God’s Country
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts geriet die Evolutionstheorie in Amerika immer wieder unter Druck. Im Norden des Bundesstaates Kentucky eröffnete vor einem Jahr das „Creation Museum“. Das Museum ist die neue Speerspitze einer Bewegung, die seit langem für die Schöpfungslehre und gegen die Evolutionstheorie kämpft.
Die schneebedeckte Spitze des Mount St. Helens ragte in den stahlblauen Himmel des Bundesstaates Washington, ähnlich der des Fujisan in Japan oder des Kilimandscharo in Tansania. Knapp 3000 Meter hoch war der Berg bis zum 18. Mai 1980. An diesem Sonntagmorgen erschütterte ein Erdbeben die Region im Nordwesten der USA und brachte den Vulkan zum Ausbruch.
Neun Stunden lang spuckte er Staub, Asche, Lava und Geröll. Lange Zeit galt der Mount St. Helens als inaktiv. Geologen datieren die ältesten Ascheschichten auf eine Zeit vor über 40.000 Jahren. Es gab aktive Phasen des Mount St. Helens die mitunter 5000 Jahre dauerten. Die wurden abgelöst durch inaktive Phasen, in denen zum Teil 15.000 Jahre lang keine vulkanische Aktivität nachgewiesen wurde. Diese Zahlen, sagt Llyod Anderson, seien frei erfunden und eine bewusste Täuschung. In seinem Weltbild ist die Erde nicht älter als 6000 Jahre. Anderson und seine Frau betreiben in Sichtweite des Berges ein kleines Museum. Auf einem Schild an der Straße steht in großen Buchstaben „7 Wunder – Schöpfungsmuseum“. In einem flachen Anbau zum Wohnhaus des Ehepaars zeigen sie auf Schautafeln die, wie sie sagen, „sieben Wunder des Mount St. Helens“. Lloyd Anderson deutet auf eine der Tafeln an der Wand.
Llyod Anderson: „Während wir hier stehen und reden, sehen wir vor uns eine Reihe von wissenschaftlichen Schriften von führenden, promovierten Wissenschaftlern – zum Beispiel von Dr. Andrew Snelling, einem promovierten australischen Geologen – der in seiner Arbeit gezeigt hat, dass die Schichten am Grand Canyon innerhalb kürzester Zeit aufgetürmt wurden, der uns gezeigt hat, dass metamorphisches Gestein sich innerhalb kürzester Zeit, also in nur etwa zwölf Jahre oder so überall auf der Erde gebildet hat. Das steht natürlich im Widerspruch zu dem vorherrschenden Denkmuster, dass zum Beispiel metamorphisches Gestein unendliche Zeit braucht, sich zu bilden. Es gibt aber viele, viele gute Wissenschaftler, die davon überzeugt sind, dass das Alter der Erde mit dem übereinstimmt, was die Bibel sagt.“
Darum geht es ihm und anderen fundamentalistischen Christen in Amerika: zu zeigen, dass die Schöpfungsgeschichte so, wie sie im Alten Testament der Bibel steht, wahr ist. Sie legen die Bibel wörtlich aus. Gott hat die Erde in sechs Tagen, die jeweils 24 Stunden hatten, erschaffen.
Wenn das erste Buch Mose nicht buchstäblich wahr ist, so ihre Befürchtung, könnte der Rest der Bibel auch nicht wahr sein. Ihr ganzes Weltbild würde einstürzen. Daher muss die Schöpfungsgeschichte stimmen und das versucht Llyod Anderson in seinem Museum zu zeigen. Dabei gilt es die Argumente der Wissenschaft zu entkräften und andere Erklärungen zu finden. Zum Beispiel in Bezug auf die laut Wissenschaft in Jahrmillionen entstandenen Gesteins- und Erdschichten. Wenn die Erde, wie Lloyd Anderson sagt, nur 6000 Jahre alt ist, dann muss der ganze Prozess sehr schnell gegangen sein und dafür, glaubt er, sei der Ausbruch des Mount St. Helens der beste Beweis.
Lloyd Anderson: „Das ganze Zeug, was der Vulkan ausgespuckt hat, wurde hinausgeschleudert und verteilt sich in der Landschaft. Das grobe Material lagert sich dabei unten ab und feineres Material darüber. Und so bilden sich dort Schichten. Und diese Schichten entstanden sehr schnell. Wie an einem Förderband lagern sich in drei Stunden und 10 Minuten über 200 Schichten ab. In 190 Minuten, das ist mehr als eine Schicht pro Minute.“
Lloyd Anderson ist ehemaliger Pastor. Er gehört zu einer wachsenden Gruppe von Menschen in den USA, die daran glauben, dass die Bibel wörtlich zu lesen ist. Diese Bewegung ist nicht neu. Im Grunde hat es sie immer gegeben. Ihre Theorie wurde nur 1859 durch Charles Darwin in Frage gestellt, als dieser sein Werk „Die Entstehung der Arten“ veröffentlichte und darin die Grundlagen der modernen Evolutionstheorie legte. In einem langen Prozess fanden auch die Amtskirchen einen Weg die Evolution mit der Schöpfung durch Gott zu vereinbaren. Doch Amerikas fundamentalistische Christen vertreten ihre Sicht zunehmend selbstbewusst und agressiv. Das kleine Museum von Lloyd Anderson auf dem Land in Washington ist kein Einzelfall in Amerika.
Lloyd Anderson: „Meine Frau hat gesagt, weißt Du Lloyd, wir die Kreationisten sollten uns zusammentun und diese Idee als Franchise an jedem Nationalpark in den USA betreiben. Tatsächlich öffnen ständig neue Museen. Unseres ist natürlich ein sehr kleines, aber wie Sie wissen, hat Ken Ham ein Museum bei Cincinnati eröffnet, dass selbst Anhänger der Evolution als erstklassig bezeichnen.“
Cincinnati, Ohio. Etwa vier Flugstunden vom Bundesstaat Washington entfernt. In der malerischen Landschaft am Ohio River liegt das Creation Museum von Ken Ham. Der Australier kam in den 80er Jahren nach Amerika und gründete die mittlerweile sehr einflussreiche Gesellschaft „Answers in Genesis“ – Antworten in der Genesis. Der Name ist Programm in dem Museum, sagt Georgia Purdom, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums.
Georgia Purdom: „Der menschliche Verstand würde sagen, die Gegenwart ist der Schlüssel zur Vergangenheit. Aber Daten und Theorien ändern sich ständig, wogegen Gottes Wort immer gleich bleibt und daher ist Gottes Wort nicht nur Schlüssel zur Vergangenheit, sondern auch Schlüssel zur Gegenwart und zur Zukunft. Und das wollen wir, dass die Leute das sehen. Wir beginnen mit Gottes Wort, dem Alten Testament, wie er alles geschaffen hat, weil das wichtig ist. Denn wenn die Genesis falsch ist, dann könnten auch die anderen Bücher der Bibel falsch sein. Wir wollen, dass die Menschen Jesus Christus besser verstehen, als Ergebnis ihres Besuchs hier in diesem Museum.“
Amerikas Christen sehen sich einer gottlosen Gesellschaft gegenüber. Stammzellforschung, Sex und Gewalt im Fernsehen und Kino und nach Massachussetts erlaubte nun auch das Oberste Gericht Kaliforniens homosexuelle Ehen. Vor Gericht zählen keine christlichen Werte. In der amerikanischen Verfassung ist eine strenge Trennung von Kirche und Staat festgeschrieben. Wenn es nach den fundamentalistischen Christen ginge sollte im Biologieunterricht in den Schulen nicht Evolution sondern die Schöpfungslehre gelehrt werden.
