Goldbär und Gottschalk

Von Anke Petermann |
Die Firma Haribo kann sich freuen: Das Landesmuseum Koblenz bietet dem Fruchtgummihersteller kostenlose Werbung durch seine Ausstellung "Mit dem Goldbären zur Kultmarke". Die zeigt völlig kritik- und distanzlos die Firmengeschichte von Haribo auf und lädt zur Eröffnung ausgerechnet Haribos Werbeträger Nr. 1, Thomas Gottschalk, ein.
5000 Besucher im Hof der Festung, Auftritt Thomas Gottschalk, ganz in Weiß, quasi als Lichtgestalt der Gummibärchen- und Schleichwerbung.

"Hans, komm noch mal zu uns. Also, Haribo macht nämlich nicht nur Kinder, sondern auch richtige Männer froh, gell ..."

Launiger Bühnen-Dialog mit dem 82-jährigen Firmenchef und Sohn des Gründers Hans Riegel, der seinem Namen noch den Herkunftsort Bonn beifügte, fertig war das Kürzel Ha-Ri–Bo. Ob Gottschalk bei der Eröffnung die Ausstellung im Koblenzer Landesmuseum oder das Produkt bewirbt, bleibt unklar. Haribo heißt schließlich beides.

Ein Stück rheinischer Wirtschaftsgeschichte will die Ausstellung nachzeichnen, den Aufstieg vom Zuckerbäcker zum weltweit agierenden Unternehmen - Untertitel "Mit dem Goldbären zur Kultmarke". Und es fängt auch ganz viel versprechend an – Brigitte Schmutzler vom Landesmuseum lenkt den Blick auf eine Gipsfigur hinter einem Kupferkessel, Anno 1920:

" Es ist einmal nachgebildet die Bonbonküche des Firmengründers Hans Riegel, daneben steht ein Fahrrad, das war damals das wichtigste Vertriebsmittel. Die frisch gefüllten Fruchtgummitüten wurden dann am Nachmittag von Ehefrau Gertrud Riegel in die nächsten Kolonialwarenläden gefahren, und deshalb haben wir auf der gegenüber liegenden Seite dieser Ausstellungseinheit auch einen Kolonialwarenladen nachgestellt. "

... in den Ladenregalen allerdings eine unverhältnismäßig große Auswahl an Haribo-Produkten. Dass es vor, neben und nach Hans Riegel auch andere erfolgreiche Bonbonköche in Deutschland gegeben hat, und dass sich das Marktführer-Trio Haribo, Storck und Katjes teilweise erbitterte Konkurrenzschlachten lieferte, erfährt der Besucher nicht. Warum nicht? Dieter Schäfer von Haribo und Brigitte Schmutzler vom Landesmuseum.

"Da es eine Haribo-Ausstellung ist, denke ich mal, sollte man vor allem Haribo-Produkte präsentieren. Aber die Exponate sind rein vom Landesmuseum ausgewählt worden und da haben wir uns nicht eingemischt.

Da haben wir uns ein bisschen von dem Slogan einfangen lassen "Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso". Das weckt natürlich auch bei potentiellen Museumsbesuchern ganz bestimmte Gefühle. Auf diesem Weg versuchen wir natürlich auch Besucher anzusprechen, die sonst nicht den Weg ins Museum finden."

Kritische Distanz zum Ausstellungsthema? Fehlanzeige: die Erfolgsstory von Haribo wird als geradlinig und makellos präsentiert, Brüche mag es in der deutschen Geschichte gegeben haben, nicht in der Haribo-Historie. "Im Jahre 1930 sind bei Haribo bereits 160 Mitarbeiter tätig", heißt es im Text zur Ausstellung und weiter: "Zu Beginn des II. Weltkrieges hat das solide mittelständische Unternehmen 400 Beschäftigte." Punkt und Ende der Erläuterung dieses Stücks rheinischer Wirtschaftsgeschichte.

Weniger sparsam breitet man die Vielfalt des Haribo-Sortiments aus, der Verpackungen und Werbematerialien - in Vitrinen, an den Wänden, von der Decke hängend. Hat man sich nicht etwas zu ausschließlich auf den Sponsor und das von ihm aus Archiven und Kellern zutage geförderte Quellenmaterial verlassen? Museumsleiter Thomas Metz verneint:

"Als Kultureinrichtung sind wir immer aufgefordert, mit der Wirtschaft zu kooperieren und auch Sponsoren zu suchen. Und sie werden keine große Ausstellung finden, die nicht von Sponsoren getragen wird. Große Kunstausstellungen – wenn sie sehen, wer dahinter steht, dann sind das auch Wirtschaftseinrichtungen, die ganz massiv Werbung damit machen."

Haribo-Werbechef Schäfer jedenfalls freut sich sehr, dass eine öffentliche Institution für seine Firma Reklame macht. Wie viel Haribo sich das kosten lässt - darüber schweigen Sponsor und Museum. Viele Besucher stimmen zu: ja die Ausstellung macht Werbung.

"Es ist ja von vorn bis hinten Haribo, gespickt mit Bärchen und Tütchen."

Tröstlich für die Macher vielleicht: kaum einer der Befragten findet das anrüchig.


Infos zur Ausstellung:
Haribo – Mit dem Goldbären zur Kultmarke
5.6. bis 13.11., täglich 9.30-17 Uhr im Landesmuseum Koblenz auf der Festung Ehrenbreitstein, Erwachsene 4 Euro, Kinder 2 Euro
Models in Lakritz-Kostümen im Landesmuseum Rheinland Pfalz
Models in Lakritz-Kostümen im Landesmuseum Rheinland Pfalz© AP