Große Werke barocker Staatskunst
Kurfürst Johann Wilhelm II. von der Pfalz war ein großer Sammler barocker Staatskunst. Mit seiner europaweit berühmten Gemäldesammlung verlieh Jan Wellem, so heißt er am Rhein, seiner Residenzstadt Düsseldorf einen großen Glanz. Er besaß allein 46 Werke von Peter Paul Rubens. Zum 350. Geburtstag des Kurfürsten erweckt eine Ausstellung mit Leihgaben aus der ganzen Welt den Eindruck von der barocken Kunstmetropole wieder zum Leben.
Die Hände, die sich emporrecken und in beredten Gesten vom Erstaunen, vom freudigen Schrecken, von der frommen Verehrung erzählen, werden sie nicht mehr erreichen. Nicht einmal mehr den Saum der weißen Wolke berühren sie, auf der sie von einem Reigen von Engeln emporgetragen wird. Im roten Kleid mit blauem Mantel schwebt Maria dem Licht entgegen, das in Strahlenbündeln aus dem geöffneten Himmel bricht. In ihrem aufgehobenen Blick scheint sich schon die Herrlichkeit des Jenseits zu spiegeln.
Die "Himmelfahrt Mariae" von Peter Paul Rubens, gemalt um 1616, als der Maler nach seiner Italienreise selbst einen triumphalen Aufstieg auf den Olymp der Kunst erlebte, ist eine dramatisch-bewegte Szene, ein kühner kompositorischer Wurf, voller erzählerischer Details, von farbsatter Leuchtkraft.
Kein Wunder, dass Johann Wilhelm von der Pfalz das Glanzstück für seine Kunstgalerie haben wollte. Er war der führende Rubens-Sammler seiner Zeit, von seiner kunstsinnigen Gemahlin Anna Maria aus der Florentiner Medici-Dynastie leidenschaftlich in diesen Bemühungen unterstützt. Und ausgehend von diesem Bild entwirft die Düsseldorfer Ausstellung ganz verschiedene Perspektiven auf den barocken Kunstbetrieb.
"Dieses riesige monumentale Werk, das ursprünglich in Brüssel gestanden hat, hat eine richtige Odyssee hinter sich."
Kuratorin Dr. Bettina Baumgärtel hat in Zusammenarbeit mit Historikern und Restauratoren für die Ausstellung zunächst einmal eine Menge neue Details am und über das Bild erforscht. Eine genaue Analyse der Eichenholztafel, des Malgrunds und des Farbauftrags enthüllen einige der technischen Kunstgriffe, mit denen Rubens die plastische Wirkung seiner Figuren und die geradezu überirdischen Lichteffekte des Bildes gestaltete.
Außerdem wurde die bewegte Geschichte des Kunstwerks mit vielen Quellen rekonstruiert: Das beginnt beim Kauf, den der Kurfürst 1710 durch Strohmänner bewerkstelligen wollte, bis sein Incognito aufflog und der Preis angesichts dieses prominenten Interessenten prompt in die Höhe schnellte. Es setzt sich fort über die abenteuerliche Schiffsreise des fast drei mal vier Meter großen und etwa 260 Kilogramm schweren Bildes.
"Dabei ging es immer darum, verschiedene Zölle zu passieren, und das war hoch kompliziert. Da mussten sechs Pässe ausgestellt werden, damit das Bild nach Düsseldorf kam."
Aber auch später wechselte das Gemälde oft den Standort, entging mit knapper Not der Zerstörung in mehreren Kriegen und einigen verheerenden Feuersbrünsten.
Die "Himmelfahrt Mariae" belegt aber auch, dass fürstliche Kunstsammlungen keineswegs nur einem Privatvergnügen dienten, sondern eine hohe politische Symbolkraft besaßen. Das Thema der Marienverehrung, im 17. Jahrhundert von den Jesuiten propagiert, war sichtbarer Ausdruck der Gegenreformation, eine deutliche Parteinahme für die katholischen Mächte Europas.
Mit deren Herrscherhäusern war Jan Wellem verschwägert. Seinem ehrgeizigsten Ziel, zum Statthalter der spanischen Niederlande in Brüssel berufen zu werden, kam er aber auch im Glanz "Himmelfahrt Mariae" nicht näher.