Rückblick: 1925 – schon damals war die Evolution in Amerika nicht unumstritten doch sie galt mehrheitlich als Lehrmeinung an den Schulen des Landes. Am 13. März verabschiedete das Parlament von Tennessee den sogenannten Butler Act. In dem Gesetz heißt es:
„Es ist verboten, in Univeristäten und öffentlichen Schulen, die ganz oder teilweise vom Staat finanziert werden, eine Theorie zu lehren, die die göttliche Schöpfung des Menschen, so wie sie in der Bibel dargestellt wird, verleugnet, zu Gunsten einer Lehre, die die Abstammung des Menschen von niederen Tieren vertritt.“
Der Lehrer John T. Scopes war von der Richtigkeit der Evolution überzeugt. Er hielt sich nicht an das Gesetz und unterrichtete weiterhin Darwins Theorie. Im Mai desselben Jahres stand er dafür in Dayton, Tennessee vor Gericht. Die Tatsache, dass Scopes gegen das Gesetz verstoßen hatte spielte nur vordergründig eine Rolle. In Wirklichkeit ging es mittlerweile um einen gesellschaftspolitischen Aspekt, sagt Michael Cohen, Soziologe an der University of California in Berkeley.
Michael Cohen: „Ein guter Indikator ist die Volkszählung alle zehn Jahre in Amerika. Und die Volkszählung von 1920 hat gezeigt, dass zum ersten Mal mehr Amerikaner in Städten lebten als in ländlichen Regionen. Wir sind eine städtische Gesellschaft geworden. Das führte dazu, dass die städtischen Kreise, die in New York, Philadelphia, Boston und Chicago von Katholiken dominiert wurden auch die Politik bestimmten. Die weißen, angelsächsischen Protestanten, die hauptsächlich auf dem Land und in kleinen Städten lebten, mussten einen herben Rückschlag hinnehmen. Die begannen nun eine antikatholische-, anti-städtische Politik zu machen.“
Im Prozess gegen John T. Scopes standen sich zwei der mächtigsten Juristen Amerikas gegenüber. Die Anklage vertrat der ehemalige Außenminister und zweifache Präsidentschaftskandidat William Jennings Bryan.Die Verteidigung übernahm Clarence Darow, der bereits große Erfahrung mit Bürgerrechtsfällen hatte und für seinen Verstand, seine Unnachgiebigkeit und seine weltliche Geisteshaltung bekannt war.
Michael Cohen: „Die Idee der Evolution wurde vor allem von der herrschenden Klasse aufgegriffen. Evolution, wie sie von dem englischen Philosophen Herbert Spencer übersetzt wurde, fand ihren Weg in den „Club des 19. Jahrhunderts“ einem elitären Club der New Yorker Gesellschaft, dem die Carnegies, die Rockefellers, die Morgans angehörten, die Herbert Spencers Interpretation vom Überleben des Stärksten als Erklärung verstanden, warum sie so reich sind und so gute Möglichkeiten haben und als Erklärung für extreme Klassenunterschiede in einer Zeit der Masseneinwanderung.“
In dem Prozess ging es nicht wie erwartet darum, zu beweisen, dass die Evolution wahr ist. Ankläger William Jennings Bryan führte den Prozess ganz eng an der Frage, ob John T. Scopes die Evolutionstheorie unterrichtet hatte oder nicht. Entsprechend verloren Clarence Darow und Scopes den Prozess. Scopes wurde zur Zahlung von 100 US-Dollar verurteilt. Die Berufung vor dem Obersten Gericht des Staates Tennessee war ebenfalls erfolglos. Die Richter erkannten keinen der Einwände gegen das Urteil von Dayton an. Viele Bundesstaaten führten ähnliche Gesetze ein, darunter Arkansas im Jahre 1928. Sie verboten ebenfalls die Lehre von Darwins Theorie an öffentlichen Schulen. Das war das Ende der Evolutionstheorie an amerikanischen Schulen für ungefähr 40 Jahre.
1957. In Europa liefern sich Amerikaner und Russen einen Kampf um die kulturelle, politische und militärische Vorherschaft. Es ist der Konflikt zweier Systeme, jeweils ihre Überlegenheit zu beweisen.
Am 4. Oktober 1957 geht ein Schock durch Amerika. Den Russen war es als erste erfolgreich gelungen, einen Satelliten ins All zu schicken. Die Amerikaner waren bis dahin davon ausgegangen, sie seien die führende Nation in der Weltraumtechnik und damit auch in der Raketentechnik. Tatsächlich waren zwei amerikanische Missionen fehlgeschlagen. Der Sputnik Schock saß tief in Amerika und weckte Kräfte auf allen Ebenen. Die Bildung rückte wieder in den Mittelpunkt – vor allem die wissenschaftliche Bildung an Schulen, Colleges und Universitäten. Der Forschungsetat vervierfachte sich innerhalb eines Jahres und wuchs bis 1968 auf die für damalige Verhältnisse unglaubliche Summe von 500 Millionen Dollar. 1967 wurde das Gesetz, das zur Verurteilung von John T. Scopes in Tennessee geführt hatte aufgehoben. Ein Lehrer hatte dagegen Beschwerde erhoben. Die Stimmung hatte sich gewendet und die Regierung von Tennessee fürchtete ein Fiasko vor Gericht. Daher entschied sie sich, das Gesetz aufzuheben. Und ein Jahr später, 1968, kam das Oberste Bundesgericht in Washington zusammen.
Gerichtsdiener: „”The honorable Chief Justice and the Associate Justices of the Supreme Court of the United States. Oyez, Oyez, Oyez! All persons having business before the Honorable, the Supreme Court of the United States, are admonished to draw near and give their attention, for the Court is now sitting. God save the United States and this Honorable Court!”“
Das Gericht fällt unter dem Vorsitzenden Earl Warren ein wegweisendes Urteil.
„Das Gesetz von Arkansas kann nicht als religiös neutral gelten. Das Ziel des Gesetzes ist es, eine wissenschaftliche Meinung zu Gunsten der wörtlichen Auslegung der Bibel zu verhindern. Mit anderen Worten: das Gesetz widerspricht dem Ersten Verfassungszusatz und ist nicht vereinbar mit dem 14. Verfassungszusatz.“
Der Erste Verfassungszusatz besagt, dass der Kongress kein Gesetz erlassen darf, das die Einführung einer Staatsreligion zur Folge hat. Das Gericht legte den Satz allerdings so aus, dass auch kein Gesetz erlassen werden darf, dass eine Religion bevorzugt behandelt und diese damit zu einer Staatsreligion erhoben wird.
Von diesem Rückschlag haben sich die Befürworter der Schöpfungslehre bis heute nicht erholt. Seit 1968 hat es zahlreiche Fälle vor den Gerichten Amerikas gegeben, die alle mehr oder weniger offensichtlich die Wiedereinführung der Schöpfungslehre in den Wissenschaftsunterricht amerikanischer Schulen zum Ziel hatten.
