Grönlands Zukunft

Weniger Eis, viele Rohstoffe

23:45 Minuten
Landschaft in Ostgrönland: Blick von einer Felsenküste auf das Meer, auf dem noch einige Eisschollen schwimmen
In Grönland schmilzt das Eis: Das verändert die Lebensbedingungen der Einwohner einschneidend. © picture alliance / dpa / Patrick Pleul
Christian Blenker im Gespräch mit Andre Zantow · 28.12.2021
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Die "Kühlkammer der Welt" schrumpft: Jedes Jahr verliert Grönland Millionen Tonnen Eis, reflektiert weniger Sonnenlicht. So erwärmt sich die Erde schneller. Aber auch der Rohstoffreichtum lässt die größte Insel der Welt immer wichtiger werden.
„Die ganze Welt schaut auf uns", ist sich Schäferin Avija Lennert sicher. Die Grönländerin lebt mit ihren Tieren ein ursprüngliches Leben. Knapp 60.000 Einwohner hat die autonom regierte Insel, die zwar keine dänische Kolonie mehr, aber immer noch auf die Geldzahlungen des Königreichs angewiesen ist. Das wachsende Interesse anderer Länder wie China und den USA erscheint da auf den ersten Blick verlockend.

Grönländer gegen Rohstoffausbeutung

Doch Schäferin Lennert ist gegen die Förderung von Rohstoffen für die chinesische Handy- und Elektroauto-Industrie. "Wenn man die Seltenen Erden fördert, haben die, die hier leben, nichts davon. Das meiste Geld verlässt das Land und geht nicht an uns.“ Damit spricht die Schäferin für die Mehrheit der Inselbewohner. Nur wenige sind derzeit der Meinung, dass Grönland für die vollständige, auch finanzielle Unabhängigkeit von Dänemark ihre Rohstoffe kräftig ausbeuten sollte.
Die neu gewählte Regierungskoalition sprach sich gegen die Förderung – auch von Uran – aus, erklärt Rohstoff-Ministerin Naaja Nathanielsen. Damit setze sie um, was die Mehrheit möchte. "Aber natürlich kann eine künftige Regierung das ändern.“

Kein Öl und Gas aus Grönland

Die neue Regierung Grönlands hat auch die Erkundung von Öl- und Gasreserven unter der Insel gestoppt. Auch ein Symbol gegen die globale Erwärmung, von der die größte Insel der Welt stark betroffen ist.
Ansicht von Qaqortoq, dem größten Ort in Südgrönland
Qaqortoq ist mit etwa 3000 Einwohnern der größte Ort in Südgrönland.© dpa / picture alliance / Daniel Gammert
Jedes Jahr schmelzen Millionen Tonnen Eis, können nicht mehr die Sonne reflektieren. Der Planet erwärmt sich noch schneller, was wiederum mehr Eis zum Schmelzen bringt. Schon jetzt sind die Buchten nicht mehr ganzjährig gefroren.

Ohne Eis, weniger Hundeschlitten

Hundeschlitten werden somit unpraktisch, weil sie jetzt große Umwege fahren müssten, erklärt Hundeschlittenfahrerin Ane Sofie Lauritzen. ”Das Klima verändert sich", betont sie. "Wir merken es, wenn wir mit dem Boot fahren und Robben fangen wollen. Es regnet viel." Das Meereis in den Buchten sei völlig verschwunden, und man könne im Winter kaum noch Hundeschlitten fahren. "Natürlich kann man immer noch jagen, aber nicht mehr so viel. Wir bezahlen jährlich 50.000 Dänische Kronen für Trockenfutter, das wir aus Europa importieren müssen.”
Weniger jagen bedeutet auch weniger Fleisch für die Hunde, die ganzjährig draußen leben und in der Kälte auf das fettreiche Robbenfleisch angewiesen sind. Das teure Trockenfutter aus Europa wird sich langfristig kaum rechnen.
Grönland steht vor großen Umbrüchen, auch, weil durch die globale Erwärmung neue Schifffahrtswege rund um Grönland ganzjährig befahrbar werden.

Kampf im Arktischen Rat um Handelsrouten

Im Arktischen Rat würden Russland und die USA "wirklich aufeinander knallen", erklärt Christian Blenker. Der ARD-TV-Korrespondent hat gerade auf Grönland für eine 30-minütige Weltspiegel-Dokumentation recherchiert, die am 15. Januar im Ersten ausgestrahlt wird.
Russland beanspruche die Arktis für sich, weil die Handelsrouten so wichtig seien. Ähnlich sehen das Länder wie Kanada, USA oder Norwegen. Es sei sehr spannend, wie diese Diskussion ausgehen werde, und ob Grönland da überhaupt mitreden dürfe, so Blenker.
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