlichen Betriebe, was kriegen die Bauern und Bäuerinnen. Da sind aber Millionenbeträge für die Ernährungsindustrie, für Molkereien, Schlachtunternehmen, Zuckerfabriken versteckt, die einmal deutlich gemacht werden müssen, aber auch in der Vergabepraxis an die Landwirtschaft gibt es große Unterschiede. Die Großbetriebe ziehen den Löwenanteil, also ein Prozent der Betriebe in Deutschland erzielen über 30 Prozent der Direktzahlungen, das teilen sich sonst 80 Prozent der bäuerlichen Betriebe, das ist einmal eine betriebliche und persönliche Bereicherung und es ist eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der bäuerlichen Betriebe. Also wenn Sie, es gibt jetzt einen Hektarbetrag von rund 300 Euro, wenn eine Arbeitskraft 400 Hektar macht, sind das 120.000 Euro bei rationalisierten, industrialisierten Betrieben, die jedes Jahr für die Arbeitskraft aus Brüssel kommen. Das ist ein unglaublicher Betrag und das wird nur geändert, wenn das öffentlich gemacht wird und wenn es auch den Namen zugeordnet wird.
Degenhardt: Müssen vielleicht auch Kriterien her, an die die Vergabe der Gelder geknüpft wird?
Graefe zu Baringdorf: Ja, es geht jetzt auch nicht nur um die Offenlegung, also hier haben sich die entscheidenden Kräfte immer gewehrt, ich bin selber von dem DLG-Präsidenten, von dem Bussche damals vor Gericht gezerrt worden, weil ich da die Summen veröffentlicht hatte. Das ist aber auch vom Gericht abgelehnt worden, die haben gesagt, Wahrheiten darf man sagen, und das sind auch öffentliche Gelder, ist also keine Privatsache, und es geht darum, dass wir zu einer besseren Verteilung dieser öffentlichen Gelder kommen. Dass sie die Zielsetzung, die wir damit erreichen wollen, nämlich die Entwicklung der ländlichen Räume, die Strukturentwicklung vor allen Dingen in den mittel- und osteuropäischen Staaten, dass die auch dann ausgewiesen werden. Also es geht um die Kriterien und um die Qualifizierung dieser Gelder.
Degenhardt: Kriterien, das klingt aber auch immer nach einem erheblichen Verwaltungsaufwand.
Graefe zu Baringdorf: Naja, wenn Sie sagen, ich streue das einfach in die Gegend, haben Sie keinen Verwaltungsaufwand. Also es kommt immer darauf an, wofür wird es gegeben. Aber das ist so schwierig nicht, weil, wenn man eine Staffelung einführt, eine Degression, und dann die Betriebe nachweisen lässt, wie viel Arbeitskräfte zum Beispiel haben sie beschäftigt, dann können die Lohnkosten in Rechnung gesetzt werden und somit kommen wir zu einer sozialen Qualifizierung und man kann natürlich auch eine ökologische Liste aufstellen, nach welchen Kriterien denn gezahlt wird. Wir haben das übrigens bereits in der so genannten zweiten Säule, also ein Zehntel der Gelder wird für Projekte gegeben der ländlichen Entwicklung, und hier haben wir diese sozialökologische Anbindung längst. Wir brauchten also nur die Praxis auf diese Vergabe der Direktzahlungen übertragen.
Degenhardt: Ist denn mehr Offenheit, mehr Transparenz bei der Vergabe der Agrarsubvention, ist das ein Thema, was man derzeit durchsetzen kann, weil die Zeichen günstig stehen, oder handelt es sich einmal mehr um das Bohren dicker Bretter?
Graefe zu Baringdorf: Ja, manchmal schaut man ja in der Politik, wie schnell plötzlich auch die öffentliche Meinung dann auf ein Thema springt. Hat vielleicht auch mit der gesamten Auseinandersetzung zu tun, wenn sie bei Hartz-IV-Leuten gucken, ob sie gemeinsame Schlafzimmer haben, dann ist natürlich die Diskussion um die Vergabe von öffentlichen Geldern, zu Recht muss ich ja sagen, angestachelt, und das gilt jetzt auch für den landwirtschaftlichen Bereich, die Medien tun da, was sie können. Das Interessante in der Politik ist eben, es kristallisiert sich manchmal und zack ist es ein Thema und dann muss die Politik reagieren, und die hat ja den Finger ein bisschen in der Luft, von wo kommt der Wind, und dann kann man sagen, gut, wir haben unser Bohren daran getan, das geht ja über Jahre, ja fast Jahrzehnte, dass wir das fordern, aber jetzt schein es doch zum Erfolg zu führen.
Degenhardt: Mehr Transparenz bei den EU-Agrarsubventionen. Das war im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur, Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, der Politiker von Bündnis 90/Die Grünen ist stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft im EU-Parlament.
Graefe zu Baringdorf: Guten Morgen, Herr Degenhardt.
Degenhardt: Bevor wir mit dem Finger auf andere zeigen, ist denn die Bundesregierung eigentlich bereit, die Adressaten von Agrarsubventionen zu nennen?
Graefe zu Baringdorf: Nein, die Bundesregierung war es bislang nicht. Begonnen hat damit die jetzige Agrarkommissarin, als sie noch Landwirtschaftsministerin in Dänemark war, die haben offen gelegt, die haben ein Gesetz oder eine Verordnung gemacht und dann haben andere Länder nachgezogen. Und wir haben jetzt von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft mit anderen Nichtregierungsorganisationen die Bundesregierung, auch die Landesregierung aufgefordert und da war bislang immer die Antwort, wir können das nicht offen legen, das geht mit unserem Datenschutzgesetz nicht. Das ist aber inzwischen von der Kommission, also von dem Kommissar, dem zuständigen Kallas, sagen wir mal, überholt indem er eine Verordnung auf der europäischen Ebene vorbereitet und ich denke, dann wird die Bundesregierung, werden die Landesregierungen auch folgen müssen.
