Grenzüberschreitung der Menschenwürde
Worum geht es: Um einen Kampf zweier Männer in einem als Käfig umgebauten Boxring bei dem fast alles erlaubt ist, was in traditionellen Zweikampfsportarten (noch) verboten ist. "Ultimate Fighting" nennt sich diese Kampf- Show. Sie wurde Ende der 1980er-Jahre in den USA aus einer Kombination aus Boxen, Kickboxen, Karate und Jui-Jitsu entwickelt und verspricht einen Zweikampf ohne Tabus.
Nachdem in Amerika zunächst Zuschauer in Scharen zu diesem "Bloodsport" strömten und ihm dadurch zur schnellen Anerkennung und Einschaltquoten verhalfen, reagierte die Politik und verbot diese Show.
Eine Situation, die sich jedoch 2001 änderte. Durch die Etablierung einiger formaler Handlungsregeln, wurde der Eindruck erweckt, beim Ultimate Fighting handelt es sich um einen modernen Triathlon von Zweikampfsportarten, der an die griechische Tradition des Pankration anknüpfen kann, bei dem Boxen, Ringen, Würgen, Kinnstöße, Knochenbrechen, also außer kratzen und beißen alles erlaubt war.
Den Kampfplatz im Ultimate Fighting bildet das sogenannte Octagon, ein achteckiger Käfig aus Maschendraht, in dem die Kämpfer ohne Matte, ohne gepolsterte, fingerlose Handschuhe gegeneinander antreten unter einer übergeordneten Regel: Feigheit vor dem Gegner ist verboten. In Köln strömten vor drei Wochen über 10.000 Zuschauer bei Preisen zwischen 50 und 280 Euro in die Halle, viele verfolgten es im kommerziellen Fernsehen.
Die weiterhin aktuelle Diskussion entzündet sich an zwei Fragen.
1. Wenn es Sport ist, muss man es dann nicht auch mit Bezug auf andere Zweikampfsportarten erlauben?
2. Wenn es kein Sport ist, darf diese nachgefragte Show-Veranstaltung mündigen Bürgern vorenthalten werden, beziehungsweise: Wenn man sie verbieten möchte, welche Gründe ließen sich dafür nennen?
Bei der Beantwortung beider Fragen gibt es eine übergeordnete Beurteilungsperspektive: Den Paragraf eins des Grundgesetzes, der die Würde des Menschen als unantastbar erklärt.
Konkret bezogen auf die erste Frage bedeutet das:
Alle Regeln, die Sportler in verschiedenen Sportarten freiwillig im Sinne eines zeitlich befristeten, wechselseitigen Handlungsvertrages eingehen und die wie zum Beispiel im Boxen oft eine Reihe alltagsweltlicher Rechte außer Kraft setzen, folgen zwei Prinzipien: Dem sportimmanenten Prinzip eines ergebnisoffenen Wettbewerbs zur Ermittlung des Besten und einem sportübergreifenden Prinzip, das dem Einzelnen jeden Augenblick erlaubt, diese Sonderregeln aufzukündigen.
Ultimate Fighting missachtet diese Regelfundamente. Es versucht, durch einen formalen Regelrahmen sich den Status eines geregelten Wettkampfes zu erschleichen. Im Mittelpunkt steht die Show wie im Catchen und nicht die Ermittlung der Besten und die Feigheitsregel verhindert eine selbstbestimmte Aufkündigung der Teilnahme. Das heißt, der Verweis auf den Sport ist völlig unangemessen.
Bezogen auf die gesellschaftspolitische zweite Frage, ob solche Veranstaltungen überhaupt stattfinden dürfen, sollte das allgemeine Prinzip der subjektbezogenen Menschenwürde überall maßgeblich sein, wo die Gefahr besteht, dass Menschen zu Objekten werden und dies als Subjekte nicht mehr rückgängig machen können, wie zum Beispiel beim Zwergenweitwurf, bei dem Kleinwüchsige zur Volksbelustigung zu Objekten gemacht wurden.
Die Gesellschaft ist aufgefordert, diese kalkulierte Überschreitung von Grenzen der Menschenwürde Einzelner, zur Belustigung Vieler im Sinne eines mündigen Bürgerverständnisses, selbstkritisch zu bewerten und diese als Innovation verkaufte Rückkehr zu brutalen Formen eines antiken Sports die Beteiligung zu verweigern.
