Gott feiert sein "fettes Comback"

Von Gerd Brendel · 02.11.2006
In dieser Woche wurde die "Bibel in gerechter Sprache" zum ersten Mal in einem Gottesdienst in Hessen benutzt .Die erste Auflage war innerhalb von drei Wochen vergriffen. Und die peppige "Volxbibel" wird längst nicht nur von Jugendlichen gelesen. Beides sind Versuche, die Bibel als lebendigen Text für die heutige Zeit zu präsentieren.
Lied: "Sonne der Gerechtigkeit , gehe auf zu unserer Zeit"

Ja, gerecht ist der Gott der Bibel. Da nimmt es nicht Wunder, dass seine Worte endlich auch vom Licht der göttlichen Gerechtigkeit beschienen werden. Es wurde Zeit für eine neue Übersetzung der biblischen Offenbarungen von Eva bis Maria von Magdala in gerechter, inklusiver Sprache. Nicht nur neue weibliche Gottesnamen wie "die Ewige" oder "die Heilige" finden sich in der "Bibel in gerechter Sprache". Auch der Adressatenkreis der Botschaft wurde vergrößert: Die Propheten wettern gegen Israeliten und Israelitinnen, Jesus zieht mit Jüngern wie Jüngerinnen durchs Land.

"Es gibt drei große Bereiche, in denen die Bibel in der gerechten Sprache einen Neunanfang versucht. Das ist zum einen die Gender-Gerechtigkeit. Dass die Frauen, die oft in der Bibel nicht genannt werden, dass man die versucht sichtbar zu machen."

Erklärt Elisabeth Raiser, Kirchentags-Präsidentin und Mitglied im Beirat des gerechten Bibel-Projekts.

"Und das eine, das andere kommt aus dem jüdisch-christlichen Dialog , dass die Bibel in gerechter Sprache versucht die doch weit gestreuten antijudaistischen Formulierungen herauszunehmen. Und das ist überhaupt das Grundprinzip dieser Bibel in gerechter Sprache: Dass sie versuchen, die Bibel, die ein lebendiges Buch .ist, diese Bibel heute lebendig zu machen, und dem Urtext gerecht zu werden."

Die Bibel als lebendigen Text für die heutige Zeit präsentieren: Das will auch der Theologe und Drogenberater Martin Dreyer: Zum Gebrauch für seine "Jesus-Freaks" hat er die "Volxbibel" geschrieben: Die Schrift in Jugend-Deutsch, statt beten schreibt Dreyer von "labern mit Gott", am siebten Tag lässt er den Schöpfer "chillen" und zur Auferstehung feiert Gott in Dreyers Text sein "fettes Comeback".

Bleibt bei soviel Gegenwart im Text nicht die historische Wahrheit auf der Strecke? Wird die Welt der Bibel da nicht mit philologischen Tricks aus einer patriarchalen Gesellschaft nicht in eine ideale Gleichberechtigungsgesellschaft umgemodelt? Die Übersetzerinnen der "Bibel in gerechter Sprache" berufen sich auf jahrzehntelange Forschungen und bringen die Originaltexte gegen spätere Auslegungstraditionen in Stellung. In den Evangelien schließen sie zum Beispiel von den wenigen namentlich erwähnten Gemeindevorsteherinnen und Anhängerinnen Jesu auf eine Vielzahl aktiver Frauen in der Urkirche und übersetzen das griechische "Mathetai" mit "Jünger und Jüngerinnen", denn erst später seien die Frauen aus den Leitungsämtern verdrängt worden. Aber trotz aller neuer Erkenntnisse, für Raiser und ihre Kolleginnen wollen die Arbeiten ihrer Vorgänger nicht ersetzten.

"Diese neue Bibel will ein Diskussionsbeitrag sein für die Fragen, wie können wir die Bibel heute verstehen."

Ein Luther-Zitat im Vorwort der "Bibel in gerechter Sprache" relativiert die eigene Arbeit als eine von vielen:

"Wenn doch jede einzelne Stadt ihren eigenen Übersetzer oder Dolmetscher hätte, damit dieses Buch allein in jedermanns Sprache, Hand, Augen , Ohren und Herzen wäre."