Große Kunst im Hotel
Kunst gehört ins Museum - so lautet eine weit verbreitete Auffassung. Doch der italienische Hotelbesitzer und Kunstsammler Angelo Guido Terruzzi ist da offenbar anderer Ansicht. Rund 1000 Kunstwerke aus seiner Sammlung sind in seinem Hotel "Cavalieri Hilton" in Rom zu besichtigen. Ein Teil von Terruzzis Schätzen sollen nun in einer Sonderausstellung im "Vittoriale" gezeigt werden.
Der kunstbegeisterte und belesene Gast staunt. Sind das nicht Bilder von Tiepolo? Von Giambattista Tiepoli, den der französischen Kunsthistoriker Marc Fumaroli als "letzten antiken Maler" bezeichnete. Sind das nicht Kopien, fragt sich der Gast und Besucher im eleganten römischen Fünf-Sterne-Hotel "Cavalieri Hilton" auf dem Hügel Monte Mario. Nähert man sich den Gemälden, fallen kleine Täfelchen an der Wand auf. Tatsächlich: es handelt sich um Giambattista Tiepolo, geboren 1696 in Venedig und gestorben 1770 in Madrid. Da stehen auch die Titel der drei Gemälde: "Odysseus entdeckt Achilles", "Apollo häutet Marsia" und "Herkules tötet Anteo". Ein Hinweisschild warnt: eine Alarmanlage setzt sich in Gang, wenn der Betrachter näher als zehn Zentimeter an die Gemälde herantritt. Originale oder perfekte Fälschungen?
Die Kunsthistorikerin Annalisa Scarpa amüsiert sich jedes Mal, wenn sie Hotelgäste dabei beobachtet, wie sie sich skeptisch den Gemälden nähern:
"Das ist schon eine große Überraschung, dass man hier, und nicht in einem Museum, drei der berühmtesten und auch teuersten Gemälde Tiepolos entdeckt. Meisterwerke, die Tiepolo in den 20er Jahren des 18. Jahrhundert für den reichen venezianischen Anwalt Tommaso Sandi schuf und die in dessen Palazzo Sandi die Wände schmückten. Es handelt sich um große Gemälde. ‚Odysseus entdeckt Achilles’ misst 245 Mal 520 cm. Im vergangenen Mai kaufte der Eigentümer des Hotels bei einer Auktion diese Gemälde."
Für sechs Millionen Euro. Nicht viel Geld für einen Sammler, der insgesamt 4000 Kunstwerke besitzt, von denen über 1000 in seinem Hotel auf dem Monte Mario gezeigt werden - nur ein Viertel der gesamtem Sammlung: in der Eingangshalle, in den Lobbys und Cafes, im Spitzenrestaurant "La Pergola", in dem der deutsche Starchef Heinz Beck auf Drei-Michelinsterne-Niveau kocht, und in den Suiten mit Blick auf Rom. Die wichtigsten Gemälde dieser Sammlung, rund 400, darunter viele, die nicht im Hotel zu besichtigen sind, werden jetzt zum ersten Mal überhaupt in einer Ausstellung gezeigt - in den Hallen des römischen Vittoriale.
Annalisa Scarpa ist die kunsthistorische Beraterin des Sammlers Angelo Guido Terruzzi. Ein Mann, von dem so gut wie keine Fotografien existieren, der keine Interviews gibt und seine Privatsphäre über alles schätzt, weiß die Kunsthistorikerin. Terruzis Herz, erklärt sie, gehöre ausschließlich seiner Sammlung:
"Diese Sammlung zeigt Werke vom Mittelalter, wie zum Beispiel kostbare Tafelbilder, bis hin zur Gegenwartskunst. So wundern sich wohlhabende Gäste immer wieder, dass in einigen Suiten echte Warhols an den Wänden hängen. Terruzzi zeigt auch seine Schätze der modernen Kunst, darunter Hauptwerke von Giorgio De Chirico, in den Gästezimmern. Ein Großteil der Sammlung besteht aber aus barocken Bildern der venezianischen Schule."
Neben Gemälden sammelt Terruzzi, der als Industrieller zu seinem Reichtum gekommen ist, auch Möbel. Auch sie sind in der römischen Ausstellung zu besichtigen. Es handelt sich um kostbarstes Mobiliar aus der ersten und zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Einzelstücke, um die viele Museen den Sammler beneiden und astronomisch hohe Summen zahlen würden.