Elk Franke ist Professor für Sportpädagogik und Sportphilosophie an der Humboldt-Universität Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Ethik und Ästhetik des Sports, Handlungstheorie und Bildungstheorie im Sport.
Eine Situation, die sich jedoch 2001 änderte. Durch die Etablierung einiger formaler Handlungsregeln, wurde der Eindruck erweckt, beim Ultimate Fighting handelt es sich um einen modernen Triathlon von Zweikampfsportarten, der an die griechische Tradition des Pankration anknüpfen kann, bei dem Boxen, Ringen, Würgen, Kinnstöße, Knochenbrechen, also außer kratzen und beißen alles erlaubt war.
Den Kampfplatz im Ultimate Fighting bildet das sogenannte Octagon, ein achteckiger Käfig aus Maschendraht, in dem die Kämpfer ohne Matte, ohne gepolsterte, fingerlose Handschuhe gegeneinander antreten unter einer übergeordneten Regel: Feigheit vor dem Gegner ist verboten. In Köln strömten vor drei Wochen über 10.000 Zuschauer bei Preisen zwischen 50 und 280 Euro in die Halle, viele verfolgten es im kommerziellen Fernsehen.
Die weiterhin aktuelle Diskussion entzündet sich an zwei Fragen.
1. Wenn es Sport ist, muss man es dann nicht auch mit Bezug auf andere Zweikampfsportarten erlauben?
2. Wenn es kein Sport ist, darf diese nachgefragte Show-Veranstaltung mündigen Bürgern vorenthalten werden, beziehungsweise: Wenn man sie verbieten möchte, welche Gründe ließen sich dafür nennen?
Bei der Beantwortung beider Fragen gibt es eine übergeordnete Beurteilungsperspektive: Den Paragraf eins des Grundgesetzes, der die Würde des Menschen als unantastbar erklärt.
Konkret bezogen auf die erste Frage bedeutet das:
Alle Regeln, die Sportler in verschiedenen Sportarten freiwillig im Sinne eines zeitlich befristeten, wechselseitigen Handlungsvertrages eingehen und die wie zum Beispiel im Boxen oft eine Reihe alltagsweltlicher Rechte außer Kraft setzen, folgen zwei Prinzipien: Dem sportimmanenten Prinzip eines ergebnisoffenen Wettbewerbs zur Ermittlung des Besten und einem sportübergreifenden Prinzip, das dem Einzelnen jeden Augenblick erlaubt, diese Sonderregeln aufzukündigen.
Ultimate Fighting missachtet diese Regelfundamente. Es versucht, durch einen formalen Regelrahmen sich den Status eines geregelten Wettkampfes zu erschleichen. Im Mittelpunkt steht die Show wie im Catchen und nicht die Ermittlung der Besten und die Feigheitsregel verhindert eine selbstbestimmte Aufkündigung der Teilnahme. Das heißt, der Verweis auf den Sport ist völlig unangemessen.
Bezogen auf die gesellschaftspolitische zweite Frage, ob solche Veranstaltungen überhaupt stattfinden dürfen, sollte das allgemeine Prinzip der subjektbezogenen Menschenwürde überall maßgeblich sein, wo die Gefahr besteht, dass Menschen zu Objekten werden und dies als Subjekte nicht mehr rückgängig machen können, wie zum Beispiel beim Zwergenweitwurf, bei dem Kleinwüchsige zur Volksbelustigung zu Objekten gemacht wurden.
Die Gesellschaft ist aufgefordert, diese kalkulierte Überschreitung von Grenzen der Menschenwürde Einzelner, zur Belustigung Vieler im Sinne eines mündigen Bürgerverständnisses, selbstkritisch zu bewerten und diese als Innovation verkaufte Rückkehr zu brutalen Formen eines antiken Sports die Beteiligung zu verweigern.
Elk Franke ist Professor für Sportpädagogik und Sportphilosophie an der Humboldt-Universität Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Ethik und Ästhetik des Sports, Handlungstheorie und Bildungstheorie im Sport.