Große Töne für kleine Ohren
Es gibt einen neuen Trend: Viele Musikfestivals bieten inzwischen Kinder-und Familienprogramme an, um vor allem junge Menschen für gesungene Geschichten zu begeistern. So auch in Leipzig, Bayreuth und Graz - allerdings mit unterschiedlichem Konzept und Erfolg.
Es gibt einen neuen Trend: Viele Musikfestivals – wie styriarte in Graz, Bayreuther Festspiele und das Bachfest Leipzig – bieten Kinder-und Familienprogramme an. So sollen die Kids von heute Lust auf Musik von Morgen bekommen und einem neuen Trend bei Eltern entsprochen werden, die Musikgenuss im Rundum-Familienpaket wollen- Musik für die ganze Familie. Mal werden große Opern für Kinder umgeschrieben – Meistersinger in Bayreuth, mal werden Programme für Kinder und Eltern aufgelegt – b@ch für uns - wieder anderswo, in Graz zum Beispiel führt man Kinder und ihre Familien mit sogenannten Familiensoaps an Mozart&Co heran.
Initiativen tun Not, denn das Parkett der Konzertsäle ergraut, und wenn der Trend so weiter geht, findet übermorgen Mahlers Neunte vorm Publikum im Rollstuhl statt, die Kids schieben die Großeltern in den Saal, hören aber selbst im Foyer Mainstream-Musik über den iPod. Während Musikschulen landauf landab geschlossen werden, der Musikunterricht an Schulen weiterhin ein Stiefkind ist, während die Generation der heute 40jährigen schon unter den traditionellen Kultur-Abonnenten eine kleine radikale Minderheit ist, schwinden musikalisch-hochkulturelle Neugier, Kenntnis und Lust bei den Kids.
Bei allen Bemühungen um den Nachwuchs und das Klientel von morgen tobt ein Streit: Soll man die Großtöner Wagner, Bach und Mozart für Kinder anbieten, also auf kleine Ohren umschreiben? Sozusagen "Meistersinger light" und "Klein Siegfried", oder "Mit Bach rocken -Die Kunst der Fuge für Kids" und "Weihnachtsoratorium für Anfänger" oder "Zauberflötchen" und "Cosi für Kinder".
Oder besteht der Weg, junge Leute an die großen Musikstücke heranzuführen, darin, sie in einem Dreischritt spielerisch darauf vorzubereiten? Zum einen vorher anhören und Inhalt erklären und Geschichte nachspielen, zum anderen Instrumentierung erklären und analysieren, für welche Gefühle, Farben, Landschaften Personen die Musik steht, um damit zum dritten bei den Kindern im Konzert selber einen Wiedererkennungs– und damit Verstehens-Effekt zu erzeugen?
Oder soll man, noch ein Modell, bei der Heranführung an Klassik, große Oper, Oratorien und Concerti grossi auf Stücke der Komponisten zugreifen, die sie für Kinder und Jugendliche geschrieben haben (Bach, Britten, Saint-Saens und Prokofjew) – "große Hits für kleine Kids", die sich also eher aus sich selbst heraus erklären, beziehungsweise soll man moderne Komponisten um eigene Stücke für Kinder und Jugendliche bitten?
Opernhäuser und Festivals deutschlandweit versuchen alles ein wenig und zunehmend häufiger: vergeben Auftragsproduktionen ("Eisenhans") oder führen Kinder und ihre Eltern an alte Stoffe heran ("Heiraten Sie ihren Frisör" – Figaros Hochzeit) oder schreiben die großen Stoffe kindertümlich um "Der Ring für Kinder".
Initiativen tun Not, denn das Parkett der Konzertsäle ergraut, und wenn der Trend so weiter geht, findet übermorgen Mahlers Neunte vorm Publikum im Rollstuhl statt, die Kids schieben die Großeltern in den Saal, hören aber selbst im Foyer Mainstream-Musik über den iPod. Während Musikschulen landauf landab geschlossen werden, der Musikunterricht an Schulen weiterhin ein Stiefkind ist, während die Generation der heute 40jährigen schon unter den traditionellen Kultur-Abonnenten eine kleine radikale Minderheit ist, schwinden musikalisch-hochkulturelle Neugier, Kenntnis und Lust bei den Kids.
Bei allen Bemühungen um den Nachwuchs und das Klientel von morgen tobt ein Streit: Soll man die Großtöner Wagner, Bach und Mozart für Kinder anbieten, also auf kleine Ohren umschreiben? Sozusagen "Meistersinger light" und "Klein Siegfried", oder "Mit Bach rocken -Die Kunst der Fuge für Kids" und "Weihnachtsoratorium für Anfänger" oder "Zauberflötchen" und "Cosi für Kinder".
Oder besteht der Weg, junge Leute an die großen Musikstücke heranzuführen, darin, sie in einem Dreischritt spielerisch darauf vorzubereiten? Zum einen vorher anhören und Inhalt erklären und Geschichte nachspielen, zum anderen Instrumentierung erklären und analysieren, für welche Gefühle, Farben, Landschaften Personen die Musik steht, um damit zum dritten bei den Kindern im Konzert selber einen Wiedererkennungs– und damit Verstehens-Effekt zu erzeugen?
