Griechenland

Blühendes Geschäft mit EU-Pässen

Griechische Euromünzen
Nicht nur Kleingeld, sondern richtig viel Euros bringt der Handel mit Aufenthaltsgenehmigungen für den Schengen-Raum. © dpa/picture-alliance/Oliver Berg
Von Leila Knüppel |
Früher galt der Bau- und Immobiliensektor als der Motor der griechischen Wirtschaft. In der Krise ist die Branche fast komplett zusammengebrochen. Eine Regierungsinitiative soll den kränkelnden Wirtschaftszweig nun wieder in Schwung bringen: Und zwar mittels EU-Aufenthaltsgenehmigungen.
"We are in Glyfada. Glyfada is a seaside area of Athens. And it has a golf-course..."
Bauunternehmer Dimitris Papachristou lenkt seinen Jeep durch die Straßen des mondänen Athener Badevororts Glyfada. Strände, Luxusvillen und Yachthäfen. Die übliche Besichtigungstour für seine Immobilien-Kunden.
Papachristou: "Die Immobilien-Eigentümer hier sind aus aller Welt. Einige nutzen ihre Häuser als Feriendomizile – es ist nah am Meer und die Athener City ist auch nicht weit weg."
Seit 2009 zählen vor allem liquide Ausländer zu Papachristous Kunden: Araber aus den Emiraten und Chinesen. Denn wer in Griechenland eine Immobilie für mindestens 250.000 Euro kauft, bekommt eine EU-Aufenthaltsgenehmigung für sich und seine Familie als Extra oben drauf. Eine Regierungsinitiative, die der Bau- und Immobilienbranche aus der Krise helfen soll.
Papachristou hält vor einem nagelneuen, dreistöckigen Haus: Luxus-Apartments mit großen Balkonen und Glasfassade:
"In diesem Gebäude haben wir vor einigen Monaten eine 55-Quadratmeter-Wohnung an ein chinesisches Ehepaar verkauft. Sie haben sich nicht nur für die Aufenthaltsgenehmigung interessiert, sondern wollen hier auch eine Zeitlang leben. Aber den meisten Kunden geht es nur um die Genehmigung. Die Immobilie ist nur ein Mittel, um frei im gesamten Schengen-Raum reisen zu können."
1000 EU-Pässe sind schon per Immobilie gekauft worden
In seinem Büro, ein paar Straßen weiter, setzt sich Papachristou in einen der schwarzen Ledersessel am Mahagoni-Konferenztisch. Er wirft den Beamer an und zeigt einen Werbeclip, mit dem er auf Messen in Fernost für das Premium-Visum wirbt: Strandimpressionen und Sirtaki-Musik.
Mittlerweile haben sich landesweit etwa 1000 Ausländer plus Familienmitglieder den EU-Pass mit einer griechischen Immobilie erkauft.
Papachristou: "Zurzeit ist das griechische Programm das beste, um eine EU-Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. In Portugal muss man 500.000 Euro zahlen, in Spanien ebenfalls. In Griechenland kostet es nur die Hälfte und man kann damit im gesamten Schengen-Raum reisen."
Für seine weltweiten Werbetouren in Sachen EU-Pass hat der Bauunternehmer extra Arabisch gelernt, dafür mehrere Jahre Sprachunterricht genommen. An Chinesisch scheitert er bisher noch, sagt Papachristou – und startet das nächste Werbevideo.
"Welcome to Mediterraneo Hospital in Glyfada..."
In dem Werbeclip preisen Ärzte trotz Krise das griechische Gesundheitssystem an. Eine Lehrerin schwärmt vom guten Bildungsangebot an der internationalen Schule von Athen – Unterricht selbstverständlich auch in chinesischer Sprache:
"We do have Chinese children, lovely Chinese children – and we do teach Chinese...."
Doch letztlich geht es den Chinesen um etwas anderes, sagt Papachristou:
"Chinesen – ihr erstes Interesse ist Shopping. Wirklich!"
Papachristou öffnet ein Dokument voller Grundrisse und Fotos von Häusern, die zum Verkauf stehen. Schnäppchen, jetzt in Krisenzeiten.
"This property is a seaview and seafront property..."
Eine Villa mit 2000 Quadratmeter Grundstück und Pool direkt am Meer. Früher 3,8 Millionen, jetzt für beinah die Hälfte zu haben.
Papachristou: "Seit 2008 – das war das letzte Jahr, in dem der Immobilienmarkt noch normal lief, ohne ökonomische Probleme... seitdem sind die Preise um 38 Prozent gefallen."
Der ehemalige Flughafen soll zu Bauland werden
Vor der Krise habe er große Bauvorhaben geplant, erzählt Papachristou weiter. Jetzt hält er sich mit dem Verkauf der EU-Aufenthaltsgenehmigungen über Wasser. Doch bald geht es wieder aufwärts, hofft er. Zumindest in seinem Viertel Glyfada. Ein paar Kilometer von seinem Büro entfernt liegt der ehemalige internationale Flughafen Athens "Hellenikon". Er soll privatisiert und zu Bauland werden.
Der Unternehmer schnappt sich seine Autoschlüssel, um das Gelände noch kurz zu zeigen. Nach ein paar Minuten Autofahrt hält er an einem rostigen Drahtzaun, blickt auf das riesige Betonfeld:
"Vor uns sehen wir den ehemaligen Flughafen. Es ist ein Riesengebiet von 6,5 Million Quadratmetern. Mehr als zweimal die Größe von Monaco."
Zwischen den Betonplatten wachsen Büsche, am Rande des Rollfelds rostet eine ausrangierte Boing 747 der Olympic Airline vor sich hin. Die Triebwerke abmontiert. Bald sollen hier Parks, Luxusappartements, Hotels und Casinos stehen.
Papachristou: "Es ist ein Acht-Milliarden-Projekt, haben die Investoren gesagt. Nicht nur diese Region, ganz Attica wird das Projekt wieder in Gang bringen. Denn es ist das größte Bauprojekt in Europa zurzeit. Es wird frischen Wind in die Region rund um Athen bringen."
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