Glosse

Was schenken wir Karl Marx?

Der deutsche Philosoph, Schriftsteller und Politiker Karl Marx in einer Aquatinta-Radierung von Werner Ruhner "Karl Marx in seinem Arbeitszimmer in London".
"Karl Marx in seinem Arbeitszimmer in London" - Radierung von Werner Ruhner. © dpa/picture alliance
Von Klaus Pokatzky · 19.04.2018
Am 5. Mai jährt sich der Geburtstag von Karl Marx zum 200. Mal – was uns vor erhebliche Probleme stellt. Was schenkt man einem wie ihm?
Marx wird 200! Echt! Aber das ist ja noch kein Alter für jemanden, der die Welt verändert hat – wie ansonsten nur Luther. Und der ist noch älter geworden. Aber was schenken wir ihm da bloß, dem Karl aus Trier? Er hat doch schon alles. Revolutionen und Revolutiönchen hat er im Keller. Die vielen Bücher in seinen Regalen kann man gar nicht zählen. Der Stalin steht in seiner Vitrine und grinst, der Trotzki weint, der Lenin guckt zur Decke.
Karls Wikipedia-Eintrag ist länger als der von den Dreien. Der von Karl ist auch fast so lang wie die von Erdoğan und Kim Jong-un zusammen. Aber Gottseidank ist er nicht so lang wie der von Trump – sonst müssten die sich in Trier jetzt aber vorsehen. Die Atombomber vom Trump sind in Rammstein um die Ecke. Die Chinesen haben Karls Geburtsstadt eine Statue geschenkt.

Was können wir Karl schenken?

Also was – in drei Engelsnamen – können wir da noch dem Karl schenken? Gottesdienste wie beim Martin im letzten Jahr gehen ja nun gar nicht. Also vielleicht am besten Geld? Das konnte er doch immer gut gebrauchen. Aber andererseits war doch sein ganzes Leben ein einziger Kampf gegen das Kapital. Die Verwandlung von Geld in mehr Geld und noch mehr Geld und noch mehr Geld: Das ist ja für den Karl der schändliche Kapital-Ismus. Und wenn wir ihm das jetzt schenken, dann ist er bestimmt tödlich beleidigt. Geld geht also gar nicht. Dann lieber eine Messe.
Obwohl. Moment. Vielleicht gibt’s da ja doch eine Möglichkeit. Im Kapitalismus vermehrt sich das Geld durch die Zinsen des Kapitals – und der Mensch und seine Arbeit zählt gar nichts mehr. Wenn wir jetzt aber einen Geldschein machen mit dem Kopf vom Karl und schreiben eine Null darauf, dann kann sich der Wert ja nicht vermehren, weil: Null durch Null ist nüscht – und Null mal Null ist ooch nüscht!

DDR Museum, Trier, Übersee

Gesagt getan. Erst mal setzt das DDR Museum in Berlin die tolle Idee um und druckt den Nuller-Marx. Unter die Leute gebracht für zwei Euro – keine Ostmark. Dann kommt die Stadt Trier und druckt. Preis: drei Euro – keine Westmark. Im Westen war eben schon immer alles etwas teurer als im Osten. 5000 Stück sind im Nu verkauft: in die ganze Welt, bis nach Südamerika und Australien. Jetzt werden 20.000 Exemplare nachgereicht; der Geburtstag vom Karl ist schließlich in knapp zwei Wochen, am 5. Mai. Da freut er sich bestimmt.


Freut er sich? Bei Ebay werden die Scheine schon für 32 Euro 90 angeboten. Null mal Null geht also doch. Nach oben offen. Und wenn der Karl in 50 Jahren ein Vierteljahrtausend alt wird, dann kosten die Nullerscheine von heute wahrscheinlich hunderte oder tausende Euro.
Karl Marx auf einem Null-Euro-Schein
Das Foto zeigt Vorder- und Rückseite der Null-Euro-Scheine, die die Trier Tourismus und Marketing GmbH jüngst herausgebracht hat zum 200. Geburtstag des Philosophen Karl Marx.© picture alliance/dpa/Foto: Harald Tittel

"Sobald das Geld bei Ebay klingt, ..."

Der Martin, der immer ein Jahr vorher seinen runden Geburtstag hat, hatte einen Gegenspieler: den Johann Tetzel. Der hat seine Nullerscheine für die Kassen des Papstes mit dem Geschäftsmotto verhökert: "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!" Wenn der Karl jetzt googelt und da seine Nullerscheine sieht, dann können wir nur sagen: "Sobald das Geld bei Ebay klingt, der Marx an die Decke springt!" Was schenken wir dem Karl bloß?
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