Greifbar nah

Von Peter Kaiser · 24.01.2011
Als die Pixel neue Dimensionen für die Unterhaltungsindustrie eröffneten, profitierten auch Bereiche wie Fertigungsanwendungen, Simulationswelten, die Fotografie und andere davon. Recht still schickt sich im Moment eine neue Darstellungsform an, einen ähnlichen Siegeszug wie die Pixel seinerzeit zu unternehmen: die Holografie.
Und tatsächlich stehen als recht vollständig inzwischen die Holografien da, die derzeit in den USA entwickelt werden. Immer perfekter, immer realistischer werden die dreidimensionalen Bilder. Und schon werfen wie einst am Anfang der Digitalisierung sowohl Entertainment als auch Telemedizin, Fertigungstechnologen und Simulationsexperten begehrliche Blicke auf die Neuentwicklung. Denn sollten Holografien wie in den Zukunftsfilmen à la "Star Wars" hier Wirklichkeit werden, wäre das eine Revolution.

"Wenn man mal überlegt, was sehe ich da eigentlich in den Star Wars-Filmen? Prinzessin Lea steht vor R2D2 als holografische Projektion. Und sie ist ja, ich erinnere mich noch ziemlich gut daran, weil es uns alle beeindruckt hat, sie ist ja transparent, sie ist ja durchsichtig."

Dr. Bernd Duckstein vom Berliner Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut möchte sich mit der Transparenz allein nicht zufrieden geben:

"Für eine realistische Bilddarstellung stelle ich mir eigentlich etwas nicht Durchsichtiges vor, wenn ich so eine holografische Projektion oder Bildwiedergabe habe, dann bedeutet das, dass ich von meinem Standpunkt aus das Bild komplett sehen muss. Und ein neben mir Stehender muss es auch komplett sehen."

Hologramme sind also dreidimensionale, optische Motive, die bei der Betrachtung frei im Raum zu schweben scheinen. Anwendung finden sie in verschiedensten Bereichen: als Echtheitszertifikat auf Banknoten, bei der räumlichen Darstellung von endoskopischen Aufnahmen in der Medizin oder als Kunstexponate in Museen.
Die aktuellen Forschungen könnten aber zu einer völlig neuen Qualität führen: Die holografische Darstellung von bewegten Objekten. Ziel wäre die Darstellung von Menschen als holografische Videokonferenz, oder aber Ärzte, die von unterschiedlichen Orten auf der Welt als Hologramme an einem Körper operieren. Was sich wie Science Fiction à la "Star Wars" anhört, ist greifbar nah. Nasser Pyghambarian von der Universität of Arizona in Tuscon hat mit seinem Team einen neuen Bildschirm entwickelt, auf dem Hologramme nahezu realistisch entstehen:

"Das Display besteht aus einer bestimmten Sorte Plastik. Die maximale Größe ist 17 Zoll, wie ein normaler Monitor. Seine Funktion basiert auf dem Zusammenspiel von zwei Laserbeamern. Einer trägt die Information, die abgebildet werden soll, und der andere ist der Referenzbeamer. Sie sind miteinander verbunden und werden auf das Plastikdisplay gerichtet. Dabei entstehen helle und dunkle Bereiche. Wenn dann ein Lesegerät ins Spiel kommt, können diese holografischen Informationen gespeichert werden."

Für ihre Versuche fotografierten die US-amerikanischen Forscher im Sekundentakt ein Gesicht oder einen Gegenstand mit 16 Kameras. Ein extrem leistungsfähiger Computer hat daraus die holografischen Hogel − ähnlich der Digital-Pixel − errechnet. Die 3D-Informationen der Hogel gelangen dann per Datenleitung an einen Laser, der das neu entwickelte Plastikdisplay beschreibt.

Der Laser formt nun mit sechs Milliardstel Sekunden langen Impulsen helle und dunkle Bereiche, das Bild wird sichtbar. Da der Laser 50 Mal pro Sekunde feuert, braucht er nur 2 Sekunden, um das Hologramm ständig zu aktualisieren. Das reicht natürlich noch nicht für einen flüssigen Bewegungsablauf, aber dennoch sprechen die Forscher schon stolz von "Quasi-Echtzeit-Holografie".

Bernd Duckstein vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut entwickelt derzeit in seinem Berliner Labor 3D-Displays, die man ohne die herkömmliche Brille betrachten kann. Zur echten Holografie à la "Star Wars", meint er, ist es aber noch ein ziemlich weiter Weg:

"Das ist ein nicht zu unterschätzender Punkt, die Datenmengen, die da bewegt werden müssen, um bewegte Holographie wiederzugeben, sind enorm. Auch wenn wir das alle von unseren Computern her kennen, dass die Leistung sich jedes Jahr vervielfacht, aber da sind wirklich Datenmengen, die selbst unsere neuesten Computer zum Schwitzen bringen."

Diese Bedenken scheinen die US-Forscher nicht zu haben. Ihr Arbeitsfokus liegt ganz woanders, denn derzeit sind ihre neuen Displays erst 10 mal 10 Zentimeter klein:

"Die Maße des Displays müssen noch vergrößert werden, die Geschwindigkeit muss noch verbessert werden. Im Moment kann jedes Bild nur alle zwei Sekunden abgebildet werden. Wenn man Videos darstellen will, was ja das Ziel des Projektes ist, dann muss die Geschwindigkeit in der Größe von einem Faktor 16 liegen. Und die Projektion sollte menschliche Größe erreichen. Und zurzeit hat die Abbildung nur wenige Farben."

Schon jetzt denken die Forscher jenseits des Atlantiks über die Zeit nach, in der die Hundert-Prozent-Holografien für jedermann im wahrsten Sinne des Wortes "greifbar" sind. In etwa zehn Jahren, meint Nasser Pyghambarian, ist es soweit. Dann wären telemedizinische Anwendungen machbar, die Unterhaltungsindustrie würde enorm profitieren, das Militär, aber auch die Automobilindustrie und der Flugzeugbau.

"Sie könnten sich den sehr kostspieligen Bau von Prototypen ersparen, denn es wird möglich sein, das Design direkt am Display so zu fertigen, dass das holografische Modell auf dem Tisch steht. Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten, an die wir im Moment noch gar nicht denken. Wenn die Technologie erst mal zugänglich ist, nutzen die Leute es auf vielfältige Weise."
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