Degenhardt: Die Briten haben ja vorgemacht wie es geht, mehr Transparenz. Warum ist mehr Durchblick bei der Vergabe der Mittel so wichtig, bisher ging es ja auch so?
Graefe zu Baringdorf: Naja, Sie haben die Summe genannt, einmal wird diese gesamte Summe für die Landwirtschaft ausgewiesen und alle sagen, was kriegen die landwirtschaftlichen Betriebe, was kriegen die Bauern und Bäuerinnen. Da sind aber Millionenbeträge für die Ernährungsindustrie, für Molkereien, Schlachtunternehmen, Zuckerfabriken versteckt, die einmal deutlich gemacht werden müssen, aber auch in der Vergabepraxis an die Landwirtschaft gibt es große Unterschiede. Die Großbetriebe ziehen den Löwenanteil, also ein Prozent der Betriebe in Deutschland erzielen über 30 Prozent der Direktzahlungen, das teilen sich sonst 80 Prozent der bäuerlichen Betriebe, das ist einmal eine betriebliche und persönliche Bereicherung und es ist eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der bäuerlichen Betriebe. Also wenn Sie, es gibt jetzt einen Hektarbetrag von rund 300 Euro, wenn eine Arbeitskraft 400 Hektar macht, sind das 120.000 Euro bei rationalisierten, industrialisierten Betrieben, die jedes Jahr für die Arbeitskraft aus Brüssel kommen. Das ist ein unglaublicher Betrag und das wird nur geändert, wenn das öffentlich gemacht wird und wenn es auch den Namen zugeordnet wird.
Degenhardt: Müssen vielleicht auch Kriterien her, an die die Vergabe der Gelder geknüpft wird?
Graefe zu Baringdorf: Ja, es geht jetzt auch nicht nur um die Offenlegung, also hier haben sich die entscheidenden Kräfte immer gewehrt, ich bin selber von dem DLG-Präsidenten, von dem Bussche damals vor Gericht gezerrt worden, weil ich da die Summen veröffentlicht hatte. Das ist aber auch vom Gericht abgelehnt worden, die haben gesagt, Wahrheiten darf man sagen, und das sind auch öffentliche Gelder, ist also keine Privatsache, und es geht darum, dass wir zu einer besseren Verteilung dieser öffentlichen Gelder kommen. Dass sie die Zielsetzung, die wir damit erreichen wollen, nämlich die Entwicklung der ländlichen Räume, die Strukturentwicklung vor allen Dingen in den mittel- und osteuropäischen Staaten, dass die auch dann ausgewiesen werden. Also es geht um die Kriterien und um die Qualifizierung dieser Gelder.
Degenhardt: Kriterien, das klingt aber auch immer nach einem erheblichen Verwaltungsaufwand.
Graefe zu Baringdorf: Naja, wenn Sie sagen, ich streue das einfach in die Gegend, haben Sie keinen Verwaltungsaufwand. Also es kommt immer darauf an, wofür wird es gegeben. Aber das ist so schwierig nicht, weil, wenn man eine Staffelung einführt, eine Degression, und dann die Betriebe nachweisen lässt, wie viel Arbeitskräfte zum Beispiel haben sie beschäftigt, dann können die Lohnkosten in Rechnung gesetzt werden und somit kommen wir zu einer sozialen Qualifizierung und man kann natürlich auch eine ökologische Liste aufstellen, nach welchen Kriterien denn gezahlt wird. Wir haben das übrigens bereits in der so genannten zweiten Säule, also ein Zehntel der Gelder wird für Projekte gegeben der ländlichen Entwicklung, und hier haben wir diese sozialökologische Anbindung längst. Wir brauchten also nur die Praxis auf diese Vergabe der Direktzahlungen übertragen.
Degenhardt: Ist denn mehr Offenheit, mehr Transparenz bei der Vergabe der Agrarsubvention, ist das ein Thema, was man derzeit durchsetzen kann, weil die Zeichen günstig stehen, oder handelt es sich einmal mehr um das Bohren dicker Bretter?
Graefe zu Baringdorf: Ja, manchmal schaut man ja in der Politik, wie schnell plötzlich auch die öffentliche Meinung dann auf ein Thema springt. Hat vielleicht auch mit der gesamten Auseinandersetzung zu tun, wenn sie bei Hartz-IV-Leuten gucken, ob sie gemeinsame Schlafzimmer haben, dann ist natürlich die Diskussion um die Vergabe von öffentlichen Geldern, zu Recht muss ich ja sagen, angestachelt, und das gilt jetzt auch für den landwirtschaftlichen Bereich, die Medien tun da, was sie können. Das Interessante in der Politik ist eben, es kristallisiert sich manchmal und zack ist es ein Thema und dann muss die Politik reagieren, und die hat ja den Finger ein bisschen in der Luft, von wo kommt der Wind, und dann kann man sagen, gut, wir haben unser Bohren daran getan, das geht ja über Jahre, ja fast Jahrzehnte, dass wir das fordern, aber jetzt schein es doch zum Erfolg zu führen.
Degenhardt: Mehr Transparenz bei den EU-Agrarsubventionen. Das war im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur, Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, der Politiker von Bündnis 90/Die Grünen ist stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft im EU-Parlament.