Verschiedene italienische Kunstexperten nehmen die Ausstellungseröffnung zum Anlass, um den Sammler zu kritisieren. Sie finden es einen Skandal, dass ein Teil der in der Ausstellung zu sehenden Gemälde und Möbel in einem Hotel ausgestellt werden. Ihnen zufolge gehören Gemälde und Möbel von großem künstlerischem Wert nicht in eine Herberge, sondern in ein Museum. Vor allem wenn es sich um Meisterwerke wie von Tiepolo handelt, meint die römische Kunsthistorikerin Carla Fossati, die in nichts jenen Gemälden nachstehen, die in der römischen Nationalgalerie für alte Kunst gezeigt werden:
"Hinzu kommt der Umstand, dass es einfach ist, in einem Hotel, die einzelnen Kunstwerke zu beschädigen. Ein Hotel ist kein Museum, sondern ein, ich nenne es, Gebrauchsgebäude, in dem Menschen leben und nicht Kunst bestaunen und studieren. Auch die Möbel sind in einem Hotel in Gefahr, beschädigt zu werden. Es sollte verboten werden, große Kunst und wertvolle Objekte derart auszustellen. Der Kulturminister sollte in diesem Punkt die Initiative übernehmen."
Annalisa Scarpa hingegen gefällt die Dialektik zwischen Luxushotel und großer Kunst:
"Es gibt auch noch andere Tiepolos der Sammlung, die im Hotel gezeigt werden. Terruzzi besitzt große Teile der Werke bestimmter venezianischer Maler des 18. Jahrhunderts, wie zum Beispiel von Jacopo Amigoni, einem der bedeutendsten Rokokomaler Europas. Signor Terruzzi besitzt 29 Werke Amigonis, vier davon befanden sich früher im Besitz des berühmten Kastraten Farinelli."
Direkt neben den erst vor Kurzem angekauften Gemälden von Tiepolo sind in der Ausstellung zwei Werke von Nicolò Bambini, Venedig 1652 bis 1736, zu sehen. Bambini war ein Zeitgenosse Tiepolos und einer der angesehensten Maler des venezianischen Hochbarock. Diese Bilder wurden von Angelo Guido Terruzzi vor wenigen Monaten ersteigert. Für eine astronomisch hohe Summe, wird versichert. Wie fast alle barocken Meister der Sammlung sind diese Kunstwerke in der Regel im Erdgeschoss zu besichtigen - einem, ohne Übertreibung, ganz privaten Museum mit hunderten von Gemälden und Möbeln. Eine mehrere tausend Quadratmeter umfassende Reihe von Räumen und Sälen - die der Rombesucher auch aufsuchen kann, ohne eines der nicht gerade preiswerten Hotelzimmer gebucht zu haben.
Die Kunsthistorikerin Annalisa Scarpa amüsiert sich jedes Mal, wenn sie Hotelgäste dabei beobachtet, wie sie sich skeptisch den Gemälden nähern:
"Das ist schon eine große Überraschung, dass man hier, und nicht in einem Museum, drei der berühmtesten und auch teuersten Gemälde Tiepolos entdeckt. Meisterwerke, die Tiepolo in den 20er Jahren des 18. Jahrhundert für den reichen venezianischen Anwalt Tommaso Sandi schuf und die in dessen Palazzo Sandi die Wände schmückten. Es handelt sich um große Gemälde. ‚Odysseus entdeckt Achilles’ misst 245 Mal 520 cm. Im vergangenen Mai kaufte der Eigentümer des Hotels bei einer Auktion diese Gemälde."
Für sechs Millionen Euro. Nicht viel Geld für einen Sammler, der insgesamt 4000 Kunstwerke besitzt, von denen über 1000 in seinem Hotel auf dem Monte Mario gezeigt werden - nur ein Viertel der gesamtem Sammlung: in der Eingangshalle, in den Lobbys und Cafes, im Spitzenrestaurant "La Pergola", in dem der deutsche Starchef Heinz Beck auf Drei-Michelinsterne-Niveau kocht, und in den Suiten mit Blick auf Rom. Die wichtigsten Gemälde dieser Sammlung, rund 400, darunter viele, die nicht im Hotel zu besichtigen sind, werden jetzt zum ersten Mal überhaupt in einer Ausstellung gezeigt - in den Hallen des römischen Vittoriale.
