"Got the look"
Vom stattlichen Plakat bis zum winzigen Flyer bebildert die multimediale Ausstellung "Got the look" im Kölner Museum für Angewandte Kunst einen Spaziergang durch 50 Jahre Popgeschichte. Sie beweist, dass die sichtbare "Verpackung" von Musik genauso den Wandel des Geschmacks widerspiegelt wie der klingende Inhalt.
Bevor der Applaus im Scheinwerferlicht aufbrandet, bevor die Musik die Ohren der Fans erreicht, haben sie sich längst ein Bild von der Musik gemacht: ein Plakat oder einen Werbezettel mit der Konzertankündigung gelesen, vielleicht auch eine Platte ihrer Band oder ihres Stars gekauft. Und das Image hat vielleicht nicht wenig mit darüber entschieden, wie der Sound ankommt. Die Augen hören mit.
Uwe Husslein: " Die Idee der Ausstellung war, 50 Jahre Geschichte der Populären Musik zu dokumentieren und die Geschichte erzählen wir am Beispiel von Plakaten. Und Plakate unterliegen ja Moden genauso wie Architektur oder andere Formen von Kunst, und da kann man sehr schön den Wandel der Zeiten erkennen und natürlich ändern sich auch die Klänge. Eine Ella Fitzgerald 1969 hört sich ganz anders an wie Jimmy Hendrix 1968 oder die "Sex Pistols" 1977 oder "Mouse on mars", eine aktuelle Kölner Elektronikband, im Jahr 2003. Dieses ganze Spektrum kann man hier sowohl sehen als auch hören."
Uwe Husslein, der Kurator der Ausstellung im Kölner Museum für Angewandte Kunst, ist mit der Materie lange vertraut – als Leiter des Kölner Musikarchivs dokpop und Mitbegründer der Popcom, aber auch als Musikenthusiast, der so manches der jetzt zu Museumsehren gebrachten Plakate selbst vor dem achtlosen Abreißen bewahrt und gerettet hat. Denn scheinbar wertlose Massenware übersteht die Zeiten ja schlecht und wird irgendwann rar:
" Bei einigen Veranstaltungen war ich selber vor Ort und es gab die Möglichkeit, solche Plakate zu bekommen. Es gibt seit über 20 Jahren auch Kontakte zu den Künstlern, zu den Grafikern, die Material dem Archiv verkauft haben oder auch geschenkt."
Der Star unter den ausgestellten Grafikern ist Andy Warhol, der mehr als 50 Plattencover entworfen hat; unter anderem für die New Yorker Band "Velvet Underground" und für die "Rolling Stones". Zum ersten Mal ist dieser Zweig seiner Aktivitäten komplett in einer Ausstellung dokumentiert.
Was sonst eher flüchtig wahrgenommen wird: auf Plakatsäulen, an Bauzäunen, in U-Bahntunneln – füllt jetzt in Köln zwei Etagen im hohen Lichthof des Museums und noch einen angrenzenden Saal. Es beginnt mit den Plakaten, die in den 50er Jahren den Jazz in Deutschland populär machten: strenge Schwarz-Weiß-Optik, tanzende Lettern – später die leicht verfremdeten Umrisse von Instrumenten, wie sie die bis heute immer wieder zitierten Plakate des Grafikers Günter Kieser prägten. Insgesamt eher funktionell, informativ, schnell und preiswert herzustellen. Plakate als Imagekampagne, als Teil der Show – das wurde dann virtuos gehandhabt von den Beatles. Weder das berühmte Sgt. Pepper-Plakat mit allen vieren in Phantasieuniformen fehlt in der Schau noch sein Gegenstück – das demonstrativ puristische White Album, das wirklich nur eine völlig leere weiße Hülle hatte.
Höhepunkte der Schau dann die flirrend farbigen Poster, die mit verschwimmenden Konturen und Augen täuschenden Mustern schon optisch die Grenzüberschreitungen versprachen, die die Fans psychedelischer Musik in den 70er Jahren im Musikerlebnis suchten.
Und ihr karges schwarz-weißes Gegenteil: die billigen, unscharfen, kopierten Fotomontagen mit provozierenden Sprüchen, mit der die Punks auf Plakaten und Flyern ihre antikommerzielle Haltung zum Ausdruck bringen.
Husslein: Es gibt ein schönes Zitat von dem Kulturkritiker Diederich Diederichsen, der sagte: Popmusik hat nur zu geringen Teilen mit Musik zu tun.
Dass es bei den Popplakaten immer auch um ein Identitätsgefühl, um den Reflex auf soziale Zustände, um den Ausdruck von Zusammengehörigkeit – oder Ausgrenzung – geht, ist in der Kölner Ausstellung spannend zu erleben. Poster und Plattencover werden Zeitzeugen, die gesellschaftliche Tendenzen und kulturelle Entwicklungen widerspiegeln: sei es in romantischen Retrotrends wie der neuen Konjunktur des Jugendstils in der Hippiezeit der 60er, sei es in Tendenzen zu Sexismus und Gewalt, wie sie in den 90er Jahren spürbar werden.