Oder soll man, noch ein Modell, bei der Heranführung an Klassik, große Oper, Oratorien und Concerti grossi auf Stücke der Komponisten zugreifen, die sie für Kinder und Jugendliche geschrieben haben (Bach, Britten, Saint-Saens und Prokofjew) – "große Hits für kleine Kids", die sich also eher aus sich selbst heraus erklären, beziehungsweise soll man moderne Komponisten um eigene Stücke für Kinder und Jugendliche bitten?
Opernhäuser und Festivals deutschlandweit versuchen alles ein wenig und zunehmend häufiger: vergeben Auftragsproduktionen ("Eisenhans") oder führen Kinder und ihre Eltern an alte Stoffe heran ("Heiraten Sie ihren Frisör" – Figaros Hochzeit) oder schreiben die großen Stoffe kindertümlich um "Der Ring für Kinder".
Das Bachfest-Konzept
Das b@ch-für-Konzept zeichnet sich durch Konzeptionslosigkeit aus, dafür versammelt es ein Sammelsurium konventioneller Kinderprogramme für Kinder oder auch nicht. Das Bachfest schafft schöne Auftrittsmöglichkeiten für Musik spielende Kinder wie zum Beispiel in der sogenannten Orchesterakademie. Dann wieder werden hoch ambitionierte, Mitmachkonzerte angeboten, in denen Kinder ihr Wissen über Bach erproben könnten. Wenn sie denn da gewesen wären. Von 140 in der leeren Nikolaikirche nur zehn unter 16 Jahren. Das Niveau war in Leipzig so hoch, dass nur die Hardcore-Bach-Fans mithalten konnten in der Veranstaltung "Geheimcode B-A-C-H". Den meisten Erwachsenen fehlten bei diesen Bach-Rate-Spielen die Worte und die Töne. Also auch keine Werbe- oder Hinführ- und in diesem Sinne keine Erklär-Veranstaltung. Eher eine zum entgeisterten Ausruf: "Haste Töne?"
Das BAYREUTH-KONZEPT
Bayreuth schreibt Opernstoffe um für Kinder und vereinfacht, besser elementarisiert die Handlung; dabei wird, so könnte man kritisch einwenden, der Inhalt verdünnt und die Musik ausgelichtet. Verdünnt auch auf wenige Instrumente und Themen: Meistersinger-Light oder: Klein-Stolzing gegen klein Beckmesser, oder: "Regeln mag er nicht die Bohne /nur wer drauflos singt, kriegt die Krone". Aber in Bayreuth macht die Kinderoper "Die Meistersinger von Nürnberg" auch Kindern Lust auf klassische Musik und Gesang. Bayreuth geht noch weiter und organisiert die Kinderprogramme. Schulklassen werden schon vorher zum Beispiel mit Kostümwettbewerben einbezogen.
DAS STYRIARTE-KONZEPT
Musikalische Familiensoaps "Kinderseifen" verorten Mozart im Kreis seiner Familie; dort wird er aufgesucht und angehört – Geschichten um "Little Amadeus" sozusagen beziehen den Familienkreis der Kids von heute mit ein und umgekehrt – die jungen Familien heute erleben die jungen Familien Mozart&Co und sehen sich in ihnen: "Kaffeehaus Bach", "Mein Gott Wolferl". Die Gäste kommen zunehmend unvorbereitet, teils ahnungslos, und die Einführungen oder Programmtexte helfen nicht viel weiter. Intendant Mathis Huber will die Erklärung der Musik erleichtern, in dem er einige Aufführungen kontextualisiert.
Das Projekt "SOAP" soll ab 2012 gewissermaßen das Programmheft auf die Bühne bringen: Da wird zum Beispiel Mozarts Wohnzimmer nachgebaut mit tatsächlichen oder fiktiven Dialogen und beispielhafter, nachvollziehbarer Musik.
Um es mit dem Motto der letzten Styriarte 2011 zu sagen: Da wird Schweres leichter gemacht, und Leichtes gewichtig ("Im schweren Leichten"). Denn Musik für Kinder muss leicht gemacht sein, ist aber schwer leicht zu machen und das fällt vielen immer noch schwer. Mit den Soaps haben Intendant Mathis Huber und sein Chefdidaktiker Thomas Höft ein neues Format gefunden, der übrigens ist ein geradezu genialer musikalischer Kinderflüsterer. Er findet den Ton, der Kinder fasziniert, der sie zum Lachen bringt, weil sie sich wiederfinden in seinen Geschichten aus dem Geist der Mozarts, Bachs und Fanny und Felix Mendelssohns. Dabei spricht er die Kinder direkt an und ermuntert sie zum Mitmachen. Das sind knapp einstündige Programme für Eltern und Kinder ab 6 Jahren, die erzählen fröhlich Geschichten über berühmte Komponisten-Familien. Und wie bei den "Soaps" im Fernsehen stehen auch die menschlichen Hochs und Tiefs der Familien im Vordergrund. Die Kinder und ihre Eltern schauen durchs Schlüsselloch ins Wohnzimmer, besonders witzig bei Mozart, weil der mal meinte, seine Wohnung sei wohl die Kutsche, schließlich war immer on the road, auf der Straße und auf Reisen. Und sie haben ihre Ohren an der Wand zum berühmten Nachbarn. In allen Kinderseifen spielen die Geschwisterkonflikte eine Riesenrolle, denn nichts übertragen Kinder neben dem Generationenkonflikt so gerne auf sich wie die Geschwisterrivalität.