„Texas – 1972
Virginia – 1973
Tennessee – 1975
Indiana – 1979
Kalifornien – 1981
Arkansas – 1982
Louisiana – 1987
Illinois – 1990
Alabama – 1991
Kalifornien – 1994
Indiana – 1996
Louisiana – 1997
Pennsylvania – 1998
Georgia – 2005
Pennsylvania – 2005”“
Das sind nur die Fälle, die vor Gericht verhandelt wurden. Hinzu kommen die Schulbezirke, die ihre Lehrpläne veränderten, zum Beispiel in Kansas 2003 oder in Ohio 2005.
In einem unscheinbaren Bürogebäude in Oakland in Kalifornien hängt eine Karte an der Wand. Darin stecken farbige Markierungen. Jede Markierung steht für einen Angriff auf die Evolutionslehre. Eugenie C. Scott ist Vorsitzende des Nationalen Zentrums für Wissenschaftsbildung in Oakland.
Eugenie C. Scott: „"Es gibt eine interessante Beziehung in Bezug auf den Evolutionsunterricht. Stellen Sie sich eine Kurve vor. Wenn Evolutionslehre an Schulen unumstritten ist und auf dem Höhepunkt der Kurve angekommen ist, beginnt der Widerstand gegen sie zu wachsen. Wenn Evolution nicht an den Schulen gelehrt wird, gibt es auch keinen Widerstand, warum auch?“
Doch die Kreationisten haben aus ihren Niederlagen gelernt. Sie tarnten ihre Strategie bis zur Unkenntlichkeit. Diese Evolution des Kreationismus, wie Eugenie C. Scott es nennt, begann gleich nach dem Urteil gegen die Schöpfungslehre 1968. Kreationisten begannen die Schöpfungslehre zu ver-wissenschaftlichen. Sie schufen Querverbindungen zwischen biblischen Ereignissen wie der Sintflut und wissenschaftlichen Disziplinen wie der Geologie und argumentierten, die Sintflut habe die Ablagerungen von Gesteins- und Erdschichten mit sich gebracht und so Gebilde wie den Grand Canyon geschaffen.
Eugenie C. Scott: „Das ist eine sehr clevere Strategie der Kreationisten. Der traditionelle Kreationismus, der wortwörtlich an eine junge, 6000 Jahre alte Erde glaubende, normale Kreationismus hat sich in eine Schöpfungswissenschaft verwandelt, die davon ausgeht, dass man all das mit Wissenschaft belegen könne. Das ist Anfang der 80er Jahre vor Gericht fürchterlich schiefgegangen. Die wollten, dass das an den Schulen gelehrt würde. Die Gerichte hatten erkannt, dass es sich um Schöpfungslehre handelt und haben gesagt, nein, das könnt ihr nicht machen.“
Im südlichen Louisiana probierten Befürworter der Schöpfungslehre einen neuen Vorstoß. Sie versuchten 1987 zu erreichen, dass die Schöpfungslehre den gleichen zeitlichen Raum in Schulen erhält, wie die Evolutionstheorie. Louisiana hatte eine Regelung erlassen, die besagte, dass Evolution und Schöpfung gleichermaßen an Schulen gelehrt werden müsse. Randall Balmer, Religionshistoriker an der Columbia University in New York.
Randall Balmer: „Das Problem bei dem Ansatz, der Schöpfungslehre die gleiche Zeit wie Darwins Theorien einzuräumen ist, dass man eine Religion oder zwei, wenn man Christentum und Judentum als zwei Religionen versteht, wenn man also einer oder zwei Religionen den gleichen Zeitraum wie der Evolution einräumt, gibt es ein Problem mit dem Ersten Verfassungszusatz.
Dann hätten die Navajos ein Argument, dass auch ihre Schöpfungsgeschichte gelehrt werden müsste, auch die hinduistische Schöpfungsgeschichte müsste gelehrt werden und wenn wir erst mit den amerikanischen Indianern anfangen, dann reden wir hier über hunderte, wenn nicht tausende Schöpfungsgeschichten. Man kann einfach nicht alle einbeziehen und noch einen vernünftigen Lehrplan aufrecht erhalten.“
Deshalb wird gar keine Schöpfungsgeschichte im Unterricht gelehrt. Im Fall von Louisiana urteilten die Gerichte, die biblische Geschichte habe nichts im wissenschaftlichen Unterricht an amerikanischen Schulen zu suchen.
Ganz im Nordwesten der USA in Seattle im Bundesstaat Washington hat eine Organisation ihren Sitz, die es sich zum Ziel gesetzt hat christliche Konzepte politisch durchzusetzen. Das „Discovery Institute“ ist eine der einflussreichsten christlichen Denkfabriken des Landes. Das Discovery Institut ist zur Zeit führend in der Verbreitung eines Konzeptes, das nicht neu, aber sehr populär ist: Intelligent Design.
Eugenie C. Scott: „Intelligent Design ist quasi aus der Asche der Schöpfungs¬wissen¬schaf¬ten entstanden. Es ist in Wirklichkeit ein Ableger der Schöpfungswissenschaft. Sie lassen die Sintflut außen vor, sie lassen auch die Schöpfung in sechs Tagen außen vor, sie lassen die 6000 Jahre alte Erde außen vor, sie lassen alles weg, was charakteristisch für die Schöpfungslehre geworden ist.
Was ausgesprochen raffiniert ist, ist die Tatsache, dass Intelligent Design sich ein Argument zu Nutze macht. Einige Dinge in der Natur sind unglaublich kompliziert und komplex konstruiert. Intelligent Design sagt jetzt, guck Dir diese komplexen Strukturen an. Das kann nicht durch Evolution entstanden sein, das muss von Gott geschaffen worden sein – natürlich sagen sie nicht Gott, sondern nennen ihn einen intelligenten Designer. Das Argument konzentriert sich darauf, dass Evolution nicht alles ist, deshalb muss es Gott gewesen sein.“
Das Konzept schlägt in Amerika hohe Wellen und ist in einigen Kreisen sehr populär. Auch einige Schulbehörden sind dem gesellschaftlichen Druck erlegen und haben Intelligent Design vorübergehend an ihren Schulen als Lehrmeinung zugelassen. Doch die Gerichte haben die Regelungen schnell wieder aufgehoben.
Ein Interview mit dem Discovery Institut ist daran gescheitert, dass die Sprecher der Denkfabrik gefordert hatten, die Fragen eine Woche vorher schriftlich zu bekommen, sie sich die Auswahl der Fragen vorbehielten, keine Zusatzfragen zugelassen wurden und die fertige Sendung von ihnen genehmigt werden müsste. Das sind Bedingungen, die die Aufgabe aller journalistischen Prinzipien bedeutet hätte.
Randall Balmer: „Die Leute, die für das Konzept verantwortlich sind, sind mit dem Discovery Institut in Seattle verbunden. Ich bin absolut davon überzeugt, dass sie bereits an der nächsten Version der Schöpfungslehre arbeiten. Die werden es wieder irgendwie anders nennen, aber sie sehen das als Möglichkeit einen Keil in die Gesellschaft zu treiben. Ihr Ziel ist eindeutig. Sie wollen die Schöpfung in die öffentlichen Schulen bringen.
