Grand Opéra von Hector Berlioz in Wien

Schicksal gegen große Liebe

Inmitten einen Miniaturwelt steht die Königin und wird von Bewohnern umjubelt.
Dido (Joyce DiDonato) ist Herrscherin über eine blühende Stadt: Karthago. © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Moderation: Ulrike Klobes · 15.12.2018
Mit "Les Troyens" hat Hector Berlioz eine Oper enormen Ausmaßes geschaffen. Darin wird griechischer Sagenstoff lebendig: Der Untergang Trojas, den Cassandra vorhersah, und die große Liebe zwischen Dido und Aneas, die am Ruf der Götter scheitert.
Diese Oper muss man sich leisten wollen. Kaum eine andere verlangt ein so großes Set an Musikern, Sängern und grandiosen Bühnenbildern. Die Staatsoper Wien hat nach 40 Jahren das Werk "Les Troyens" von Hector Berlioz (1803 – 1869) neu aufgelegt. Deutschlandfunk Kultur präsentiert diese Inszenierung, in der die Mezzosopranistin Joyce DiDonato in der Rolle der vom Schicksal überrollten Königin Dido zu hören ist.
Dido und Aeneas sind in einer paradiesischen Umgebung, am Himmel schwebt eine Scheibe, auf der eine Stadt montiert ist - Rom soll gebaut werden
Dido (Joyce DiDonato) und Aeneas (Brandon Jovanovich) in Liebe entbrannt - doch die göttliche Aufgabe, Rom zu erbauen, ist immer gegenwärtig© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Berlioz komponierte seine Oper zwischen 1856 und 1864. Die Kraft der Bühnenverwandlungen und grandiosen - wenn auch gefährlichen - Beleuchtungsmöglichkeiten jener Zeit ließen die Idee aufkeimen, ein solch massives Werk überhaupt anzugehen. Berlioz war ein Komponist, der Größe in der Besetzung regelrecht provozierte und in dieser Oper fulminant auslebte.

Flucht befohlen

Erzählt wird die Geschichte von Aeneas, der Troja gerade noch so verlassen kann. Die Stadt hat die Warnungen der Cassandra nicht gehört und feiert ein ausgiebiges Fest, in dem das große Pferd, das vollgestopft mit schwer bewaffneten Griechen vor den Toren der Stadt wartete, in die Mauern von Troja gezogen wird.
Ein riesiges Pferd aus Metallbestandteilen ist von einer Menschenmenge umringt.
Die berühmteste Kriegslist der Griechen: ihr Trojanisches Pferd wird in die Stadt gelassen.© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
In der Nacht folgt der Überfall - viele der Frauen entfliehen der Eroberer-Gewalt durch einen Freitod auf dem Scheiterhaufen, unter ihnen auch Cassandra. Aeneas aber segelt davon, er ist dem Ruf gefolgt, den er vom Schatten seines verstorbenen Vaters erhalten hat: es war eine Aufforderung, die Stadt zu verlassen, um eine neue Troja-ähnliche Stadt in Italien zu gründen.

Liebeszauber nach Sturmeswut

Auf dem Seeweg nach Italien wird die Reise durch einen Sturm unterbrochen. Der Trupp um Aeneas landet an den Ufern Karthagos, wo Königin Dido herrscht. Sie ist eine Frau, die das Schicksal schon kennen gelernt hat: sie hat ihren Ehemann verloren, dem sie sehr nachhängt und hat gelichzeitig tatkräftig die Stadt Karthago innerhalb von sieben Jahren aufgebaut. Bedroht wird sie gerade vom nubischen König, der gierig nach ihrem Land und ihrer Stadt greift.
Aeneas bietet natürlich sofort seine Hilfe an und besiegt die Fremden. Die Königin vergisst daraufhin, wenn auch zögernd, ihre Trauer und lässt die Liebe zu Aeneas zu. Beide erleben eine ausgiebige Romanze im paradiesischen Umfeld. Zauberwald und Grottenbauten, Tanz der Elfen inklusive.

Ruf der Schatten

Doch Aeneas ist von Schatten verfolgt. Sie gemahnen in der Gestalt von Merkur immer wieder "Italien!" und erinnern permanent an das eigentliche Ziel seiner Reise. Aeneas weiß, dass er sich diesem Ruf nicht entziehen kann und verlässt überstürzt Königin Dido mit seiner segelnden Crew. Dido wird über diesen Verlust rasend, ungerecht und von Rache erfüllt - sie greift zum Äußersten und ruft Hades an. Mit einer großen Aktion versucht sie, die Liebe zu vergessen und will ihre Erinnerungen in einem großen Feuer ersticken und häuft alle Dinge, die sie an Aeneas erinnern zusammen, um ein Brandopfer zu geben.

Während dieser Opfergaben-Show ersticht sie sich im Wahn mit Aeneas Schwert, das ebenfalls zurück blieb. In ihren letzten Momenten kann sie die große ewige Stadt, also Rom, sehen, die Aeneas gründen wird. Aber auch die Sicherheit erfahren, dass selbst dieses Reich einmal stürzen wird und sich damit gerächt fühlen darf.
(CdR)
Auf einem großen Berg von Stoffen und Gegenständen steht Königin Dido und zückt das zurück gebliebene Schwert von Aeneas.
Alles was Aenes zurückgelassen hat: Scherz und ein Schwert für den Freitod für Dido (Joyce DiDonato)© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Eine Aufzeichnung der Oper vom 17. Oktober an der Wiener Staatsoper
Hector Berlioz
"Les Troyens", Grand opéra in fünf Akten
Libretto vom Komponisten nach Virgils Aeneis

Aeneas, trojanischer Held - Brandon Jovanovich, Tenor
Choroebus, junger asiatischer Prinz - Adam Plachetka, Bariton
Pantheus, trojanischer Priester - Peter Kellner, Bass
Narbal, Minister der Dido - Jongmin Park, Bass
Jopas, tyrrhenischer Dichter bei Dido - Paolo Fanale, Tenor
Askanius, Sohn des Aeneas - Rachel Frenkel, Sopran
Kassandra, trojanische Prophetin - Monika Bohinec, Mezzosopran
Dido, Königin von Karthago - Joyce DiDonato, Mezzosopran

Chor und Orchester der Wiener Staatsoper
Leitung: Alain Altinoglu

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