Glosse: Das Judentum ist auch keine Lösung!

Von Gerald Beyrodt |
Können Sie Ihre Kinder, Ihre Eltern, Ihre Geschwister noch ertragen? Ja? Dann haben Sie vermutlich in den letzten Tagen nicht Weihnachten gefeiert. Denn solche Feste eignen sich vorzüglich für Zerwürfnisse. Das gilt genauso für jüdische Feiertage.
Die Tage nach Weihnachten dienen dem Umtausch, nicht nur von Geschenken. Manche wollen gleich die Religion auswechseln. Kaum zu einer anderen Zeit bekommen Rabbiner so viele Konversionsanfragen wie nach Weihnachten. Die fette Gans, die Knödel aus der Tüte, der Stress mit der Familie, die anstrengenden Einkäufe und dann die wirklich enttäuschenden Geschenke, man kann verstehen, warum viele nach Weihnachten keine Christen mehr sein wollen. Zudem spielen Gottes Mutter und Gottes Sohn an Weihnachten eine tragende Rolle. Bei so viel Verwandtschaft kann das Fest doch nur im Familienkrach enden.
Allen Konversionswilligen sei allerdings gesagt: Judentum ist auch keine Lösung. Jedenfalls dann nicht, wenn man ruhige, friedliche Feiertage liebt. Wer christliche Weihnachten schon traumatisch findet, hat noch kein jüdisches Pessachfest erlebt. Denn auch rund um den Sedertisch kann man sich prima zerstreiten. Wahrscheinlich ist Pessach ohne Zerwürfnis gar kein richtiges Pessach. Das Fest feiert den Auszug aus Ägypten und Freiheit von der Sklaverei. Besonders plastisch wird der Freiheitsgedanke vielleicht, wenn man die Familie nach Pessach wieder vom Leib hat.
Einen Unterschied gibt es vielleicht doch. Während der Streit bei christlichen Festen eher stört und Weihnachten das Fest der Liebe sein soll, gehört der Streit im Judentum oft ganz offiziell dazu. So wimmelt es im Talmud von Kontroversen. Und Familienkräche werden genüsslich ausgekostet. Es regiert die Freude am Konflikt. Viel schöner als die Freude an der Synagoge, in die man geht, ist die Freude an der Synagoge, in die man nicht geht. Weil die Mitglieder der Konkurrenz-Gemeinde nämlich alles falsch machen: zur Gemeinde hin beten statt zu Gott oder umgekehrt, weil sie an entscheidender Stelle was weglassen oder überhaupt nichts weglassen und der Gottesdienst daher öde ist wie die Eurovisions-Endausscheidung. Selbstverständlich sind die Argumente völlig gleichgültig und könnten genauso gut durch ihr Gegenteil ausgetauscht werden. Hauptsache, es gibt Familienkrach.
So sind friedliche Feste vom Judentum eher nicht zu erwarten, und auch das Essen liegt schwer im Magen. Denn Juden essen mit ähnlicher Inbrunst, wie sie streiten. Vielleicht empfiehlt sich eine Konversion zum Buddhismus? Friedlich sind die Anhänger Buddhas wahrscheinlich auch nicht immer, aber viele von ihnen wenigstens Vegetarier.