Das wäre der erste Schritt, die amerikanische, pluralistische Demokratie auszuhöhlen. Dieses Land würde einem Gottesstaat gleichen, obwohl sie dieses Wort hassen wie die Pest, aber mein Gegenargument ist der sogenannte Enten-Test: Wenn etwas watschelt, wie einen Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es wahrscheinlich auch eine Ente. Und in diesem Fall, wenn die Erfolg haben und die Schulen unterwandern und den Ersten Verfassungzusatz aushebeln, dann sind wir auf dem Weg in einen Gottesstaat.“
Eugenie C. Scott: „Diese Strategie einen Keil in die Gesellschaft zu treiben zeigt die wahre Absicht, nämlich christliche Theologie zu fördern und zwar ihre Version christlicher Theologie in die amerikanische Gesellschaft zu bringen. Sie wollen die amerikanische Gesellschaft zu einer regelrechten Gottesgesellschaft machen. Es ist also eine theokratische Bewegung.“
Die Anzahl der Fälle, die vor dem Obersten Gerichtshof in Washington gelandet sind, zeigt, welche Bedeutung dem Gericht in dieser Frage zukommt. Präsident Bush hat zwei Posten am Gericht mit konservativen Richtern neu besetzt. Noch ist das Verhältnis zwischen konservativen und progressiven Richtern einigermaßen ausgeglichen. Doch es ist nicht unwahrscheinlich, dass der nächste Präsident mindestens einen neuen Richter vorschlagen können wird.
Zurück nach Cincinnati, wo etwas außerhalb das Schöpfungsmuseum liegt. Solange die Gerichte die biblische Entstehungslehre aus den Schulen raushalten, werden Museen wie das bei Cincinnati zum Forum der Kreationisten. Vor einem Jahr wurde das Museum eröffnet. Die für das erste Jahr angestrebten 250.000 Besucher waren bereits nach einem halben Jahr erreicht. Jetzt rechnen die Betreiber mit über einer halben Million Besuchern. Auf den ersten Blick wirkt der Bau nicht besonders groß, doch hinter der Fassade verbirgt sich ein weit verzweigtes Gebäude mit vielen großen Räumen auf zwei Ebenen. In der Ausstellung gibt es audio-visuelle Effekte, alles ist sehr plastisch ausgestattet, künstliche Bäume, Wasserfälle, unechte Tiere und Menschenfiguren bis zu Dinosauriern neben denen Kinder spielend gezeigt werden. Dazu eine beeindruckende Geräuschkulisse.
Die Kleidung des Personals weist keinerlei Anzeichen auf ein christliches Museum auf, im Gegenteil. Die Mitarbeiter tragen beige Hosen und Westen mit vielen Taschen. Sie sehen aus, wie Expeditionsmitarbeiter, Abenteurer oder Forscher. Tatsächlich sind es viele Freiwillige christlicher Kirchen aus dem ganzen Land. 27 Millionen Dollar hat der Bau gekostet, sagt Mitarbeiterin Georgia Purdom.
Von der Eingangshalle aus geht es durch eine engen Gang, der einer Schlucht nahe kommt.
Georgia Purdom: „Wir laufen hier durch den Grand Canyon. Hier erklären wir nichts, das tun wir später in dem Raum, in dem es um die Sintflut geht und um geologische Fragen geht. Dies soll nur zeigen, wie die Sintflut die Schichten aufgetürmt hat und auch die Fossilien, die wir darin finden.“
Ein paar Räume weiter. Der Weg führt durch einen tiefgrünen Wald mit vielen Tieren. In Mitten der Tiere sitzt ein muskulöser Mann. Adam.
Georgia Purdom: „Hier zeigen wir die Geschichte so wie sie in der Bibel beschrieben wurde. Und wir fangen mit der Schöpfung an. Das ist wirklich die perfekte Welt, so wie Gott sie erschaffen hat mit Tieren, Pflanzen und Menschen.“
Schon bald geht es in dem Museum gar nicht mehr so sehr um Schöpfung, sondern viel mehr darum, was passiert, wenn Gottes Weg verlassen wird. Dargestellt wird das Ganze durch eine dunkle Gasse, die aus einem Ghetto in Chicago oder New York City stammen könnte.
Polizeisirenen heulen in der Gasse, an der Wand kleben zerfetzte Zeitungsartikel in denen es um alles geht, was gegen das christliche Weltbild spricht: Gewalt, Sex, Stammzellforschung, Homosexualität und so weiter. Um die Ecke dann steht eine nachgebildete Backsteinkirche. Risse durchziehen die Wände der Kirche, Steine brechen heraus und das Dach droht einzustürzen, denn in die Grundmauer hat eine Abrissbirne eingeschlagen. Auf ihr steht: Millionen von Jahren.
Georgia Purdom ist etwa Anfang dreißig und promovierte Mikrobiologin. Acht promovierte, wissenschaftliche Mitarbeiter arbeiten in dem Museum. Zahlreiche weitere sind mit dem Museum kooperativ verbunden. Diese Dinge sollen beeindrucken, Besucher überzeugen und sagen, seht her, wenn seriöse Wissenschaftler hier arbeiten, dann stimmt unsere Version der Geschichte.
Georgia Purdom: „Was wir hier zeigen ist mehr meine Welt, wie Dinge sich biologisch ändern. Auf der Arche Noah gab es nur zwei Tiere von jeder Art. Daraus sind alle Tiere entstanden, die wir heute haben. Es sind keine Tiere mehr dazugekommen, sondern bestehende Tiere haben sich nur verändert. Und es gibt Veränderungen innerhalb einer Art, aber nicht zwischen den Arten.“
Die Macher des Museums sind um keine Antwort verlegen. Sie erklären alles mit dem Wirken Gottes auf Erden. Nichts in ihrer Welt scheint eine natürliche Ursache zu haben, sondern alles geht von Gott aus.
Eugenie C. Scott: „Im Grunde hat sich die christliche Kirche seit dem 17. Jahrhundert immer weiter von dem Konzept entfernt, dass Gott direkten Einfluss nimmt. In der Theologie gibt es eine Theorie die besagt, dass wenn etwas nicht durch natürliche Entstehung erklärt werden kann, dann muss es von Gott geschaffen worden sein. Unglücklicherweise hat die Wissenschaft die Angewohnheit, die Umwelt mit natürlichen Ursachen zu erklären. Wenn man also die Entstehung von Blitzen dadurch erklärt, dass Elektronen von den Wolken zur Erden wandern oder umgekehrt und man nicht mehr sagt, dass Gott den Blitz geschickt hat, dann ersetzt man Gott praktisch durch natürliche Umstände und Gott hat weniger zu tun. Als gläubiger Mensch möchte man aber Gott nicht ersetzen, man möchte die hoheitsvolle Erscheinung Gottes wahren. Dabei bleibt für Gott noch genug zu tun. Gott ist nur nicht mehr der kosmische Handwerker, der die Natur ausbessert, wenn man so will.“
Die neueste Strategie christlich-fundamentalistischer Organisationen in den USA in Bezug auf den Unterricht an öffentlichen Schulen heißt übrigens: teach the controversy. Mit Hilfe von Phänomen, die die Wissenschaft noch nicht erklären kann, sollen generelle Zweifel an den Aussagen der Wissenschaft erzeugt werden. Zugegeben, ein geringer Anspruch im Vergleich zur rückwärts gewandten Schöpfungslehre, aber die fundamentalistischen Organisationen in Amerika lassen nichts unversucht. Und im Moment können sie sich einer noch stärker werdenden Unterstützung sicher sein. Sie bauen auf den nächsten Präsidenten, auf die nächsten Richter am Obersten Gerichtshof und hoffen den Keil weiter in die amerikanische Gesellschaft treiben zu können.
