Grand Egyptian Museum

Ein neuer Palast für Tutenchamun und Co.

Bauarbeiter stehen am 5.5.2018 auf einem Gerüst auf der Baustelle im Grand Egyptian Museum in der Nähe von Gizeh
Ramses II. ist schon da: Bauarbeiter auf der Baustelle im Grand Egyptian Museum © imago/Xinhua
Von Jürgen Stryjak · 15.01.2019
In Ägypten wird das nach eigenen Angaben größte archäologische Museum der Welt gebaut - unweit der Pyramiden von Gizeh entsteht eine Ausstellung von unglaublichen Ausmaßen. Die Schau soll mehr als 50.000 Artefakte präsentieren.
Die letzte große Reise von Ramses II. wurde zum Volksfest. Als seine Kolossalstatue vor zwölf Jahren vom Kairoer Hauptbahnhof in die Nähe des neuen Ägyptischen Museums gebracht wurde, säumten Tausende die 35 Kilometer lange Strecke, sie jubelten dem Pharao zu und applaudierten.
Nun steht er da – 3200 Jahre alt, 80 Tonnen roter Granit, 14 Meter hoch – und wartet im Atrium des neuen ägyptischen Museums auf die Eröffnung.
Unweit der Pyramiden von Gizeh wird das GEM gebaut - ein Museum der Superlative.
Unweit der Pyramiden von Gizeh wird das GEM gebaut - ein Museum der Superlative.© picture alliance / dpa / Photoshot
Das Grand Egyptian Museum ist ein Bau der Superlative. Das irische Architekturbüro Heneghan Peng hat eine Art künstliches Felsplateau entworfen. Die Hauptfassade aus Glas und Alabaster ist fast einen Kilometer lang.
Das mehr als 100 Jahre alte Ägyptische Museum am Tahrir-Platz im Stadtzentrum ist längst zu einer Art Rumpelkammer geworden. Das neue Museum habe fünf Mal mehr Ausstellungsfläche, sagt Tarek Tawfik, sein Generaldirektor.
"Von den 50.000 Artefakten, die hier ausgestellt werden sollen, sind 20.000 nie zuvor gezeigt worden."

27 Meter hohes Panoramafenster

Der Ägyptologe mit der deutschen Mutter, der in Bonn promoviert hat, weiß gar nicht, wovon er zuerst schwärmen soll, von der Piazza vor dem Haupteingang mit einem der größten altägyptischen Obelisken oder vom Atrium, in dem die Kollossalstatue von Ramses II. die Besucher begrüßen wird. Oder von der majestätischen Treppe, die nach oben zum Licht führt und auf der 87 der wichtigsten Exponate stehen werden. Am Ende der Treppe, gewissermaßen als Belohnung für den Aufstieg, sieht der Besucher durch ein 27 Meter hohes Panoramafenster die Pyramiden von Gizeh – in nur 2000 Metern Entfernung.
"Man hat dann die Wahl: Entweder man geht rechts zu den Galerien von Tutenchamun und taucht in die Welt dieses jungen Königs ein. Oder man geht nach links in die chronologischen Galerien, die durch mehr als 45.000 Artefakte diesen Reichtum des Alten Ägyptens wiedergeben."
Die Totenmaske des Pharaos Tutanchamun im ägyptischen Museum in Kairo
Die Totenmaske des Pharaos Tutanchamun: Ihm wird im neuen Museum eine ganze Galerie gewidmet.© picture alliance /dpa /Roland Scheidemann
Piazza und Atrium, die Treppe und die Tutenchamun-Galerie mit der berühmten Goldmaske des Königs sowie etliche andere Ausstellungsbereiche sollen 2020 feierlich eröffnet werden, der Rest bis 2022.
"Der Star dieser Ausstellung wird natürlich König Tutenchamun sein. Auf 7000 Quadratmetern wird zum ersten Mal der komplette Tutenchamun gezeigt. Zum ersten Mal zeigt Ägypten die gesamten über 5000 Artefakte, die in dem Grab gefunden wurden." Bislang waren es im Museum in der Innenstadt nur 1800.

400 Mitarbeiter sind schon in den Werkstätten aktiv

Bereits jetzt arbeiten rund 400 Mitarbeiter in den hochmodernen Werkstätten des Museums, unter anderem Spezialisten für Holz, Leder und Textilien. Denn alle Exponate sollen, bevor sie ins Museum gestellt werden, noch einmal restauriert werden. An der Decke in einer der Hallen bewegt sich ein Kran, der Altertümer heben kann, selbst wenn sie 20 Tonnen schwer sind.
Viele der Mitarbeiter sind Muslime. Für sie hallt mehrmals täglich der Gebetsruf durch die Werkstätten.
Arbeit in den Werkstätten des GEM: Jedes Exponat soll noch einmal restauriert werden.
Arbeit in den Werkstätten des GEM: Jedes Exponat soll noch einmal restauriert werden.© picture alliance / dpa / Xinhua News Agency / Ahmed Gomaa
Den Auftrag zur Gestaltung der wichtigsten Ausstellungsbereiche bekam vor zwei Jahren die Firma Atelier Brückner aus Stuttgart.
"Das war natürlich der totale Wahnsinn. Ich konnte mir damals nie vorstellen, dass wir mal das größte Museum der Welt gestalten werden."
Shirin Brückner betreibt die Firma mit ihrem Mann zusammen. Das Herzstück ihrer Arbeit ist natürlich die Tutenchamun-Galerie:
"Wir haben zum Beispiel eine 1:1-Rekonstruktion des kompletten Grabes, und wir haben Projektionen von historischem Bildmaterial, so dass der Besucher verstehen kann, dass alles, was er sieht, dass das wirklich alles in diesem Grab war."

Auch an die Kinder wurde gedacht

Aber auch das Konzept für das große Kindermuseum innerhalb des Komplexes stammt vom Atelier Brückner.
"Da erklären wir, welche Stellung Pharaonen hatten, wie das alltägliche Leben war, wie die Spiele gespielt haben, wie die Könige angezogen waren."
Egal ob Erwachsene oder Kinder – der Museumsbesuch muss sie berühren.
"Sobald emotionale Geschichten erzählt werden, ist es wie bei einem guten Buch, einem guten Film: Ist die Geschichte gut, macht’s Spaß – und so ist es im Museum letztendlich auch."
Museumsdirektor Tarek Tawfik freut sich besonders darauf, dass die Artefakte der Königin Hetepheres gewissermaßen heimkehren. Die Grabbeigaben der Mutter von König Cheops wurden einst ganz in der Nähe des neuen Museums gefunden.
"Sie werden direkt vor den großen Glasfassaden ausgestellt werden, die direkt über den Entdeckungsplatz schauen. Das ist ein Erlebnis, auf das ich mich schon freue. Das ist eine derartig innige Beziehung – so sollte ein Museum sein."
Die Büste der Nofretete im Neuen Museum in Berlin, aufgenommen 2014
Die Büste der Nofretete: Kehrt sie nach Ägypten zurück?© picture alliance / dpa / Soeren Stache
Nach Fertigstellung soll das Grand Egyptian Museum das größte archäologische Museum der Welt sein. Eigentlich könnte dann ja auch die berühmteste Ägypterin nach Hause zurückkehren. Die Büste der Nofrete – oder Nefertiti – befindet sich derzeit in Berlin.
"Nefertiti ist ein Botschafter Ägyptens in Deutschland. Wenn Ägypten seinen Botschafter zurückbeordern will in der Zukunft, dann ist hier Platz dafür."
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