"Indem Jan Wellem nun insbesondere Rubens als seinen Lieblingsmaler kürt und ihm eine eigene Galerie widmet, stellt er sich in diese Tradition und versteht sich als der Glaubenskämpfer, der mithilfe dieser Kunst und deren Aussagen den Besuchern und Gästen programmatisch deutlich macht, was er für politische Ziele verfolgt."
Die "Himmelfahrt Mariae" ist das einzige zentrale Werk der kurfürstlichen Sammlung, das sich noch in Düsseldorf befindet. Von diesem Mittelpunkt aus werden in der Ausstellung mit Leihgaben aus vielen Museen die Schwerpunkte, die Jan Wellem setzte, rekonstruiert.
Besonders die Museen in Florenz, der Heimat der Anna Maria, haben wesentlich zur Schau beigetragen. Dabei wird auch deutlich, dass das Herrscherpaar gemeinsam agierte und Anna Maria durchaus eine wichtige Rolle zukam - wie es auch in einem großen Doppelportrait erkennbar wird.
"Sie sind mit den Insignien der Macht dargestellt. Kommandostab, Harnisch trägt Jan Wellem: Er ist gerüstet, er stellt den wehrhaften Fürsten dar. Sie repräsentiert Schönheit, Prunk und Reichtum. Aber im Prinzip ist es so, dass sie sehr einträchtig eine Allianz bilden, eine doppelte Macht sind: die Medici und die Pfalz-Neuburger."
Sie machten Düsseldorf nicht nur zum Standort ihrer Sammlung, sondern zu einem bedeutenden Ort der Kunstproduktion. Eine ganze Reihe fähiger Hofmaler band Jan Wellem an seine Residenz, durchreisende Künstler aus Italien dekorierten die neuen Schlösser des Fürstenpaares. Und die niederländischen Maler, die hier bevorzugt wurden und deren Bilder der Kurfürst selbstbewusst und nicht ohne diplomatische Nebenabsichten an europäische Herrscherhäuser verschenkte, wurden berühmt, modern und einflussreich.
Wer bewundernd auf eine delikate kleine Anbetungsszene aus den Uffizien schaut, im Stil Caravaggios ausgeleuchtet, mit einer blonden, ganz irdisch-natürlichen Mutter Gottes, liest auf dem prunkvoll geschnitzten Rahmen: Adriano di Rotterdam. Es ist eine Arbeit des Stars unter den Hofmalern Jan Wellems: Adrian van der Werff.
Düsseldorf war Drehpunkt im künstlerischen Austausch zwischen Süd- und Nordeuropa. Und diese Spuren in der Ausstellung zu verfolgen, ist noch spannender als die Begegnung mit den großen, repräsentativen Werken barocker Staatskunst.
Die "Himmelfahrt Mariae" von Peter Paul Rubens, gemalt um 1616, als der Maler nach seiner Italienreise selbst einen triumphalen Aufstieg auf den Olymp der Kunst erlebte, ist eine dramatisch-bewegte Szene, ein kühner kompositorischer Wurf, voller erzählerischer Details, von farbsatter Leuchtkraft.
Kein Wunder, dass Johann Wilhelm von der Pfalz das Glanzstück für seine Kunstgalerie haben wollte. Er war der führende Rubens-Sammler seiner Zeit, von seiner kunstsinnigen Gemahlin Anna Maria aus der Florentiner Medici-Dynastie leidenschaftlich in diesen Bemühungen unterstützt. Und ausgehend von diesem Bild entwirft die Düsseldorfer Ausstellung ganz verschiedene Perspektiven auf den barocken Kunstbetrieb.
"Dieses riesige monumentale Werk, das ursprünglich in Brüssel gestanden hat, hat eine richtige Odyssee hinter sich."
Kuratorin Dr. Bettina Baumgärtel hat in Zusammenarbeit mit Historikern und Restauratoren für die Ausstellung zunächst einmal eine Menge neue Details am und über das Bild erforscht. Eine genaue Analyse der Eichenholztafel, des Malgrunds und des Farbauftrags enthüllen einige der technischen Kunstgriffe, mit denen Rubens die plastische Wirkung seiner Figuren und die geradezu überirdischen Lichteffekte des Bildes gestaltete.
