Gregor Sander
Die "ZEIT" widmet sich Geschlechterfragen. Die "FAZ" verreisst belletristische Sachbücher über Geschlechterfragen. Die "Süddeutsche" analysiert geschlechtsneutrale schwedische Grammatik. Und alle Feuilletons freuen sich darüber, dass Loriot posthum zum "Sprachwahrer des Jahres 2011" gewählt wurde.
"Lasst mich mit eurem Geschlecht in Ruhe!"
Unter dieser Überschrift kämpft sich Adam Soboczynski in der Wochenzeitung DIE ZEIT durch ein ewiges Thema.
"So viel Geschlecht war nie. Ja, es ist auf geradezu anstößige Weise so viel Geschlecht auf allen Kanälen und in allen Debatten, dass man angesichts der penetranten Beschäftigung mit unserer biologisch-kreatürlichen Verfasstheit erröten könnte. Ganz offenbar fühlen sich derzeit sowohl Frauen unwohl in ihrem Frausein als auch Männer unwohl in ihrem Mannsein.""
Die Frauenquote in deutschen Führungsetagen hält Soboczynski für überfällig und wünschenswert und doch sieht Normalität für ihn ganz anders aus:
"Erst wenn mit größter Selbstverständlichkeit Putzmänner in den vornehmen Münchner Haushalten den Boden schrubben und Soldatinnen in Afghanistan sterben, werden auch die letzten Geschlechtervorurteile beseitigt sein."
Die neuesten Bücher zu diesem Thema bespricht Edo Reents in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Es handelt sich um Ralf Bönts "Das entehrte Geschlecht - Ein notwendiges Manifest für den Mann" und Carolin Emckes "Wie wir begehren". Edo Reents fasst sie so zusammen:
"Bönt plaudert Familiäres aus und versucht sich an dilettantischen, haarsträubenden Deutungen Rousseaus, Simone de Beauvoirs und Alice Schwarzers - und wozu? Um zu zeigen, dass der Mann in den feministischen Debatten, von denen angeblich keine einzige das Wohl der Frau befördert hat, übersehen, ja, irgendwie sogar unterdrückt wurde.""
""Carolin Emcke berichtet, ebenfalls keinem erkennbaren Ordnungsprinzip verpflichtet, von Schulerlebnissen, Reporterreisen in den Nahen Osten, "Bravo"-Lektüre und Fummeleien - und wozu? Um zu zeigen, wie sie ihr "Begehren" und das Bedürfnis entdeckt hat, sich in Frauen, so die stehende Formulierung, 'hineinzulieben.'"
Was Edo Reents von diesen Büchern hält, macht er in der FAZ mehr als deutlich.
"Viele dieser belletristischen Sachbücher zu lesen, das ist, als erzählten einem wildfremde Menschen ihre persönliche Geschichte - mit Emphase, aber so unaufgeräumt, wie solche Erzählungen nun einmal sind. Und man denkt, ohne es freilich zu sagen: Was geht mich das an?"
Vielleicht ist es ganz tröstlich, dass wir mit dieser Art Geschlechterfragen nicht alleine stehen. Thomas Steinfeld berichtet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Wundersames aus Skandinavien.
"Ende Januar ist in Schweden das erste Kinderbuch in geschlechtsneutraler Sprache erschienen."
Die Worte sie und er werden in diesem Kinderbuch vermieden. Stattdessen wurde nicht etwa ein Neutrum benutzt, sondern ein neues Wort erfunden. Statt hon für sie und han für er heißt es in Schweden nun hen.
"Seitdem geht eine öffentliche Auseinandersetzung um die Sprache als Medium sexistischer Vorurteile durch das Land,"
so Thomas Steinfeld in der SZ.
"Für eine "neue Methode, Gleichberechtigung zu erreichen", erklärte Nyamko Sabuni, Schwedens Ministerin für Integration und Gleichstellung, das kleine Wort, während Maud Olofsson, die bekannteste Politikerin der Zentrumspartei, befürchtet, das Pronomen "hen" werde Kindern die Geborgenheit rauben."
Da wünscht man sich doch, Loriot würde noch leben und würde sich des kleinen Wörtchens hen annehmen und vermutlich einen abendfüllenden Film daraus machen. Doch da das nicht mehr möglich ist, geben wir hier mit Freuden folgende Nachricht wieder, die in fast allen Feuilletons vermeldet wird:
"Loriot ist "Sprachwahrer des Jahres 2011". Die Leser der Zeitschrift Deutsche Sprachwelt wählten den im vergangenen Jahr verstorbenen Humoristen mit 17,7 Prozent auf den ersten Platz, wie die Zeitschrift am Mittwoch in Erlangen mitteilte. Loriot habe die deutsche Sprache geprägt, wir verdanken ihm Wortschöpfungen wie die "Spannfedermuffe". Zudem habe er die deutsche Grammatik um das "zweite Futur bei Sonnenaufgang" bereichert."