Neun Stunden lang spuckte er Staub, Asche, Lava und Geröll. Lange Zeit galt der Mount St. Helens als inaktiv. Geologen datieren die ältesten Ascheschichten auf eine Zeit vor über 40.000 Jahren. Es gab aktive Phasen des Mount St. Helens die mitunter 5000 Jahre dauerten. Die wurden abgelöst durch inaktive Phasen, in denen zum Teil 15.000 Jahre lang keine vulkanische Aktivität nachgewiesen wurde. Diese Zahlen, sagt Llyod Anderson, seien frei erfunden und eine bewusste Täuschung. In seinem Weltbild ist die Erde nicht älter als 6000 Jahre. Anderson und seine Frau betreiben in Sichtweite des Berges ein kleines Museum. Auf einem Schild an der Straße steht in großen Buchstaben „7 Wunder – Schöpfungsmuseum“. In einem flachen Anbau zum Wohnhaus des Ehepaars zeigen sie auf Schautafeln die, wie sie sagen, „sieben Wunder des Mount St. Helens“. Lloyd Anderson deutet auf eine der Tafeln an der Wand.
Llyod Anderson: „Während wir hier stehen und reden, sehen wir vor uns eine Reihe von wissenschaftlichen Schriften von führenden, promovierten Wissenschaftlern – zum Beispiel von Dr. Andrew Snelling, einem promovierten australischen Geologen – der in seiner Arbeit gezeigt hat, dass die Schichten am Grand Canyon innerhalb kürzester Zeit aufgetürmt wurden, der uns gezeigt hat, dass metamorphisches Gestein sich innerhalb kürzester Zeit, also in nur etwa zwölf Jahre oder so überall auf der Erde gebildet hat. Das steht natürlich im Widerspruch zu dem vorherrschenden Denkmuster, dass zum Beispiel metamorphisches Gestein unendliche Zeit braucht, sich zu bilden. Es gibt aber viele, viele gute Wissenschaftler, die davon überzeugt sind, dass das Alter der Erde mit dem übereinstimmt, was die Bibel sagt.“
Darum geht es ihm und anderen fundamentalistischen Christen in Amerika: zu zeigen, dass die Schöpfungsgeschichte so, wie sie im Alten Testament der Bibel steht, wahr ist. Sie legen die Bibel wörtlich aus. Gott hat die Erde in sechs Tagen, die jeweils 24 Stunden hatten, erschaffen.
Wenn das erste Buch Mose nicht buchstäblich wahr ist, so ihre Befürchtung, könnte der Rest der Bibel auch nicht wahr sein. Ihr ganzes Weltbild würde einstürzen. Daher muss die Schöpfungsgeschichte stimmen und das versucht Llyod Anderson in seinem Museum zu zeigen. Dabei gilt es die Argumente der Wissenschaft zu entkräften und andere Erklärungen zu finden. Zum Beispiel in Bezug auf die laut Wissenschaft in Jahrmillionen entstandenen Gesteins- und Erdschichten. Wenn die Erde, wie Lloyd Anderson sagt, nur 6000 Jahre alt ist, dann muss der ganze Prozess sehr schnell gegangen sein und dafür, glaubt er, sei der Ausbruch des Mount St. Helens der beste Beweis.
Lloyd Anderson: „Das ganze Zeug, was der Vulkan ausgespuckt hat, wurde hinausgeschleudert und verteilt sich in der Landschaft. Das grobe Material lagert sich dabei unten ab und feineres Material darüber. Und so bilden sich dort Schichten. Und diese Schichten entstanden sehr schnell. Wie an einem Förderband lagern sich in drei Stunden und 10 Minuten über 200 Schichten ab. In 190 Minuten, das ist mehr als eine Schicht pro Minute.“
Lloyd Anderson ist ehemaliger Pastor. Er gehört zu einer wachsenden Gruppe von Menschen in den USA, die daran glauben, dass die Bibel wörtlich zu lesen ist. Diese Bewegung ist nicht neu. Im Grunde hat es sie immer gegeben. Ihre Theorie wurde nur 1859 durch Charles Darwin in Frage gestellt, als dieser sein Werk „Die Entstehung der Arten“ veröffentlichte und darin die Grundlagen der modernen Evolutionstheorie legte. In einem langen Prozess fanden auch die Amtskirchen einen Weg die Evolution mit der Schöpfung durch Gott zu vereinbaren. Doch Amerikas fundamentalistische Christen vertreten ihre Sicht zunehmend selbstbewusst und agressiv. Das kleine Museum von Lloyd Anderson auf dem Land in Washington ist kein Einzelfall in Amerika.
Lloyd Anderson: „Meine Frau hat gesagt, weißt Du Lloyd, wir die Kreationisten sollten uns zusammentun und diese Idee als Franchise an jedem Nationalpark in den USA betreiben. Tatsächlich öffnen ständig neue Museen. Unseres ist natürlich ein sehr kleines, aber wie Sie wissen, hat Ken Ham ein Museum bei Cincinnati eröffnet, dass selbst Anhänger der Evolution als erstklassig bezeichnen.“
Cincinnati, Ohio. Etwa vier Flugstunden vom Bundesstaat Washington entfernt. In der malerischen Landschaft am Ohio River liegt das Creation Museum von Ken Ham. Der Australier kam in den 80er Jahren nach Amerika und gründete die mittlerweile sehr einflussreiche Gesellschaft „Answers in Genesis“ – Antworten in der Genesis. Der Name ist Programm in dem Museum, sagt Georgia Purdom, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums.
Georgia Purdom: „Der menschliche Verstand würde sagen, die Gegenwart ist der Schlüssel zur Vergangenheit. Aber Daten und Theorien ändern sich ständig, wogegen Gottes Wort immer gleich bleibt und daher ist Gottes Wort nicht nur Schlüssel zur Vergangenheit, sondern auch Schlüssel zur Gegenwart und zur Zukunft. Und das wollen wir, dass die Leute das sehen. Wir beginnen mit Gottes Wort, dem Alten Testament, wie er alles geschaffen hat, weil das wichtig ist. Denn wenn die Genesis falsch ist, dann könnten auch die anderen Bücher der Bibel falsch sein. Wir wollen, dass die Menschen Jesus Christus besser verstehen, als Ergebnis ihres Besuchs hier in diesem Museum.“
Amerikas Christen sehen sich einer gottlosen Gesellschaft gegenüber. Stammzellforschung, Sex und Gewalt im Fernsehen und Kino und nach Massachussetts erlaubte nun auch das Oberste Gericht Kaliforniens homosexuelle Ehen. Vor Gericht zählen keine christlichen Werte. In der amerikanischen Verfassung ist eine strenge Trennung von Kirche und Staat festgeschrieben. Wenn es nach den fundamentalistischen Christen ginge sollte im Biologieunterricht in den Schulen nicht Evolution sondern die Schöpfungslehre gelehrt werden.
