Golden Globes

Erfolg für Streamingdienste

Kevin Spacey spielt Frank Underwood in "House of Cards"
Kevin Spacey spielt Frank Underwood in "House of Cards" © picture-alliance / dpa / Melinda Sue Gordon
Von Kerstin Zilm  · 12.01.2015
"Boyhood" und "Birdman" sind die großen Gewinner der Golden Globes 2015. Doch was Nachhallen wird, das sind die Erfolge der Online-Streamingdienste. Amazon und Netflix verwiesen traditionelle Fernsehsender auf die Plätze und machten damit Geschichte.
"Transparent" und "House of Cards" waren die Gewinner der Fernsehkategorien bei den Golden Globes und Vorboten einer Fernsehrevolution. Zum einen weil Jeffrey Tambor in der Amazon-Serie "Transparent" einen Professor spielt, der nach dem Ruhestand offen als Frau lebt - wie er das schon lange heimlich tat. Hauptdarsteller Jeffrey Tambor nutzte seine Dankesrede, um auf den Kampf Transsexueller für Akzeptanz aufmerksam zu machen.
"Ich möchte meine Darstellung und diesen Preis den Transsexuellen widmen. Danke für euren Mut, eure Inspiration, eure Geduld und dafür, dass wir Teil der Veränderung sein dürfen."
Die Auszeichnung der neuen Serie honoriert nicht nur den Mut bei der Themenwahl gegenüber vergleichsweise wenig provokativen Familien- und Krimiserien der traditionellen Netzwerke. Vielmehr sind die zwei Fernsehpreise für ein Unternehmen, das vor allem dafür bekannt ist vom Buch bis zu Schrankwänden alles auf Bestellung zu verschicken, Zeichen einer Revolution im Medienbereich. Eric Deggans, Fernsehkritiker des US-Radiosenders NPR:
"Diese Preise machen Amazon zum bedeutenden Akteur in der Fernsehindustrie. Sie stehen jetzt auf demselben Level wie HBO. Netflix hat diesen Rang schon vor ein paar Jahren durch Nominierungen und Preise erreicht. Amazons Serienproduktionen waren bisher nicht so verlässlich gut wie die von Netflix. Dieser Preis ist eine Anerkennung dafür, dass sie auf dem richtigen Weg sind."
Die traditionellen US-Fernsehsender ABC, NBC, CBS und Fox gingen trotz zahlreicher neuer Serien bei der Verleihung komplett leer aus. Das bestätigt auch den unaufhaltsamen Trend zu neuen Sehgewohnheiten. Zuschauer wollen abrufen, was sie wollen, wann sie wollen, wie und wo sie wollen, losgelöst von Sendezeiten.
Widerstand gegen alle, die Pressefreiheit unterdrücken
Außerdem bemerkenswert bei der diesjährigen Golden Globes Verleihung war der politische Ton. Toleranz, Gleichberechtigung und Redefreiheit waren wiederkehrende Themen in Dankesreden und Präsentationen. Die Gewinner des Abends - "Birdman", "Boyhood" und "Grand Budapest Hotel" -sind Geschichten abseits aktueller Geschehnisse. Doch der Präsident der Hollywood Foreign Press Association, Theo Kingma, fasste zusammen, was viele im Raum beschäftigte.
"Wir wissen als internationale Journalisten wie wichtig die Freiheit ist, sich künstlerisch auszudrücken. Wir werden gemeinsam Widerstand leisten gegen alle, die Pressefreiheit unterdrücken. Überall. Von Nordkorea bis Paris."
Auch die US-Innenpolitik fand ihren Weg in den Ballsaal des Beverly Hilton Hotels. Rassismus, Polizeigewalt und Bürgerrechte sind Themen von 'Selma'. Das Drama zeigt drei Monate im Leben von Martin Luther King. Höhepunkt ist der legendäre Marsch im Bundesstaat Alabama vor fast 50 Jahren mit tödlichen und folgenreichen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten, Polizei und Behörden. 'Selma' bekam an diesem Abend nur eine Auszeichnung, die für besten Song - Glory.
Die Musiker John Legend und Common erinnerten in ihren Dankesreden an diejenigen, die derzeit in mehreren US-Städten für Gerechtigkeit und gegen Polizeibrutalität kämpfen. Rapper Common bedeutete die Arbeit an dem Projekt mehr als nur ein einen Filmsong zu produzieren:
"Als ich die Menschen der Bürgerbewegung kennengelernt habe, ist mir klar geworden: Ich bin die schwarze Frau voller Hoffnung, der das Recht zu wählen verweigert wird. Ich bin der Junge, der vielleicht Hilfe brauchte und erschossen wurde. Ich bin die beiden Polizisten, die bei der Arbeit ermordet wurden. Selma hat meine Menschlichkeit geweckt."
Hollywood schaut nach dieser Nacht schon ungeduldig auf die Verkündung der Oscarnominierungen am Donnerstagmorgen in Los Angeles. Das Rennen für den begehrtesten Preis der US-Filmindustrie scheint nach der Verleihung der Golden Globes weit offen - mit leichter Favoritenrolle für das Zwölf-Jahre-Film-Experiment "Boyhood".
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