Freuen würde sich Loriot über diese Nachricht sicher. Was er allerdings aus dem Wort "Sprachwahrer" gemacht hätte: Wir können es uns nur vorstellen.
Unter dieser Überschrift kämpft sich Adam Soboczynski in der Wochenzeitung DIE ZEIT durch ein ewiges Thema.
"So viel Geschlecht war nie. Ja, es ist auf geradezu anstößige Weise so viel Geschlecht auf allen Kanälen und in allen Debatten, dass man angesichts der penetranten Beschäftigung mit unserer biologisch-kreatürlichen Verfasstheit erröten könnte. Ganz offenbar fühlen sich derzeit sowohl Frauen unwohl in ihrem Frausein als auch Männer unwohl in ihrem Mannsein.""
Die Frauenquote in deutschen Führungsetagen hält Soboczynski für überfällig und wünschenswert und doch sieht Normalität für ihn ganz anders aus:
"Erst wenn mit größter Selbstverständlichkeit Putzmänner in den vornehmen Münchner Haushalten den Boden schrubben und Soldatinnen in Afghanistan sterben, werden auch die letzten Geschlechtervorurteile beseitigt sein."
Die neuesten Bücher zu diesem Thema bespricht Edo Reents in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Es handelt sich um Ralf Bönts "Das entehrte Geschlecht - Ein notwendiges Manifest für den Mann" und Carolin Emckes "Wie wir begehren". Edo Reents fasst sie so zusammen:
"Bönt plaudert Familiäres aus und versucht sich an dilettantischen, haarsträubenden Deutungen Rousseaus, Simone de Beauvoirs und Alice Schwarzers - und wozu? Um zu zeigen, dass der Mann in den feministischen Debatten, von denen angeblich keine einzige das Wohl der Frau befördert hat, übersehen, ja, irgendwie sogar unterdrückt wurde.""
""Carolin Emcke berichtet, ebenfalls keinem erkennbaren Ordnungsprinzip verpflichtet, von Schulerlebnissen, Reporterreisen in den Nahen Osten, "Bravo"-Lektüre und Fummeleien - und wozu? Um zu zeigen, wie sie ihr "Begehren" und das Bedürfnis entdeckt hat, sich in Frauen, so die stehende Formulierung, 'hineinzulieben.'"
Was Edo Reents von diesen Büchern hält, macht er in der FAZ mehr als deutlich.
"Viele dieser belletristischen Sachbücher zu lesen, das ist, als erzählten einem wildfremde Menschen ihre persönliche Geschichte - mit Emphase, aber so unaufgeräumt, wie solche Erzählungen nun einmal sind. Und man denkt, ohne es freilich zu sagen: Was geht mich das an?"
Vielleicht ist es ganz tröstlich, dass wir mit dieser Art Geschlechterfragen nicht alleine stehen. Thomas Steinfeld berichtet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Wundersames aus Skandinavien.
"Ende Januar ist in Schweden das erste Kinderbuch in geschlechtsneutraler Sprache erschienen."
Die Worte sie und er werden in diesem Kinderbuch vermieden. Stattdessen wurde nicht etwa ein Neutrum benutzt, sondern ein neues Wort erfunden. Statt hon für sie und han für er heißt es in Schweden nun hen.
"Seitdem geht eine öffentliche Auseinandersetzung um die Sprache als Medium sexistischer Vorurteile durch das Land,"
so Thomas Steinfeld in der SZ.
"Für eine "neue Methode, Gleichberechtigung zu erreichen", erklärte Nyamko Sabuni, Schwedens Ministerin für Integration und Gleichstellung, das kleine Wort, während Maud Olofsson, die bekannteste Politikerin der Zentrumspartei, befürchtet, das Pronomen "hen" werde Kindern die Geborgenheit rauben."
Da wünscht man sich doch, Loriot würde noch leben und würde sich des kleinen Wörtchens hen annehmen und vermutlich einen abendfüllenden Film daraus machen. Doch da das nicht mehr möglich ist, geben wir hier mit Freuden folgende Nachricht wieder, die in fast allen Feuilletons vermeldet wird:
"Loriot ist "Sprachwahrer des Jahres 2011". Die Leser der Zeitschrift Deutsche Sprachwelt wählten den im vergangenen Jahr verstorbenen Humoristen mit 17,7 Prozent auf den ersten Platz, wie die Zeitschrift am Mittwoch in Erlangen mitteilte. Loriot habe die deutsche Sprache geprägt, wir verdanken ihm Wortschöpfungen wie die "Spannfedermuffe". Zudem habe er die deutsche Grammatik um das "zweite Futur bei Sonnenaufgang" bereichert."
Freuen würde sich Loriot über diese Nachricht sicher. Was er allerdings aus dem Wort "Sprachwahrer" gemacht hätte: Wir können es uns nur vorstellen.