Rückblick: 1925 – schon damals war die Evolution in Amerika nicht unumstritten doch sie galt mehrheitlich als Lehrmeinung an den Schulen des Landes. Am 13. März verabschiedete das Parlament von Tennessee den sogenannten Butler Act. In dem Gesetz heißt es:
„Es ist verboten, in Univeristäten und öffentlichen Schulen, die ganz oder teilweise vom Staat finanziert werden, eine Theorie zu lehren, die die göttliche Schöpfung des Menschen, so wie sie in der Bibel dargestellt wird, verleugnet, zu Gunsten einer Lehre, die die Abstammung des Menschen von niederen Tieren vertritt.“
Der Lehrer John T. Scopes war von der Richtigkeit der Evolution überzeugt. Er hielt sich nicht an das Gesetz und unterrichtete weiterhin Darwins Theorie. Im Mai desselben Jahres stand er dafür in Dayton, Tennessee vor Gericht. Die Tatsache, dass Scopes gegen das Gesetz verstoßen hatte spielte nur vordergründig eine Rolle. In Wirklichkeit ging es mittlerweile um einen gesellschaftspolitischen Aspekt, sagt Michael Cohen, Soziologe an der University of California in Berkeley.
Michael Cohen: „Ein guter Indikator ist die Volkszählung alle zehn Jahre in Amerika. Und die Volkszählung von 1920 hat gezeigt, dass zum ersten Mal mehr Amerikaner in Städten lebten als in ländlichen Regionen. Wir sind eine städtische Gesellschaft geworden. Das führte dazu, dass die städtischen Kreise, die in New York, Philadelphia, Boston und Chicago von Katholiken dominiert wurden auch die Politik bestimmten. Die weißen, angelsächsischen Protestanten, die hauptsächlich auf dem Land und in kleinen Städten lebten, mussten einen herben Rückschlag hinnehmen. Die begannen nun eine antikatholische-, anti-städtische Politik zu machen.“
Im Prozess gegen John T. Scopes standen sich zwei der mächtigsten Juristen Amerikas gegenüber. Die Anklage vertrat der ehemalige Außenminister und zweifache Präsidentschaftskandidat William Jennings Bryan.Die Verteidigung übernahm Clarence Darow, der bereits große Erfahrung mit Bürgerrechtsfällen hatte und für seinen Verstand, seine Unnachgiebigkeit und seine weltliche Geisteshaltung bekannt war.
Michael Cohen: „Die Idee der Evolution wurde vor allem von der herrschenden Klasse aufgegriffen. Evolution, wie sie von dem englischen Philosophen Herbert Spencer übersetzt wurde, fand ihren Weg in den „Club des 19. Jahrhunderts“ einem elitären Club der New Yorker Gesellschaft, dem die Carnegies, die Rockefellers, die Morgans angehörten, die Herbert Spencers Interpretation vom Überleben des Stärksten als Erklärung verstanden, warum sie so reich sind und so gute Möglichkeiten haben und als Erklärung für extreme Klassenunterschiede in einer Zeit der Masseneinwanderung.“
In dem Prozess ging es nicht wie erwartet darum, zu beweisen, dass die Evolution wahr ist. Ankläger William Jennings Bryan führte den Prozess ganz eng an der Frage, ob John T. Scopes die Evolutionstheorie unterrichtet hatte oder nicht. Entsprechend verloren Clarence Darow und Scopes den Prozess. Scopes wurde zur Zahlung von 100 US-Dollar verurteilt. Die Berufung vor dem Obersten Gericht des Staates Tennessee war ebenfalls erfolglos. Die Richter erkannten keinen der Einwände gegen das Urteil von Dayton an. Viele Bundesstaaten führten ähnliche Gesetze ein, darunter Arkansas im Jahre 1928. Sie verboten ebenfalls die Lehre von Darwins Theorie an öffentlichen Schulen. Das war das Ende der Evolutionstheorie an amerikanischen Schulen für ungefähr 40 Jahre.
1957. In Europa liefern sich Amerikaner und Russen einen Kampf um die kulturelle, politische und militärische Vorherschaft. Es ist der Konflikt zweier Systeme, jeweils ihre Überlegenheit zu beweisen.
Am 4. Oktober 1957 geht ein Schock durch Amerika. Den Russen war es als erste erfolgreich gelungen, einen Satelliten ins All zu schicken. Die Amerikaner waren bis dahin davon ausgegangen, sie seien die führende Nation in der Weltraumtechnik und damit auch in der Raketentechnik. Tatsächlich waren zwei amerikanische Missionen fehlgeschlagen. Der Sputnik Schock saß tief in Amerika und weckte Kräfte auf allen Ebenen. Die Bildung rückte wieder in den Mittelpunkt – vor allem die wissenschaftliche Bildung an Schulen, Colleges und Universitäten. Der Forschungsetat vervierfachte sich innerhalb eines Jahres und wuchs bis 1968 auf die für damalige Verhältnisse unglaubliche Summe von 500 Millionen Dollar. 1967 wurde das Gesetz, das zur Verurteilung von John T. Scopes in Tennessee geführt hatte aufgehoben. Ein Lehrer hatte dagegen Beschwerde erhoben. Die Stimmung hatte sich gewendet und die Regierung von Tennessee fürchtete ein Fiasko vor Gericht. Daher entschied sie sich, das Gesetz aufzuheben. Und ein Jahr später, 1968, kam das Oberste Bundesgericht in Washington zusammen.
Gerichtsdiener: „”The honorable Chief Justice and the Associate Justices of the Supreme Court of the United States. Oyez, Oyez, Oyez! All persons having business before the Honorable, the Supreme Court of the United States, are admonished to draw near and give their attention, for the Court is now sitting. God save the United States and this Honorable Court!”“
Das Gericht fällt unter dem Vorsitzenden Earl Warren ein wegweisendes Urteil.
„Das Gesetz von Arkansas kann nicht als religiös neutral gelten. Das Ziel des Gesetzes ist es, eine wissenschaftliche Meinung zu Gunsten der wörtlichen Auslegung der Bibel zu verhindern. Mit anderen Worten: das Gesetz widerspricht dem Ersten Verfassungszusatz und ist nicht vereinbar mit dem 14. Verfassungszusatz.“
Der Erste Verfassungszusatz besagt, dass der Kongress kein Gesetz erlassen darf, das die Einführung einer Staatsreligion zur Folge hat. Das Gericht legte den Satz allerdings so aus, dass auch kein Gesetz erlassen werden darf, dass eine Religion bevorzugt behandelt und diese damit zu einer Staatsreligion erhoben wird.
Von diesem Rückschlag haben sich die Befürworter der Schöpfungslehre bis heute nicht erholt. Seit 1968 hat es zahlreiche Fälle vor den Gerichten Amerikas gegeben, die alle mehr oder weniger offensichtlich die Wiedereinführung der Schöpfungslehre in den Wissenschaftsunterricht amerikanischer Schulen zum Ziel hatten.
„Texas – 1972
Virginia – 1973
Tennessee – 1975
Indiana – 1979
Kalifornien – 1981
Arkansas – 1982
Louisiana – 1987
Illinois – 1990
Alabama – 1991
Kalifornien – 1994
Indiana – 1996
Louisiana – 1997
Pennsylvania – 1998
Georgia – 2005
Pennsylvania – 2005”“
Das sind nur die Fälle, die vor Gericht verhandelt wurden. Hinzu kommen die Schulbezirke, die ihre Lehrpläne veränderten, zum Beispiel in Kansas 2003 oder in Ohio 2005.
