"GroKo"

    Ein Hashtag ist Wort des Jahres

    Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags
    Sie wollen sie bilden, die "GroKo": Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer © dpa / pa / Kumm
    13.12.2013
    Er charakterisiert am besten das zu Ende gehende Wahljahr: der Begriff "GroKo. Das meint die Gesellschaft für Deutsche Sprache, die den Begriff zum Wort des Jahres 2013 kürte. Auch "Protz-Bischof" und "Armutseinwanderung" sind vertreten. In den 90ern sollte sogar der Bundesrat gegen ein Kurzwort einschreiten.
    "GroKo" ist Wort des Jahres 2013. Das hat die Gesellschaft für Deutsche Sprache in Wiesbaden bekannt gegeben - auch wenn es die "GroKo" streng genommen noch gar nicht gibt. Der Begriff bezeichnet die in Berlin geplante Große Koalition zwischen den Parteien CDU/CSU und der SPD auf Bundesebene.
    Die Abkürzung charakterisiere am besten das zu Ende gehende Wahljahr - so begründete die Gesellschaft für deutsche Sprache ihre Entscheidung. Es sei zudem eine interessante Wortbildung und zeige Sprachwitz und Kreativität, sagte der Vorsitzende der Gesellschaft, Armin Burkhardt, am Freitag in Wiesbaden.
    "GroKo" zeige "eine halb spöttische Haltung" gegenüber der sich abzeichnenden Koalition aus CDU/CSU und SPD auf Bundesebene, so der Germanistik-Professor. Durch den Anklang an "Krokodil" rege es zu weiteren Wortschöpfungen an - etwa zu "GroKo-Deal" für den Koalitionsvertrag.
    Auch "Ausschließeritis" und "Zinsschmelze" sind vertreten
    Auf Rang zwei setzten die Sprachforscher die Bezeichnung "Protz-Bischof" für den - wegen der hohen Kosten seiner Residenz - in die Kritik geratenen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Sozusagen als Gegenpol steht auf Platz drei der Begriff "Armutseinwanderung". Viele Menschen aus Afrika, aber auch aus europäischen Ländern wie Rumänien und Bulgarien machten sich auf die Suche nach einer besseren Zukunft in Deutschland, erläuterte die Jury.
    Mit "Ausschließeritis" schaffte es ein weiteres Wort aus dem Umfeld der Koalitionsverhandlungen auf die Liste. Die Wortschöpfung auf Platz sechs bezeichnet die Erklärung einer Partei schon vor Wahlen, bestimmte Bündnisse kategorisch auszuschließen. Damit erinnere sie an eine Krankheit, "eine politische Systemkrankheit", wie Burkhardt sagte. Die Abhör- und Spähaffäre schlägt sich auf den Plätzen fünf und zehn nieder: "Big Data" - das Zusammenführen und Überwachen großer Mengen an persönlichen Daten - und "Freund hört mit". Der Slogan bezieht sich auf die Abhöraffäre des US-amerikanischen Geheimdienstes NSA. Der Ausdruck wandle die Mahnung "Feind hört mit" aus der Hitler-Diktatur ab, die in der ehemaligen DDR ironisch auch auf die Stasi angewendet wurde.
    Die Wirtschaft ist mit dem Begriff "Zinsschmelze" (Platz fünf) - das Wort bezieht sich auf die Folgen der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank für die Bürger - vertreten. Auf den hinteren Plätzen landeten "Generation Sandsack" (Platz sieben) - gemeint sind junge Menschen, die sich mit Hilfe sozialer Medien im Internet spontan zu einer "Welle der Solidarität" in den Überschwemmungsgebieten in Ostdeutschland und Bayern eingefunden haben -, "Ausländermaut" (Platz acht) und die "Falsche Neun" (Platz neun), ein Begriff aus dem Bereich der Fußball-Taktik.
    "GroKo" wurde durch Twitter populär
    Seine Popularität dürfte die Abkürzung "GroKo" maßgeblich dem Kurznachrichtendienst Twitter zu verdanken haben. Die Kommunikationsplattform ist dafür ausgelegt, die Mitteilungen so kurz wie möglich zu fassen. Das Kurzwort für die Große Koalition entwickelte sich als "#GroKo" schnell zum beliebten Stichwort ("Hashtag") in der politischen Diskussion um die Koalition von CDU/CSU und SPD. Mit dem Rautezeichen ("Hash") versehen, werden Begriffe zu Schlagworten für die Nachverfolgung.
    Insgesamt 88.000 Einträge bei Twitter mit dem Schlagwort GroKo verzeichnete die Analyse-Seite Topsy am Freitag. Höhepunkt für den Hashtag war demnach mit über 17.000 Beiträgen der 27. November 2013. In den folgenden Tagen fiel die Nutzung dann wieder auf 1200 bis 3000 Einträge ab.
    Unter den Mitgliedern des Deutschen Bundestags nutzten die Grünen das Stichwort am häufigsten, wie die Aufstellung der Webseite bundestwitter.de zeigt. Danach folgen Mitglieder der SPD, der CDU, den Linken und der FDP.
    Ganz neu ist der Begriff nicht. Er tauchte bereits vor Jahren auf Twitter auf, allerdings nur vereinzelt. Als erster Abgeordneter verwendete der FDP-Politiker Frank Schäffler am 27. Mai 2009 das Kunstwort in einem Eintrag. Parteiübergreifend populär wurde die Abkürzung erst im September 2013.
    Frühere Wörter des Jahres: "Rettungsroutine" und "Stresstest"
    Die Jury wählte die zehn Wörter und Wendungen in diesem Jahr aus rund 2400 Vorschlägen, Auf die Liste kommen laut Gesellschaft für deutsche Sprache nicht die am häufigsten verwendeten Begriffe eines Jahres, sondern die, die das Jahr am besten sprachlich auf einen Punkt bringen.
    2012 war der Ausdruck "Rettungsroutine" zum Wort des Jahres erklärt worden. In den Jahren zuvor landeten "Stresstest" (2011) "Wutbürger" (2010), "Abwrackprämie" (2009), "Finanzkrise" (2008) und "Klimakatastrophe" (2007) auf Platz eins der Rangliste. Das erste "Wort des Jahres" wurde 1971 gewählt: "Aufmüpfig" lautete es.
    Das "Unwort des Jahres" wird von einer anderen sprachkritischen Aktion bestimmt und im Januar bekanntgegeben.
    Erfolglose Bundesratsinitiative gegen Kurzwort "Azubi"
    Wie "GroKo" schaffen immer wieder mehr oder weniger originelle Kurzwörter den Weg in die deutsche Sprache. So stand beispielsweise 2011 plötzlich der "Bufdi" vor der Tür sozialer Einrichtungen. Seit der Abschaffung der Wehrpflicht arbeitet er für den Bundesfreiwilligendienst und löste den "Zivi" ab. Von 1961 an hatten Zivildienstleistende etwa in Kliniken, Naturschutzgebieten oder Jugendherbergen ihren Wehrersatzdienst abgeleistet.
    Schwer hatten es die "Azubis": Anfang der 70er Jahre sollte das Wort "Auszubildende" das bisherige "Lehrling" ersetzen. Der Widerstand dagegen war langlebig und reichte bis zu einer - erfolglosen - Bundesratsinitiative 1999 für den alten Lehrling. Inzwischen haben sich die "Azubis" durchgesetzt, allerdings nur in der geschlechtsneutralen Variante. Die weibliche Form "Azubine" gilt nicht als seriöse Bereicherung des Wortschatzes.
    abr mit dpa, epd
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