Außerdem wurde die bewegte Geschichte des Kunstwerks mit vielen Quellen rekonstruiert: Das beginnt beim Kauf, den der Kurfürst 1710 durch Strohmänner bewerkstelligen wollte, bis sein Incognito aufflog und der Preis angesichts dieses prominenten Interessenten prompt in die Höhe schnellte. Es setzt sich fort über die abenteuerliche Schiffsreise des fast drei mal vier Meter großen und etwa 260 Kilogramm schweren Bildes.
"Dabei ging es immer darum, verschiedene Zölle zu passieren, und das war hoch kompliziert. Da mussten sechs Pässe ausgestellt werden, damit das Bild nach Düsseldorf kam."
Aber auch später wechselte das Gemälde oft den Standort, entging mit knapper Not der Zerstörung in mehreren Kriegen und einigen verheerenden Feuersbrünsten.
Die "Himmelfahrt Mariae" belegt aber auch, dass fürstliche Kunstsammlungen keineswegs nur einem Privatvergnügen dienten, sondern eine hohe politische Symbolkraft besaßen. Das Thema der Marienverehrung, im 17. Jahrhundert von den Jesuiten propagiert, war sichtbarer Ausdruck der Gegenreformation, eine deutliche Parteinahme für die katholischen Mächte Europas.
Mit deren Herrscherhäusern war Jan Wellem verschwägert. Seinem ehrgeizigsten Ziel, zum Statthalter der spanischen Niederlande in Brüssel berufen zu werden, kam er aber auch im Glanz "Himmelfahrt Mariae" nicht näher.
"Indem Jan Wellem nun insbesondere Rubens als seinen Lieblingsmaler kürt und ihm eine eigene Galerie widmet, stellt er sich in diese Tradition und versteht sich als der Glaubenskämpfer, der mithilfe dieser Kunst und deren Aussagen den Besuchern und Gästen programmatisch deutlich macht, was er für politische Ziele verfolgt."
Die "Himmelfahrt Mariae" ist das einzige zentrale Werk der kurfürstlichen Sammlung, das sich noch in Düsseldorf befindet. Von diesem Mittelpunkt aus werden in der Ausstellung mit Leihgaben aus vielen Museen die Schwerpunkte, die Jan Wellem setzte, rekonstruiert.
Besonders die Museen in Florenz, der Heimat der Anna Maria, haben wesentlich zur Schau beigetragen. Dabei wird auch deutlich, dass das Herrscherpaar gemeinsam agierte und Anna Maria durchaus eine wichtige Rolle zukam - wie es auch in einem großen Doppelportrait erkennbar wird.
"Sie sind mit den Insignien der Macht dargestellt. Kommandostab, Harnisch trägt Jan Wellem: Er ist gerüstet, er stellt den wehrhaften Fürsten dar. Sie repräsentiert Schönheit, Prunk und Reichtum. Aber im Prinzip ist es so, dass sie sehr einträchtig eine Allianz bilden, eine doppelte Macht sind: die Medici und die Pfalz-Neuburger."
Sie machten Düsseldorf nicht nur zum Standort ihrer Sammlung, sondern zu einem bedeutenden Ort der Kunstproduktion. Eine ganze Reihe fähiger Hofmaler band Jan Wellem an seine Residenz, durchreisende Künstler aus Italien dekorierten die neuen Schlösser des Fürstenpaares. Und die niederländischen Maler, die hier bevorzugt wurden und deren Bilder der Kurfürst selbstbewusst und nicht ohne diplomatische Nebenabsichten an europäische Herrscherhäuser verschenkte, wurden berühmt, modern und einflussreich.
Wer bewundernd auf eine delikate kleine Anbetungsszene aus den Uffizien schaut, im Stil Caravaggios ausgeleuchtet, mit einer blonden, ganz irdisch-natürlichen Mutter Gottes, liest auf dem prunkvoll geschnitzten Rahmen: Adriano di Rotterdam. Es ist eine Arbeit des Stars unter den Hofmalern Jan Wellems: Adrian van der Werff.
Düsseldorf war Drehpunkt im künstlerischen Austausch zwischen Süd- und Nordeuropa. Und diese Spuren in der Ausstellung zu verfolgen, ist noch spannender als die Begegnung mit den großen, repräsentativen Werken barocker Staatskunst.