In einem unscheinbaren Bürogebäude in Oakland in Kalifornien hängt eine Karte an der Wand. Darin stecken farbige Markierungen. Jede Markierung steht für einen Angriff auf die Evolutionslehre. Eugenie C. Scott ist Vorsitzende des Nationalen Zentrums für Wissenschaftsbildung in Oakland.
Eugenie C. Scott: „"Es gibt eine interessante Beziehung in Bezug auf den Evolutionsunterricht. Stellen Sie sich eine Kurve vor. Wenn Evolutionslehre an Schulen unumstritten ist und auf dem Höhepunkt der Kurve angekommen ist, beginnt der Widerstand gegen sie zu wachsen. Wenn Evolution nicht an den Schulen gelehrt wird, gibt es auch keinen Widerstand, warum auch?“
Doch die Kreationisten haben aus ihren Niederlagen gelernt. Sie tarnten ihre Strategie bis zur Unkenntlichkeit. Diese Evolution des Kreationismus, wie Eugenie C. Scott es nennt, begann gleich nach dem Urteil gegen die Schöpfungslehre 1968. Kreationisten begannen die Schöpfungslehre zu ver-wissenschaftlichen. Sie schufen Querverbindungen zwischen biblischen Ereignissen wie der Sintflut und wissenschaftlichen Disziplinen wie der Geologie und argumentierten, die Sintflut habe die Ablagerungen von Gesteins- und Erdschichten mit sich gebracht und so Gebilde wie den Grand Canyon geschaffen.
Eugenie C. Scott: „Das ist eine sehr clevere Strategie der Kreationisten. Der traditionelle Kreationismus, der wortwörtlich an eine junge, 6000 Jahre alte Erde glaubende, normale Kreationismus hat sich in eine Schöpfungswissenschaft verwandelt, die davon ausgeht, dass man all das mit Wissenschaft belegen könne. Das ist Anfang der 80er Jahre vor Gericht fürchterlich schiefgegangen. Die wollten, dass das an den Schulen gelehrt würde. Die Gerichte hatten erkannt, dass es sich um Schöpfungslehre handelt und haben gesagt, nein, das könnt ihr nicht machen.“
Im südlichen Louisiana probierten Befürworter der Schöpfungslehre einen neuen Vorstoß. Sie versuchten 1987 zu erreichen, dass die Schöpfungslehre den gleichen zeitlichen Raum in Schulen erhält, wie die Evolutionstheorie. Louisiana hatte eine Regelung erlassen, die besagte, dass Evolution und Schöpfung gleichermaßen an Schulen gelehrt werden müsse. Randall Balmer, Religionshistoriker an der Columbia University in New York.
Randall Balmer: „Das Problem bei dem Ansatz, der Schöpfungslehre die gleiche Zeit wie Darwins Theorien einzuräumen ist, dass man eine Religion oder zwei, wenn man Christentum und Judentum als zwei Religionen versteht, wenn man also einer oder zwei Religionen den gleichen Zeitraum wie der Evolution einräumt, gibt es ein Problem mit dem Ersten Verfassungszusatz.
Dann hätten die Navajos ein Argument, dass auch ihre Schöpfungsgeschichte gelehrt werden müsste, auch die hinduistische Schöpfungsgeschichte müsste gelehrt werden und wenn wir erst mit den amerikanischen Indianern anfangen, dann reden wir hier über hunderte, wenn nicht tausende Schöpfungsgeschichten. Man kann einfach nicht alle einbeziehen und noch einen vernünftigen Lehrplan aufrecht erhalten.“
Deshalb wird gar keine Schöpfungsgeschichte im Unterricht gelehrt. Im Fall von Louisiana urteilten die Gerichte, die biblische Geschichte habe nichts im wissenschaftlichen Unterricht an amerikanischen Schulen zu suchen.
Ganz im Nordwesten der USA in Seattle im Bundesstaat Washington hat eine Organisation ihren Sitz, die es sich zum Ziel gesetzt hat christliche Konzepte politisch durchzusetzen. Das „Discovery Institute“ ist eine der einflussreichsten christlichen Denkfabriken des Landes. Das Discovery Institut ist zur Zeit führend in der Verbreitung eines Konzeptes, das nicht neu, aber sehr populär ist: Intelligent Design.
Eugenie C. Scott: „Intelligent Design ist quasi aus der Asche der Schöpfungs¬wissen¬schaf¬ten entstanden. Es ist in Wirklichkeit ein Ableger der Schöpfungswissenschaft. Sie lassen die Sintflut außen vor, sie lassen auch die Schöpfung in sechs Tagen außen vor, sie lassen die 6000 Jahre alte Erde außen vor, sie lassen alles weg, was charakteristisch für die Schöpfungslehre geworden ist.
Was ausgesprochen raffiniert ist, ist die Tatsache, dass Intelligent Design sich ein Argument zu Nutze macht. Einige Dinge in der Natur sind unglaublich kompliziert und komplex konstruiert. Intelligent Design sagt jetzt, guck Dir diese komplexen Strukturen an. Das kann nicht durch Evolution entstanden sein, das muss von Gott geschaffen worden sein – natürlich sagen sie nicht Gott, sondern nennen ihn einen intelligenten Designer. Das Argument konzentriert sich darauf, dass Evolution nicht alles ist, deshalb muss es Gott gewesen sein.“
Das Konzept schlägt in Amerika hohe Wellen und ist in einigen Kreisen sehr populär. Auch einige Schulbehörden sind dem gesellschaftlichen Druck erlegen und haben Intelligent Design vorübergehend an ihren Schulen als Lehrmeinung zugelassen. Doch die Gerichte haben die Regelungen schnell wieder aufgehoben.
Ein Interview mit dem Discovery Institut ist daran gescheitert, dass die Sprecher der Denkfabrik gefordert hatten, die Fragen eine Woche vorher schriftlich zu bekommen, sie sich die Auswahl der Fragen vorbehielten, keine Zusatzfragen zugelassen wurden und die fertige Sendung von ihnen genehmigt werden müsste. Das sind Bedingungen, die die Aufgabe aller journalistischen Prinzipien bedeutet hätte.
Randall Balmer: „Die Leute, die für das Konzept verantwortlich sind, sind mit dem Discovery Institut in Seattle verbunden. Ich bin absolut davon überzeugt, dass sie bereits an der nächsten Version der Schöpfungslehre arbeiten. Die werden es wieder irgendwie anders nennen, aber sie sehen das als Möglichkeit einen Keil in die Gesellschaft zu treiben. Ihr Ziel ist eindeutig. Sie wollen die Schöpfung in die öffentlichen Schulen bringen.
