Griechische Kulturstiftung Berlin

"Ist Kulturvermittlung in Berlin Luxus?"

Eleftherios Ikonomou im Gespräch mit Ute Welty · 08.03.2014
Ohne Geld für Miete, Löhne und Programm gestalte sich die Arbeit der Griechischen Kulturstiftung Berlin immer schwieriger, sagt deren Leiter Eleftherios Ikonomou. Er frage sich, ob die Politiker in Athen Kulturvermittlung in Berlin für Luxus halten.
Ute Welty: Ja, er ist ein Mann des Wortes, und je schwieriger die Situation, umso sicherer scheint er zu sein in der Wahl von Tonlage und Gestus. So auch im Gedenken an die griechischen Opfer des deutschen Nationalsozialismus. Bundespräsident Joachim Gauck.
Joachim Gauck: Das, was geschehen ist, war brutales Unrecht. Mit Scham und Schmerz bitte ich im Namen Deutschlands die Familien der Ermordeten um Verzeihung.
Welty : Und der Bundespräsident wurde konkret. Um historisches Wissen nicht nur zu bewahren, sondern vor allem auch weiter zu verbreiten, schlägt er eine intensivere Kooperation zwischen Gedenkstätten, Museen und Erinnerungsorten vor. Das könnte auch ein großes Thema sein für die griechische Kulturstiftung, deren Arbeit an einem Dutzend Institute weltweit aber derzeit auf Eis liegt. Der Etat wurde erst gekürzt, dann die Gehälter ganz ausgesetzt. Was das für die Berliner Dependance heißt, berichtet uns jetzt Eleftherios Ikonomou, der die griechische Kulturstiftung in der deutschen Hauptstadt seit achtzehn Jahren leitet. Guten Morgen!
Eleftherios Ikonomou: Guten Morgen, Frau Welty!
Welty: Ich sagte, Sie leiten das Berliner Institut der griechischen Kulturstiftung. Wen oder was leiten Sie noch, wenn das Institut ausziehen muss und die Mitarbeiter kein Geld bekommen?
Ikonomou: Ja, das ist nicht so. Das Institut muss umziehen. Das Problem ist, dass wir in eine Lage ziehen – also dass unserer Vorstand in Athen Zeit hat, diese strategische Planung zum Ende zu bringen. Und die Mitarbeiter und ich sind nach einem Jahr ohne Bezahlung und so weiter jetzt total bezahlt. Sie haben alle unsere Schulden bezahlt. Aber ich habe viele, viele Fragen, wie können wir so etwas tun.
"Keine richtige Kommunikation mit Athen"
Welty: Diese Fragen richten sich an wen genau?
Ikonomou: Diese Frage richte ich nicht nur an den Kulturminister und das griechische Parlament, weil die griechische Kulturstiftung natürlich ein Teil des griechischen Parlaments ist. Das Parlament muss allem zustimmen, was die Stiftung macht. Aber ich weiß nicht, ist das eine Art Entschuldigung von der Seite des Kulturministers und des Finanzministers, wenn sie sagen, die Troika sagt, wir müssen da sparen und dort sparen und so weiter? Oder ist es wirklich eine Art politische Entscheidung, dass wir keine Kultur in Berlin brauchen, es ist ein Luxus, es ist alles zu teuer in Berlin? Wir haben eine Krise, wir können die Gehälter nicht bezahlen, wir können die Miete nicht bezahlen und so weiter. Also, wir haben keine richtige Kommunikation mit Athen. Wir wissen mehr aus zwei Artikeln, die in den letzten Wochen in den griechischen Zeitungen veröffentlicht wurden, Interviews mit unserem neuen Vorstandsvorsitzenden, aber nichts anderes.
Welty: Wie haben Sie denn überhaupt erfahren, dass Sie kein Geld mehr bekommen über ein Jahr lang? Ist das einfach nicht auf die Konten gekommen? Gab es da irgendwie eine Ankündigung oder kam das völlig überraschend?
Ikonomou: Die Geschichte geht seit 2010. Wir haben Kürzungen gehabt seit 2010, in 2011 habe ich einen von meinen drei Mitarbeitern verloren, weil wir sparen mussten. Dann ab 2010 haben wir keine Kultur-, keine Programmmittel gehabt, obwohl unsere Gehälter, Miete, Versicherung und so weiter, bezahlt wurden. Aber dann, in 2012, ist der Vorstand in Athen zurückgetreten, weil der ehemalige Kulturminister mit dem Vorstandsvorsitzenden überhaupt keine Kommunikation gehabt hat für ein Jahr. Ab Februar 2012, haben wir kein Geld bekommen für Mieten, für alles, weil wir keinen Vorstand hatten.
Welty: Noch mal die Frage an dieser Stelle – Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche – aber noch mal die Frage an dieser Stelle: Hat man Sie darüber im Vorfeld informiert oder ist das Geld einfach ausgeblieben?
Ikonomou: Das Geld ist ausgeblieben, weil wir niemand hatten, der für das Geld im Ministerium hätte unterschreiben könnten. Wir haben keinen Vorstand – seit Februar 2012 gab es keinen Vorstand, und das Ministerium hat gesagt, sie können das Geld nur an eine Institution mit Vorstand vergeben. Und seitdem, bis Januar 2013, war nichts auf unseren Konten. Das bedeutet, wir haben Mahnungen, Pfändungen, Besuche vom Gerichtsvollzieher und so weiter. Und seit Oktober 2013 hat die Commerzbank auch unsere Konten geschlossen.
Unklarheit über Kulturarbeit 2014
Welty: Wenn man so eng auf Kante näht und so in der Bredouille ist, dann bedeutet das natürlich im Umkehrschluss, dass die kulturelle Arbeit ja quasi ausfallen muss. Was heißt das konkret für Sie in diesem Jahr?
Ikonomou: Also für 2013 haben wir unser Programm vollständig gemacht. Es gab überhaupt keine Änderungen. Sprachkurse, Bibliothek, Programm - es war alles da, weil wir es vorher beschlossen hatten. Und ich musste natürlich seit Oktober alles aus meiner privaten Tasche bezahlen, obwohl wir Anfang 2014 das Geld für unsere Gehälter und so weiter bekommen. Ich habe immer noch das Geld für Dienstreisen und was ich seit Oktober 2013 bezahlt habe, überhaupt nicht bekommen.
Welty: Aber was heißt das jetzt für das kommende Jahr, für die Pläne, die Sie machen können beziehungsweise nicht machen können.
Ikonomou: Ich habe Pläne für 2014, und in einem gestrigen Treffen von EUNIC – der Gemeinschaft der europäischen Kulturinstitute in Berlin – haben wir besprochen, ob wir Räume bei anderen Instituten bekommen könnten, sodass wir unsere geplanten Veranstaltungen dort machen könnten.
Welty: Es gibt also Licht am Horizont?
Ikonomou: Es gibt ein kleines Licht ohne Weiteres. Die Kollegen natürlich – ich bin einer der Vorstände der Gemeinschaft der Europäischen Kulturinstitute in Berlin, und ich war einer der Leute, die alles das angefangen haben in 2001. Und wir versuchen jetzt zu sehen, was wir mit Kollegen machen können.
Welty: Eleftherios Ikonomou von der Griechischen Kulturstiftung. Wir wünschen Durchhaltevermögen und Glück und danken fürs Gespräch!
Ikonomou: Vielen, vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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