Google löscht Blog von US-Autor Dennis Cooper

GAU für das Online-Publizieren?

Mann tippt bei Dunkelheit am Computer
Zehn Jahre lang arbeitete Autor Dennis Cooper an seinem Blog - jetzt ist sein Werk verschwunden. © imago/Westend61
Stephan Porombka im Gespräch mit Timo Grampes · 01.08.2016
Vor rund einem Monat löschte Google den Blog des prominenten US-Autors Dennis Cooper - ohne Begründung. Literaturwissenschaftler Stephan Porombka vermutet, dass die Blog-Inhalte der Grund waren. Hier gehe es aber nicht nur um Coopers Werk, sondern um grundsätzliche Fragen.
Am 27. Juni wurde der Google-Account von Dennis Cooper gelöscht. Problematisch wäre das für jeden der vielen Google-User, aber für Dennis Cooper und die Literaturwelt ist die Sache existenziell. Cooper ist hierzulande ziemlich unbekannt, aber in den USA ein Star - nicht nur wegen seiner Bücher, sondern gerade auch wegen seines auf Googles Plattform "Blogger" gehosteten Blogs "DC's", das ein Hotspot für Literatur und Netz-Ästhetik schlechthin war. Darauf hat er über zehn Jahre veröffentlicht, darunter zwei Romane, die hauptsächlich aus .gif-Dateien bestehen.
Coopers Schriftstellerkollege Clemens J. Setz schrieb in einem Text in der "TAZ" über den Verlust. Dass Coopers Romane und Theaterstücke zu den großartigsten Werken der Weltliteratur gehörten. Und dass er gerade trauere um den Verlust des cooperschen Herzstücks - eben seines Blogs.
Für das Löschen von Coopers Blog lieferte Google keine Begründung - trotz zahlreicher Nachfragen. Eine ehemalige Google-Mitarbeiterin, zitiert im "New Yorker", meint, es könne sich um ein Versehen gehandelt haben. Cooper selbst vermutet, es habe mit den Inhalten zu tun.

Inhalte in Clouds können "von heute auf morgen verschwinden"

Diese Vermutung teilt auch Stephan Porombka, Professor für Texttheorie und Textgestaltung an der Berliner Universität der Künste. Er sagte im Deutschlandradio Kultur:
"Natürlich können wir vermuten, dass es was mit den Inhalten zu tun hat, dass es etwas mit pornografischen Verweisen zu tun hat, mit kleinen Fundstücken, die er gesammelt hat auf Dating-Portalen, die er als kleine poetische Versatzstücke präsentiert hat - und die zum Teil natürlich Homosexualität vorführen, die zum Teil auch kinderpornografische kleine Verweise vorführen, Vergewaltigungspraktiken von anderen Seiten kopieren und zeigen.
Einfach um vorzuführen, was für eine Kultur des Netzes es gibt. Er hat das sozusagen zitiert. Wer das liest von außen und das nicht weiß, denkt, ah, hier veröffentlich jemand Pornografie oder das, was eben die Gesetze überschreitet. Und dann wird zugeschlagen."

Online-Petition für Cooper appeliert an alle Kreativen

Die Bedeutung für das digitale Publizieren sieht Porombka darin, dass der Fall mal wieder grundsätzlich daran erinnere, "dass wir es mit den Clouds mit etwas zu tun haben, das wir gar nicht kontrollieren können". Wer dort Dinge veröffentliche, müsse immer wissen, dass sie von heute auf morgen verschwinden können.
Ebenso müsse man sich darüber im Klaren sein, dass Dinge, die dort als privat hinterlegt und nicht veröffentlich würden, von heute auf morgen veröffentlicht werden könnten. "Dieser ganzen Angelegenheit ist natürlich nicht zu trauen."
"Es ist so ein kleiner Schneeball, der jetzt langsam aber sicher immer größer wird - und von dem immer klarer wird, dass es eben größere Zusammehänge und größere Fragestellungen betrifft, die da dran hängen, die nicht nur Coopers Werk betreffen. Der Appell geht raus an alle Kreativen im Grunde genommen, sich dieser Petition anzuschließen, weil: Diese Fragen müssen grundsätzlich geklärt werden."
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