Das wäre der erste Schritt, die amerikanische, pluralistische Demokratie auszuhöhlen. Dieses Land würde einem Gottesstaat gleichen, obwohl sie dieses Wort hassen wie die Pest, aber mein Gegenargument ist der sogenannte Enten-Test: Wenn etwas watschelt, wie einen Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es wahrscheinlich auch eine Ente. Und in diesem Fall, wenn die Erfolg haben und die Schulen unterwandern und den Ersten Verfassungzusatz aushebeln, dann sind wir auf dem Weg in einen Gottesstaat.“
Eugenie C. Scott: „Diese Strategie einen Keil in die Gesellschaft zu treiben zeigt die wahre Absicht, nämlich christliche Theologie zu fördern und zwar ihre Version christlicher Theologie in die amerikanische Gesellschaft zu bringen. Sie wollen die amerikanische Gesellschaft zu einer regelrechten Gottesgesellschaft machen. Es ist also eine theokratische Bewegung.“
Die Anzahl der Fälle, die vor dem Obersten Gerichtshof in Washington gelandet sind, zeigt, welche Bedeutung dem Gericht in dieser Frage zukommt. Präsident Bush hat zwei Posten am Gericht mit konservativen Richtern neu besetzt. Noch ist das Verhältnis zwischen konservativen und progressiven Richtern einigermaßen ausgeglichen. Doch es ist nicht unwahrscheinlich, dass der nächste Präsident mindestens einen neuen Richter vorschlagen können wird.
Zurück nach Cincinnati, wo etwas außerhalb das Schöpfungsmuseum liegt. Solange die Gerichte die biblische Entstehungslehre aus den Schulen raushalten, werden Museen wie das bei Cincinnati zum Forum der Kreationisten. Vor einem Jahr wurde das Museum eröffnet. Die für das erste Jahr angestrebten 250.000 Besucher waren bereits nach einem halben Jahr erreicht. Jetzt rechnen die Betreiber mit über einer halben Million Besuchern. Auf den ersten Blick wirkt der Bau nicht besonders groß, doch hinter der Fassade verbirgt sich ein weit verzweigtes Gebäude mit vielen großen Räumen auf zwei Ebenen. In der Ausstellung gibt es audio-visuelle Effekte, alles ist sehr plastisch ausgestattet, künstliche Bäume, Wasserfälle, unechte Tiere und Menschenfiguren bis zu Dinosauriern neben denen Kinder spielend gezeigt werden. Dazu eine beeindruckende Geräuschkulisse.
Die Kleidung des Personals weist keinerlei Anzeichen auf ein christliches Museum auf, im Gegenteil. Die Mitarbeiter tragen beige Hosen und Westen mit vielen Taschen. Sie sehen aus, wie Expeditionsmitarbeiter, Abenteurer oder Forscher. Tatsächlich sind es viele Freiwillige christlicher Kirchen aus dem ganzen Land. 27 Millionen Dollar hat der Bau gekostet, sagt Mitarbeiterin Georgia Purdom.
Von der Eingangshalle aus geht es durch eine engen Gang, der einer Schlucht nahe kommt.
Georgia Purdom: „Wir laufen hier durch den Grand Canyon. Hier erklären wir nichts, das tun wir später in dem Raum, in dem es um die Sintflut geht und um geologische Fragen geht. Dies soll nur zeigen, wie die Sintflut die Schichten aufgetürmt hat und auch die Fossilien, die wir darin finden.“
Ein paar Räume weiter. Der Weg führt durch einen tiefgrünen Wald mit vielen Tieren. In Mitten der Tiere sitzt ein muskulöser Mann. Adam.
Georgia Purdom: „Hier zeigen wir die Geschichte so wie sie in der Bibel beschrieben wurde. Und wir fangen mit der Schöpfung an. Das ist wirklich die perfekte Welt, so wie Gott sie erschaffen hat mit Tieren, Pflanzen und Menschen.“
Schon bald geht es in dem Museum gar nicht mehr so sehr um Schöpfung, sondern viel mehr darum, was passiert, wenn Gottes Weg verlassen wird. Dargestellt wird das Ganze durch eine dunkle Gasse, die aus einem Ghetto in Chicago oder New York City stammen könnte.
Polizeisirenen heulen in der Gasse, an der Wand kleben zerfetzte Zeitungsartikel in denen es um alles geht, was gegen das christliche Weltbild spricht: Gewalt, Sex, Stammzellforschung, Homosexualität und so weiter. Um die Ecke dann steht eine nachgebildete Backsteinkirche. Risse durchziehen die Wände der Kirche, Steine brechen heraus und das Dach droht einzustürzen, denn in die Grundmauer hat eine Abrissbirne eingeschlagen. Auf ihr steht: Millionen von Jahren.
Georgia Purdom ist etwa Anfang dreißig und promovierte Mikrobiologin. Acht promovierte, wissenschaftliche Mitarbeiter arbeiten in dem Museum. Zahlreiche weitere sind mit dem Museum kooperativ verbunden. Diese Dinge sollen beeindrucken, Besucher überzeugen und sagen, seht her, wenn seriöse Wissenschaftler hier arbeiten, dann stimmt unsere Version der Geschichte.
Georgia Purdom: „Was wir hier zeigen ist mehr meine Welt, wie Dinge sich biologisch ändern. Auf der Arche Noah gab es nur zwei Tiere von jeder Art. Daraus sind alle Tiere entstanden, die wir heute haben. Es sind keine Tiere mehr dazugekommen, sondern bestehende Tiere haben sich nur verändert. Und es gibt Veränderungen innerhalb einer Art, aber nicht zwischen den Arten.“
Die Macher des Museums sind um keine Antwort verlegen. Sie erklären alles mit dem Wirken Gottes auf Erden. Nichts in ihrer Welt scheint eine natürliche Ursache zu haben, sondern alles geht von Gott aus.
Eugenie C. Scott: „Im Grunde hat sich die christliche Kirche seit dem 17. Jahrhundert immer weiter von dem Konzept entfernt, dass Gott direkten Einfluss nimmt. In der Theologie gibt es eine Theorie die besagt, dass wenn etwas nicht durch natürliche Entstehung erklärt werden kann, dann muss es von Gott geschaffen worden sein. Unglücklicherweise hat die Wissenschaft die Angewohnheit, die Umwelt mit natürlichen Ursachen zu erklären. Wenn man also die Entstehung von Blitzen dadurch erklärt, dass Elektronen von den Wolken zur Erden wandern oder umgekehrt und man nicht mehr sagt, dass Gott den Blitz geschickt hat, dann ersetzt man Gott praktisch durch natürliche Umstände und Gott hat weniger zu tun. Als gläubiger Mensch möchte man aber Gott nicht ersetzen, man möchte die hoheitsvolle Erscheinung Gottes wahren. Dabei bleibt für Gott noch genug zu tun. Gott ist nur nicht mehr der kosmische Handwerker, der die Natur ausbessert, wenn man so will.“
Die neueste Strategie christlich-fundamentalistischer Organisationen in den USA in Bezug auf den Unterricht an öffentlichen Schulen heißt übrigens: teach the controversy. Mit Hilfe von Phänomen, die die Wissenschaft noch nicht erklären kann, sollen generelle Zweifel an den Aussagen der Wissenschaft erzeugt werden. Zugegeben, ein geringer Anspruch im Vergleich zur rückwärts gewandten Schöpfungslehre, aber die fundamentalistischen Organisationen in Amerika lassen nichts unversucht. Und im Moment können sie sich einer noch stärker werdenden Unterstützung sicher sein. Sie bauen auf den nächsten Präsidenten, auf die nächsten Richter am Obersten Gerichtshof und hoffen den Keil weiter in die amerikanische Gesellschaft treiben zu können.