Der Königsweg hin in die Konzertsäle und Fabrikhallen, in Wald und Flur und Hinterhöfe, wo immer große Musik großer Meister gemacht wird, dieser Königsweg geht immer noch über das elterliche oder großelterliche Vorbild, das erwachsene Vorbild auch der Lehrer und Chorleiter, wenn sie Musik mit Kindern hören und analysieren, sich gemeinsam tanzend und singend vorab Geist und Form aneignen und dann im gemeinsamen Konzerterleben einen Wiedererkennungs- und damit Verstehenseffekt erzeugen – au ja, diese Melodie schmeckt wie Brot und sieht frisch und grün aus und riecht wie Kakao. Oder: diese Bachschen Rhythmen in Toccaten und Fugen klingen wie Techno- Rhythmen; die hat Papa Bach gefunden, lange vor unserer Zeit.
Oder: Wenn in den Kantaten in endlosen Wiederholungen ichbezogene Wendungen gesungen werden, wie zum Beispiel "Ich hatte viel Bekümmernis", können Kinder sich anschließen und mit skandieren; hier dürfen sie ständig quengeln und Unzufriedenheit artikulieren und das noch musikalisch hochwertig. Kindern macht das Spaß und entlastet sie. Und manchmal auch ihre Eltern.
Das Projekt "SOAP" soll ab 2012 gewissermaßen das Programmheft auf die Bühne bringen: Da wird zum Beispiel Mozarts Wohnzimmer nachgebaut mit tatsächlichen oder fiktiven Dialogen und beispielhafter, nachvollziehbarer Musik.
Um es mit dem Motto der letzten Styriarte 2011 zu sagen: Da wird Schweres leichter gemacht, und Leichtes gewichtig ("Im schweren Leichten"). Denn Musik für Kinder muss leicht gemacht sein, ist aber schwer leicht zu machen und das fällt vielen immer noch schwer. Mit den Soaps haben Intendant Mathis Huber und sein Chefdidaktiker Thomas Höft ein neues Format gefunden, der übrigens ist ein geradezu genialer musikalischer Kinderflüsterer. Er findet den Ton, der Kinder fasziniert, der sie zum Lachen bringt, weil sie sich wiederfinden in seinen Geschichten aus dem Geist der Mozarts, Bachs und Fanny und Felix Mendelssohns. Dabei spricht er die Kinder direkt an und ermuntert sie zum Mitmachen. Das sind knapp einstündige Programme für Eltern und Kinder ab 6 Jahren, die erzählen fröhlich Geschichten über berühmte Komponisten-Familien. Und wie bei den "Soaps" im Fernsehen stehen auch die menschlichen Hochs und Tiefs der Familien im Vordergrund. Die Kinder und ihre Eltern schauen durchs Schlüsselloch ins Wohnzimmer, besonders witzig bei Mozart, weil der mal meinte, seine Wohnung sei wohl die Kutsche, schließlich war immer on the road, auf der Straße und auf Reisen. Und sie haben ihre Ohren an der Wand zum berühmten Nachbarn. In allen Kinderseifen spielen die Geschwisterkonflikte eine Riesenrolle, denn nichts übertragen Kinder neben dem Generationenkonflikt so gerne auf sich wie die Geschwisterrivalität.
Der Königsweg hin in die Konzertsäle und Fabrikhallen, in Wald und Flur und Hinterhöfe, wo immer große Musik großer Meister gemacht wird, dieser Königsweg geht immer noch über das elterliche oder großelterliche Vorbild, das erwachsene Vorbild auch der Lehrer und Chorleiter, wenn sie Musik mit Kindern hören und analysieren, sich gemeinsam tanzend und singend vorab Geist und Form aneignen und dann im gemeinsamen Konzerterleben einen Wiedererkennungs- und damit Verstehenseffekt erzeugen – au ja, diese Melodie schmeckt wie Brot und sieht frisch und grün aus und riecht wie Kakao. Oder: diese Bachschen Rhythmen in Toccaten und Fugen klingen wie Techno- Rhythmen; die hat Papa Bach gefunden, lange vor unserer Zeit.
Oder: Wenn in den Kantaten in endlosen Wiederholungen ichbezogene Wendungen gesungen werden, wie zum Beispiel "Ich hatte viel Bekümmernis", können Kinder sich anschließen und mit skandieren; hier dürfen sie ständig quengeln und Unzufriedenheit artikulieren und das noch musikalisch hochwertig. Kindern macht das Spaß und entlastet sie. Und manchmal auch ihre Eltern.