Griechische Kunst in Osnabrück
André Lindhorst, Leiter der Kunsthalle Dominikanerkirche in Osnabrück, wollte in Zeiten der Finanzkrise etwas gegen die griechenfeindlichen Stimmungen tun und lud den griechischen Maler Dimitris Tzamouranis ein. Dessen großflächigen Porträts und Landschaften sind jetzt zu sehen.
Eher unwahrscheinlich, dass die drei Frauen mit ihren Taschenlampen einen Ausgang aus dem dunklen labyrinthisch verschachtelten Haus finden. Die Szene wirkt wie ein Videostandbild, aber sie ist in geradezu altmeisterlicher Manier realistisch gemalt bis hin zu übergenauen Details wie Textur und Faltenwurf der Kleidung.
"Das hat vor ein, zwei Jahren stattgefunden, dass diese Debatte: 'Verbleibt Griechenland in der EU?' auf dem Höhepunkt war. Da hab ich gedacht: Das kann doch alles nicht sein. Es geht immer nur um Ökonomie und um Geld und so weiter. Da muss doch mal auch an andere Wertevorstellungen gedacht werden."
André Lindhorst, Leiter der Kunsthalle Dominikanerkirche, wollte einen Kontrapunkt setzen:
"Mensch, such doch mal ´nen griechischen Künstler!"
Lindhorsts Wahl fiel auf Dimitris Tzamouranis, Jahrgang 1967, ein Maler mit griechischen Wurzeln, der seit langem in Berlin lebt. Die Mutter war Schneiderin, der Vater Kirchenmaler. In dessen Atelier hatte Tzamouranis sich für den Aufbau seiner Bilder inspirieren lassen.
"Ich muss auch meine Zeit reflektieren als Künstler, das ist mir sehr bewusst. Andere Seite natürlich, ich bleibe dran in einer traditionelle Art und Weise ein Bild zu malen. In einer Sprache, die ich schon kennengelernt habe durch meine Ausbildung, und ich bleibe auch da dran."
Tzamouranis´ großformatige farbig leuchtende Bilder scheinen wie geschaffen für das hohe, weißgekalkte Mittelschiff der gotischen Dominikanerkirche. Und tatsächlich hat der Künstler das Hauptwerk, einen riesigen Altar mit sieben Tafeln, im vergangenen Jahr eigens für die Ausstellung gemalt. Junge Leute sind zu sehen, auf dem Boden ineinander verschlungen, erstarrt in einem rätselhaften Ausnahmezustand zwischen Wachsein und Schlafen. Auf den Seitenflügeln kauern Personen mit angewinkelten Beinen, machen sich klein und rund wie Embryos in der Gebärmutter, als sei ihre Zeit noch nicht gekommen. "Melancholia" heißt dieses jüngste Werk, das durchaus programmatisch verstanden werden will.
"Ich betrachte die Zeit, die wir leben, schon sehr melancholisch. Wir sind in einem Umbruch, finde ich, was Kultur, aber auch die Gesellschaft an sich betrifft, auch in Europa, mit einer gewissen Unsicherheit, und ich merke, dass die Menschen, die mich umgeben und auch die Freunde, die sind schon in einer solche Stimmung."
Seit Albrecht Dürer 1514 in seinem berühmten Kupferstich "Melencolia" Sanduhr, Glocke und Kugel als beispielhafte Accessoires melancholischer, der Allgegenwart des Todes im Leben bewusster Weltbetrachtung festhielt, haben Künstler immer wieder "Vanitas"-Motive verwendet. Tzamouranis kann da ein reiches kunstgeschichtliches Erbe zitieren. Etwa wenn einer auf einer Abendmahlsdarstellung hockend, mit ausgebreiteten Armen, zwischen Totenschädel und zerbrochenen Gläsern, einen Rembetiko-Tanz aufführt.
"Das ist schon eine direkte Interpretation von der Seele Griechenlands, zeitgenössisch gesehen."
Zu der gewissermaßen "altmodischen" Malweise gehört auch die Auswahl der Modelle. Tzamouranis hat schon vor Jahren seinen Fernseher abgeschafft, bei ihm wird keine Inspiration aus dem Internet heruntergeladen. Seine Figuren wirken außerordentlich authentisch.
"Die sind Menschen, die ich sehr gut kenne, von meinem Familienkreis oder Freundeskreis, und dann merke ich, das ist möglich, ein Porträt oder eine Komposition zu schaffen. Also die sind keine professionellen Modelle oder Menschen, die ich nicht kenne, durch Zeitungen oder Fotografien, die ich zufällig finde. Das kann ich nicht."
Und überraschenderweise gibt es noch einen zweiten Dimitris Tzamouranis, den die Ausstellung rund um den ehemaligen Kreuzgang präsentiert. Ein Zyklus, entstanden zwischen 2007 und 2009, der sich mit Flüchtlingen, Migranten und Getriebenen an der EU-Außengrenze Griechenland beschäftigt. Da ist ein gekentertes Boot zu sehen, um das die Habseligkeiten der gescheiterten Flüchtlinge schwimmen. Im Innern eines Lkw-Containers sind schemenhaft die Umrisse auf dem Boden hockender Menschen zu erkennen, als habe eine Röntgenkamera die Flüchtigen entdeckt. Kein Vergleich mit der farbigen Opulenz der Arbeiten aus jüngster Zeit.
"Der Mann arbeitet ja stilistisch ganz unterschiedlich. Die älteren Bilder sind teilweise auch verschwommener, interessante Nachtstücke dabei. Er guckt auf eine Straße wie ein Autofahrer, und er sieht zwei Mittelstreifen, aber danach weiß er nicht, wie es weiter geht."
