Glosse

Was soll der Trubel um das Frauenquötchen?

Mehrere männliche und ein weibliches Vorstandsmitglied stehen auf einer Hauptversammlung zusammen auf dem Podium.
Bei Unternehmen ist das mit der Quote irgendwie schief angelegt, meint Burkhard Birke. © dpa / Oliver Berg
Von Burkhard Birke · 29.11.2014
In Deutschland gilt bald also eine gesetzliche Frauenquote. Wie konnte es nur so weit kommen? Ein Land, das von einer Frau regiert wird – was soll denn da noch groß quotiert werden? Eine Glosse von Burkhard Birke.
"Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut, in allen Lüften hallt es wie Geschrei, Dachdecker stürzen ab und gehen entzwei, und an den Küsten – liest man – steigt die Flut." Jakob von Hoddis hat dies vor etwas über hundert Jahren gedichtet, weil er ahnte, was passiert, wenn die gesetzliche Frauenquote kommt. Jetzt kommt sie, und alles kommt, was der Dichter sich und uns zusammenreimte: Die wilden Meere hupfen an Land, Eisenbahnen fallen von Brücken, die meisten Menschen haben einen Schnupfen, und deutsche Großunternehmen wandern in Scharen aus. Nach Feuerland, wo die Welt noch in Ordnung ist.
Wie konnte es nur so weit kommen? Wie kann das Widernatürlichste, das man sich denken kann, Wirklichkeit werden? Es liegt am falschen Denken. Woran sonst. Man könnte ja zum Beispiel sagen, dass in diesem unserem Landes die Frauenquote schon längst erfüllt, ach was, übererfüllt ist. Ein Land, das von einer Frau regiert wird – was soll denn da noch groß quotiert werden? Von einer Frau zumal, die allzuständig ist. Für Innen, Außen, Verteidigung, Gedöns, für alles eben. So dass dem hauptamtlichen Außenminister vorgeworfen werden kann, er betreibe eine Nebenaußenpolitik, wenn er nicht die Linie der Kanzlerin vertritt. Wenn das keine Totalquote ist, dann weiß ich es auch nicht.
Die größten Pfeifen müssen nach oben!
Aber auch bei Unternehmen ist das mit der Quote irgendwie schief angelegt. Das fängt ja schon mit dem Geltungsbereich an. Wieso Aufsichtsräte? Und wieso nur in den großen Aktiengesellschaften? Schon geht das Gemecker los, dass statt der Quote nur ein "Quötchen" beschlossen worden sei. Dabei ist schon der Ansatz falsch. Man muss doch das ganze Unternehmen berücksichtigen, also auch die Belegschaft der Werkskantinen, die Putzkolonnen, die Schreibbüros – und dann sieht das schon ganz anders aus mit der Quote.
Und was soll der Unsinn mit der gesetzlichen Quote? Guck mal: Die Männerherrschaft in den Führungsetagen ist doch auch nicht per Gesetz herbeigeführt worden, sondern durch Usurpation. Also widerrechtliche Besitznahme. Über Jahrzehnte, ach, was sag ich, Jahrhunderte haben die Kerls die Macht ganz oben mangels Widerstand an sich gerissen und dann fortwährend unter sich aufgeteilt. Und den Aufstieg der Mädels verhindert. Und sie sind ja nicht wegen irgendeiner Qualifikation da oben, sondern weil - nach dem erweiterten Parkinsonschen Gesetz - jeder Beschäftigte in einer Hierarchie bis zur Stufe seiner Unfähigkeit aufsteigt, und wenn er dort angekommen ist, ins Topmanagement abgeschoben wird, damit er weiter keinen Schaden anrichten kann.
Das müssen die Mädels erst mal schaffen. Nicht die Klügsten und Besten und Strebsamsten müssen nach oben, das wär ja nun wirklich allzu revolutionär, sondern die größten Pfeifen weiblichen Geschlechts. Erst dann täte Waffengleichheit herrschen, und erst dann könnte man sich darauf einigen, dass von diesem Zeitpunkt an ausschließlich die Qualifikation entscheidet. Dann brauchte man keine Quote mehr, denn dann würden die Frauen sowieso mehr als die Hälfte des Himmels besetzen. Offensichtlich haben auch die Frauen, die für Quote oder Quötchen kämpfen, das noch nicht begriffen.
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