Griechenland vor der Wahl

Offener Ausgang des TV-Duells

Kontrahenten: Ex-Ministerpräsident Alexis Tsipras (links) und der konservative Herausforderer Evangelos Meimarakis.
Kontrahenten: Ex-Ministerpräsident Alexis Tsipras (links) und der konservative Herausforderer Evangelos Meimarakis. © dpa / picture alliance / Yannis Kolesidis
Von Christian Buttkereit · 15.09.2015
Am Sonntag wird in Griechenland gewählt. Um ihre Wähler zu mobilisieren, debattierten der linke Ex-Ministerpräsident Alexis Tsipras und der konservative Herausforderer Vangelis Meimarakis über Arbeitslosigkeit, Finanzen und Soziales. Richtig lebhaft wurde die Diskussion aber erst zum Schluss.
Es sei das letzte Aufeinandertreffen der Bewerber um das Ministerpräsidentenamt vor der Wahl, preist der Hauptmoderator das Fernsehduell an. Die Massen hat das Public Viewing mitten in Athen nicht angezogen. Dabei hätte der Platz für die Großbildleinwand der konservativen Nea Demokratia (ND) nicht besser sein können: direkt auf dem zentralen Syntagma-Platz vor dem Parlament. Trotzdem stehen hier nur ein paar Dutzend Leute, zumeist Parteianhänger. Im Wahlzelt der linken Syriza etwa einen Kilometer weiter sieht es nicht besser aus, außer dass es hier Stühle gibt.
Politisch zwischen den Stühlen steht Aphrodite, 30 Jahre alt. Sie weiß noch nicht, was sie am Sontag wählen wird. Klar, es müsse sich etwas ändern im Staate Griechenland:
"Vor allem die Wirtschaft muss wieder in Schwung gebracht werden. Nicht nur kurzfristig. Wir brauchen endlich Stabilität. Das geht nur mit politischer Zuverlässigkeit."
Dass Aphrodite bei der ND steht ist also keine politische Richtungsentscheidung. Gegen viertel nach neun Ortszeit beginnt das Duell. Vier Journalistinnen und drei Journalisten der an der Übertragung beteiligten Fernsehanstalten befragen den im August zurückgetretenen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und seinen Herausforderer Vangelis Meimarakis. Tsipras mit weißen Hemd, weißem Einstecktuch und erwartungsgemäß ohne Krawatte. Meimarakis mit Krawatte und auch sonst, wie man sich einen konservativen vorstellt. Die erste Frage stellt eine Journalistin des Senders Mega an Tsipras.
Mit wem er denn koalieren wolle, wenn Syriza die Wahl gewinnen sollte? Tsipras antwortet, wie wohl jeder Politiker der Welt antworten würde.
"Ich bin zuversichtlich, dass wir alleine regieren können. Wenn das nicht klappt, werden wir weitersehen. Mit Herrn Meimarakis werde ich jedenfalls nicht zusammenarbeiten."
Meimarakis könne sich eine Koalition mit den Linken vorstellen
Die gleiche Frage geht an Meimarakis. Er könne sich eine Koalition mit Tsipras durchaus vorstellen, auch wenn es Differenzen gäbe. Doch zum Wohle des Landes sei das das Beste.
Zustimmendes Nicken im Publikum bei der Nea Demokratia, Kopfschütteln bei den Syriza-Anhängern. Das war es dann aber auch mit Emotionsausbrüchen der Zuschauer im Zentrum von Athen. Erst ganz zum Schluss wird es etwas lebhafter, als Meimarakis Tsipras einen Lügner nennt.
Meimarakis wirft Tsipras vor, alle seine Wahlversprechen innerhalb kürzester Zeit gebrochen zu haben. Tsipras kontert, dass niemand in einer nur siebenmonatigen Regierungszeit die Fehler der etablierten Parteien aus 40 Jahren heilen könne.
Jede Antwort darf 90 Sekunden lang sein. Brav arbeiten die Kontrahenten die Fragen ab. Es geht um Arbeitslosigkeit, Wirtschaft, Finanzen und Soziales - unterbrochen durch Werbeblöcke. Tsipras wirkt angespannt, trinkt viel Wasser, Meimarakis wird allmählich lockerer.
Die 30-jähirge Aphrodite steht immer noch im inzwischen deutlich ausgedünnten Publikum und ist am Ende genauso schlau wie vorher. Eigentlich sagt sie, sei doch egal, ob der nächste Ministerpräsident Tsipras oder Meimarikis heißt.
"Hauptsache, er weiß, was für das Volk gut ist. Letztendlich müssen wohl auch die Reformen weitergehen, auch wenn sie schmerzhaft sind. Und das haben beide versprochen. Beide sind mir auch sympathisch. Natürlich, bis Sonntag muss ich mich entscheiden."
So wie ihr geht es etwa einem Achtel der Wahlberechtigten. Die Umfragen helfen auch nicht weiter. Dort lagen Syriza und Nea Demokratia zuletzt gleichauf.
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