Dimitris Tzamouranis selber bleibt gelassen, wenn er zur Krise in Griechenland befragt wird.
"Ich denk mir, die Gesellschaft da unten ist schon im Umbruch, die brauchen vielleicht etwas Zeit, aber ich bin sehr optimistisch, dass das alles gut wird."
"Das hat vor ein, zwei Jahren stattgefunden, dass diese Debatte: 'Verbleibt Griechenland in der EU?' auf dem Höhepunkt war. Da hab ich gedacht: Das kann doch alles nicht sein. Es geht immer nur um Ökonomie und um Geld und so weiter. Da muss doch mal auch an andere Wertevorstellungen gedacht werden."
André Lindhorst, Leiter der Kunsthalle Dominikanerkirche, wollte einen Kontrapunkt setzen:
"Mensch, such doch mal ´nen griechischen Künstler!"
Lindhorsts Wahl fiel auf Dimitris Tzamouranis, Jahrgang 1967, ein Maler mit griechischen Wurzeln, der seit langem in Berlin lebt. Die Mutter war Schneiderin, der Vater Kirchenmaler. In dessen Atelier hatte Tzamouranis sich für den Aufbau seiner Bilder inspirieren lassen.
"Ich muss auch meine Zeit reflektieren als Künstler, das ist mir sehr bewusst. Andere Seite natürlich, ich bleibe dran in einer traditionelle Art und Weise ein Bild zu malen. In einer Sprache, die ich schon kennengelernt habe durch meine Ausbildung, und ich bleibe auch da dran."
Tzamouranis´ großformatige farbig leuchtende Bilder scheinen wie geschaffen für das hohe, weißgekalkte Mittelschiff der gotischen Dominikanerkirche. Und tatsächlich hat der Künstler das Hauptwerk, einen riesigen Altar mit sieben Tafeln, im vergangenen Jahr eigens für die Ausstellung gemalt. Junge Leute sind zu sehen, auf dem Boden ineinander verschlungen, erstarrt in einem rätselhaften Ausnahmezustand zwischen Wachsein und Schlafen. Auf den Seitenflügeln kauern Personen mit angewinkelten Beinen, machen sich klein und rund wie Embryos in der Gebärmutter, als sei ihre Zeit noch nicht gekommen. "Melancholia" heißt dieses jüngste Werk, das durchaus programmatisch verstanden werden will.
"Ich betrachte die Zeit, die wir leben, schon sehr melancholisch. Wir sind in einem Umbruch, finde ich, was Kultur, aber auch die Gesellschaft an sich betrifft, auch in Europa, mit einer gewissen Unsicherheit, und ich merke, dass die Menschen, die mich umgeben und auch die Freunde, die sind schon in einer solche Stimmung."
Seit Albrecht Dürer 1514 in seinem berühmten Kupferstich "Melencolia" Sanduhr, Glocke und Kugel als beispielhafte Accessoires melancholischer, der Allgegenwart des Todes im Leben bewusster Weltbetrachtung festhielt, haben Künstler immer wieder "Vanitas"-Motive verwendet. Tzamouranis kann da ein reiches kunstgeschichtliches Erbe zitieren. Etwa wenn einer auf einer Abendmahlsdarstellung hockend, mit ausgebreiteten Armen, zwischen Totenschädel und zerbrochenen Gläsern, einen Rembetiko-Tanz aufführt.
"Das ist schon eine direkte Interpretation von der Seele Griechenlands, zeitgenössisch gesehen."
Zu der gewissermaßen "altmodischen" Malweise gehört auch die Auswahl der Modelle. Tzamouranis hat schon vor Jahren seinen Fernseher abgeschafft, bei ihm wird keine Inspiration aus dem Internet heruntergeladen. Seine Figuren wirken außerordentlich authentisch.
"Die sind Menschen, die ich sehr gut kenne, von meinem Familienkreis oder Freundeskreis, und dann merke ich, das ist möglich, ein Porträt oder eine Komposition zu schaffen. Also die sind keine professionellen Modelle oder Menschen, die ich nicht kenne, durch Zeitungen oder Fotografien, die ich zufällig finde. Das kann ich nicht."
Und überraschenderweise gibt es noch einen zweiten Dimitris Tzamouranis, den die Ausstellung rund um den ehemaligen Kreuzgang präsentiert. Ein Zyklus, entstanden zwischen 2007 und 2009, der sich mit Flüchtlingen, Migranten und Getriebenen an der EU-Außengrenze Griechenland beschäftigt. Da ist ein gekentertes Boot zu sehen, um das die Habseligkeiten der gescheiterten Flüchtlinge schwimmen. Im Innern eines Lkw-Containers sind schemenhaft die Umrisse auf dem Boden hockender Menschen zu erkennen, als habe eine Röntgenkamera die Flüchtigen entdeckt. Kein Vergleich mit der farbigen Opulenz der Arbeiten aus jüngster Zeit.
"Der Mann arbeitet ja stilistisch ganz unterschiedlich. Die älteren Bilder sind teilweise auch verschwommener, interessante Nachtstücke dabei. Er guckt auf eine Straße wie ein Autofahrer, und er sieht zwei Mittelstreifen, aber danach weiß er nicht, wie es weiter geht."
Dimitris Tzamouranis selber bleibt gelassen, wenn er zur Krise in Griechenland befragt wird.
"Ich denk mir, die Gesellschaft da unten ist schon im Umbruch, die brauchen vielleicht etwas Zeit, aber ich bin sehr optimistisch, dass das alles gut wird."