Annalisa Scarpa ist die kunsthistorische Beraterin des Sammlers Angelo Guido Terruzzi. Ein Mann, von dem so gut wie keine Fotografien existieren, der keine Interviews gibt und seine Privatsphäre über alles schätzt, weiß die Kunsthistorikerin. Terruzis Herz, erklärt sie, gehöre ausschließlich seiner Sammlung:
"Diese Sammlung zeigt Werke vom Mittelalter, wie zum Beispiel kostbare Tafelbilder, bis hin zur Gegenwartskunst. So wundern sich wohlhabende Gäste immer wieder, dass in einigen Suiten echte Warhols an den Wänden hängen. Terruzzi zeigt auch seine Schätze der modernen Kunst, darunter Hauptwerke von Giorgio De Chirico, in den Gästezimmern. Ein Großteil der Sammlung besteht aber aus barocken Bildern der venezianischen Schule."
Neben Gemälden sammelt Terruzzi, der als Industrieller zu seinem Reichtum gekommen ist, auch Möbel. Auch sie sind in der römischen Ausstellung zu besichtigen. Es handelt sich um kostbarstes Mobiliar aus der ersten und zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Einzelstücke, um die viele Museen den Sammler beneiden und astronomisch hohe Summen zahlen würden.
Verschiedene italienische Kunstexperten nehmen die Ausstellungseröffnung zum Anlass, um den Sammler zu kritisieren. Sie finden es einen Skandal, dass ein Teil der in der Ausstellung zu sehenden Gemälde und Möbel in einem Hotel ausgestellt werden. Ihnen zufolge gehören Gemälde und Möbel von großem künstlerischem Wert nicht in eine Herberge, sondern in ein Museum. Vor allem wenn es sich um Meisterwerke wie von Tiepolo handelt, meint die römische Kunsthistorikerin Carla Fossati, die in nichts jenen Gemälden nachstehen, die in der römischen Nationalgalerie für alte Kunst gezeigt werden:
"Hinzu kommt der Umstand, dass es einfach ist, in einem Hotel, die einzelnen Kunstwerke zu beschädigen. Ein Hotel ist kein Museum, sondern ein, ich nenne es, Gebrauchsgebäude, in dem Menschen leben und nicht Kunst bestaunen und studieren. Auch die Möbel sind in einem Hotel in Gefahr, beschädigt zu werden. Es sollte verboten werden, große Kunst und wertvolle Objekte derart auszustellen. Der Kulturminister sollte in diesem Punkt die Initiative übernehmen."
Annalisa Scarpa hingegen gefällt die Dialektik zwischen Luxushotel und großer Kunst:
"Es gibt auch noch andere Tiepolos der Sammlung, die im Hotel gezeigt werden. Terruzzi besitzt große Teile der Werke bestimmter venezianischer Maler des 18. Jahrhunderts, wie zum Beispiel von Jacopo Amigoni, einem der bedeutendsten Rokokomaler Europas. Signor Terruzzi besitzt 29 Werke Amigonis, vier davon befanden sich früher im Besitz des berühmten Kastraten Farinelli."
Direkt neben den erst vor Kurzem angekauften Gemälden von Tiepolo sind in der Ausstellung zwei Werke von Nicolò Bambini, Venedig 1652 bis 1736, zu sehen. Bambini war ein Zeitgenosse Tiepolos und einer der angesehensten Maler des venezianischen Hochbarock. Diese Bilder wurden von Angelo Guido Terruzzi vor wenigen Monaten ersteigert. Für eine astronomisch hohe Summe, wird versichert. Wie fast alle barocken Meister der Sammlung sind diese Kunstwerke in der Regel im Erdgeschoss zu besichtigen - einem, ohne Übertreibung, ganz privaten Museum mit hunderten von Gemälden und Möbeln. Eine mehrere tausend Quadratmeter umfassende Reihe von Räumen und Sälen - die der Rombesucher auch aufsuchen kann, ohne eines der nicht gerade preiswerten Hotelzimmer gebucht zu haben.