Service:
Die Ausstellung "Got the look"- Graphik der Popmusik ist im Museum für Angewandte Kunst in Köln vom 15. Juli bis 18. September 2005 zu sehen.
Uwe Husslein: " Die Idee der Ausstellung war, 50 Jahre Geschichte der Populären Musik zu dokumentieren und die Geschichte erzählen wir am Beispiel von Plakaten. Und Plakate unterliegen ja Moden genauso wie Architektur oder andere Formen von Kunst, und da kann man sehr schön den Wandel der Zeiten erkennen und natürlich ändern sich auch die Klänge. Eine Ella Fitzgerald 1969 hört sich ganz anders an wie Jimmy Hendrix 1968 oder die "Sex Pistols" 1977 oder "Mouse on mars", eine aktuelle Kölner Elektronikband, im Jahr 2003. Dieses ganze Spektrum kann man hier sowohl sehen als auch hören."
Uwe Husslein, der Kurator der Ausstellung im Kölner Museum für Angewandte Kunst, ist mit der Materie lange vertraut – als Leiter des Kölner Musikarchivs dokpop und Mitbegründer der Popcom, aber auch als Musikenthusiast, der so manches der jetzt zu Museumsehren gebrachten Plakate selbst vor dem achtlosen Abreißen bewahrt und gerettet hat. Denn scheinbar wertlose Massenware übersteht die Zeiten ja schlecht und wird irgendwann rar:
" Bei einigen Veranstaltungen war ich selber vor Ort und es gab die Möglichkeit, solche Plakate zu bekommen. Es gibt seit über 20 Jahren auch Kontakte zu den Künstlern, zu den Grafikern, die Material dem Archiv verkauft haben oder auch geschenkt."
Der Star unter den ausgestellten Grafikern ist Andy Warhol, der mehr als 50 Plattencover entworfen hat; unter anderem für die New Yorker Band "Velvet Underground" und für die "Rolling Stones". Zum ersten Mal ist dieser Zweig seiner Aktivitäten komplett in einer Ausstellung dokumentiert.
Was sonst eher flüchtig wahrgenommen wird: auf Plakatsäulen, an Bauzäunen, in U-Bahntunneln – füllt jetzt in Köln zwei Etagen im hohen Lichthof des Museums und noch einen angrenzenden Saal. Es beginnt mit den Plakaten, die in den 50er Jahren den Jazz in Deutschland populär machten: strenge Schwarz-Weiß-Optik, tanzende Lettern – später die leicht verfremdeten Umrisse von Instrumenten, wie sie die bis heute immer wieder zitierten Plakate des Grafikers Günter Kieser prägten. Insgesamt eher funktionell, informativ, schnell und preiswert herzustellen. Plakate als Imagekampagne, als Teil der Show – das wurde dann virtuos gehandhabt von den Beatles. Weder das berühmte Sgt. Pepper-Plakat mit allen vieren in Phantasieuniformen fehlt in der Schau noch sein Gegenstück – das demonstrativ puristische White Album, das wirklich nur eine völlig leere weiße Hülle hatte.
Höhepunkte der Schau dann die flirrend farbigen Poster, die mit verschwimmenden Konturen und Augen täuschenden Mustern schon optisch die Grenzüberschreitungen versprachen, die die Fans psychedelischer Musik in den 70er Jahren im Musikerlebnis suchten.
Und ihr karges schwarz-weißes Gegenteil: die billigen, unscharfen, kopierten Fotomontagen mit provozierenden Sprüchen, mit der die Punks auf Plakaten und Flyern ihre antikommerzielle Haltung zum Ausdruck bringen.
Husslein: Es gibt ein schönes Zitat von dem Kulturkritiker Diederich Diederichsen, der sagte: Popmusik hat nur zu geringen Teilen mit Musik zu tun.
Dass es bei den Popplakaten immer auch um ein Identitätsgefühl, um den Reflex auf soziale Zustände, um den Ausdruck von Zusammengehörigkeit – oder Ausgrenzung – geht, ist in der Kölner Ausstellung spannend zu erleben. Poster und Plattencover werden Zeitzeugen, die gesellschaftliche Tendenzen und kulturelle Entwicklungen widerspiegeln: sei es in romantischen Retrotrends wie der neuen Konjunktur des Jugendstils in der Hippiezeit der 60er, sei es in Tendenzen zu Sexismus und Gewalt, wie sie in den 90er Jahren spürbar werden.
Service:
Die Ausstellung "Got the look"- Graphik der Popmusik ist im Museum für Angewandte Kunst in Köln vom 15. Juli bis 18. September 2005 zu sehen.