Greta Thunberg beim Papst

Wird Greta von der Kirche instrumentalisiert?

06:57 Minuten
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg steht bei der Generalaudienz des Papstes am 17.4. 2019 in der ersten Reihe und hält Franziskus ein Schild mit der Aufschrift "Join the Climate Strike" entgegen.
Lobte die junge Klimaaktivistin für ihr Engagement: Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 17. April 2019. © imago / Independent Photo Agency
Adam Soboczynski im Gespräch mit Anke Schaefer · 17.04.2019
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Natürlich versuche die katholische Kirche, sich durch Aktionen wie der Begegnung von Greta Thunberg und dem Papst in ein besseres Licht zu rücken, sagt Journalist Adam Soboczynski. "Abwegig" wird es für ihn, wenn ein Bischof Greta mit Jesus vergleicht.
Ein paar Worte, ein Handschlag - und viele, viele Fotos: Die Begegnung der jungen Klimaaktivistin Greta Thunberg mit Papst Franziskus im Rahmen von dessen Generalaudienz auf dem Petersplatz ist für die einen ein Zeichen, dass auch dem Papst der Klimaschutz am Herzen liegt. Andere fragen sich, wer eigentlich von dieser Begegnung mehr profitiert: die junge Klimaaktivistin oder die von Skandalen und Missbrauchsvorwürfen erschütterte katholische Kirche, die sich durch Greta in einem besseren Licht darstellen kann.
Der Feuilleton-Chef der "Zeit", Adam Soboczynski, sieht zunächst einmal durchaus Berührungspunkte zwischen der Position der Kirche und der Greta Thunbergs. Denn die Bewahrung der Schöpfung sei im Christentum ein "Urmotiv".

Kein Framing kann den Missbrauchsskandal vergessen machen

Auf der anderen Seite beobachtet der Journalist auch Versuche seitens der Kirche, Greta Thunberg zu vereinnahmen. So sei ihm die Äußerung des Berliner Bischofs Heiner Koch, die die von Greta Thunberg angeführte Bewegung mit dem biblischen Einzug Jesus' in Jerusalem verglich, "etwas übel aufgestoßen", sagt Soboczynski. "Dann ist das eine Instrumentalisierung von so einer jungen Frau in kirchliche Metaphorik und in die christliche Heilsgeschichte. Das ist natürlich abwegig."
Adam Soboczynski
Die Bewahrung der Schöpfung ist ein christliches Urmotiv, sagt Adam Soboczynski.© Deutschlandradio / Manfred Hilling
Allzu durchsichtig sollten die Vereinahmungsstrategien der Kirche nicht sein, warnt der Journalist. "Also, man wird bestimmt nicht den Missbrauchsskandal, der ja nun etwas Riesiges ist in der katholischen Kirche – vor allem etwas riesig Schlimmes –, den wird man bestimmt nicht durch ein neues Framing sozusagen ersetzen können. Das wird nicht funktionieren."
(uko)

Adam Soboczynski wurde 1975 im polnischen Toruń geboren. Er siedelte 1981 mit seiner Familie vor Ausrufung des Kriegsrechts aus der damaligen Volksrepublik Polen in die Bundesrepublik Deutschland über. Der Journalist ist studierter Literaturwissenschaftler und leitet das Feuilleton der Wochenzeitung "Die Zeit".

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