Glosse

2015 und die große Angst vor Franz Josef Strauß

September 1980: Der damalige bayerische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der Union, Franz Josef Strauß, bei einem Besuch der Schachtanlage "Erin" in Castrop-Rauxel-
Franz Josef Strauß im September 1980 bei einem Besuch in einer Schachtanlage: 2015 wäre der CSU-Politiker 100 Jahre alt geworden. © picture alliance / dpa / Wilhelm Bertram
Von Thomas Klug · 30.12.2014
Unser Autor Thomas Klug staunt nicht schlecht, als ihn das Jahr 2015 für eine Bewerbung auf seinem Telefon anruft. Am Ende eines bizarren Dialogs über den 100. Geburtstag Franz Josef Strauß' und die Zukunft des BER erteilt er dem Jahr 2015 aber eine Absage.
Ein Telefon klingelt:
"Hallo ... Hier spricht 2015."
Hier ist das Human Ressource-Center for New Year oder so ähnlich. Spreche ich mit ...
"Natürlich. Schön, dass sie anrufen. Sie wollen bestimmt, dass ich..."
Sind Sie wirklich 2015? Sie klingen alt - ähh: reifer.
"Haha"
Also, ich fange mal so an. Eine alte Thüringer Volksweisheit sagt: Dieses Jahr ist nicht so gut wie das letzte Jahr. Aber es immer noch besser, als das kommende.
"Ja, aber mein Optimismus ... Jupiter ... ähhh, Sie wissen schon."
Ach, diese Jupiter-Geschichte. Sie bringen Optimismus, Zuversicht und Lebensmut, weil Sie ein Jupiter-Jahr sein wollen. Haben Sie das aus einem Wahlprogramm kopiert: Glück und Schönheit für alle. Mehr Brutto vom...Dings. Wir. Sind. Zukunft? Mhhh.
Ihre Bewerbung ist in der engeren Auswahl
"Jupiter ist ein Glücksplanet. In dessen Zeichen werde ich stehen. Das weiß jeder gebildete... Astrologe."
Also keiner.
"Astrologie ist eine ganzheitliche Wissenschaft. Da muss man sich sehr genau einfühlen. Da wirken ganz besondere Kräfte, die sich der Wahrnehmung einfacher Sterblicher entziehen."
Ja, prima. Danke erstmal für Ihre Bewerbung. Sie wissen, dass wir nur alle zwölf Monate ein neues Jahr einstellen können. Ihre Bewerbung ist aber in der engeren Auswahl.
"Oh. Danke."
Sie haben ein durchaus "reichhaltiges" Programm zu bieten. Aber Waterloo. Sie behaupten, es wäre der 200. Jahrestag. Waterloo war aber doch 1974, als ABBA beim Grand Prix...
"Ich meine die Schlacht von Waterloo. Napoleon. Mhhh."
Ach, dieser Skandal-Zwerg. Der sollte doch auf dem CDU-Parteitag sprechen, was selbst der Merkel zu peinlich war...
Nicht Sarkozy, der richtige Napoleon
"Nicht Sarkozy. Ich meine den richtigen Napoleon, der in der Schlacht von Waterloo...
Dafür kann die Merkel aber nun wirklich nichts.
"Sag ich doch."
Sie, sehr geehrtes Jahr 2015, Sie bieten eine Sonnenfinsternis an. Und eine Mondfinsternis. Die Schwarzfahrer sollen auch noch mehr Strafe zahlen. Und wenn alles eh schon so dunkelschwarz ist, kommen Sie noch mit Strauß, Franz Josef. Was soll ein Mensch denn noch alles ertragen?
"Aber da bin ich ganz besonders stolz darauf. Der 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß, ein Mannsbild, ein..."
Franz Josef Strauß: "Wenn diese Bundesrepublik Deutschland einen fundamentalen Richtungswandel in Richtung Rot-Grün ziehen würde, dann wäre unsere Arbeit der letzten 40 Jahre umsonst gewesen. Dann wäre das Schicksal der Lebenden ungewiss und die kommenden Generationen – ihr Leben würde auf dem Spiele stehen."
Wissen Sie was passiert, wenn die Bayern das erfahren: Ein Jahr Strauß-Anbetung, alle Strauß-Reden in Endlos-Schleife, sein Leben wird verfilmt mit Veronica Ferres als Franz und Ottfried Fischer als seine zwei Söhne. Bud Spencer als Strauß-Tochter. Und die Merkel spielt alle Diktatoren, mit denen sich Strauß getroffen hat - Glorreiche Halunken.
"Nun reden Sie sich mal nicht so in Rage. Das muss doch nicht so kommen. Vielleicht spielt die Merkel gar nicht mit und Stoiber spielt den Seehofer, weil der doch irgendwie..."
2014 einfach wiederholen
Am liebsten würde ich dieses 2014 wiederholen. Merkt doch eh keiner.
"Wollen Sie das wirklich? Ich sage nur 100 Jahre."
Oh. Das wäre ja nochmal 100. Jahrestag des ersten Weltkriegs. Da wurde ja aus allen Rohren geschossen. Dann nochmal Kohl-Enthüllungen. Und dann noch Mmmh.
"Messe der Meister von Morgen. Die gibt es seit 25 Jahren nicht mehr."
Maut, Mehdorn, Merkel.
Angela Merkel: "Und deshalb sage ich aus vollem Herzen und mit diesen 24 Jahren Erfahrung, die CDU ist eine großartige Partei und deshalb tut sie Deutschland gut."
"Die Merkel haben Sie jedes Jahr. Kriegen Sie nicht mehr los. Das ist wie Weihnachten."
Wie Halloween. Und Maut von Januar bis Dezember. Jeder sagt, Maut ist doof. Dobrindt sagt, die Maut kommt. Und das alles noch mal? Und Mehdorn. Nein.
"Satire darf alles"
"Ich könnte Mehdorn nächstes Jahr zurücktreten lassen."
Und davon wird der Flughafen fertig?
"Nein, aber dann erklärt ein anderer, woran es liegt."
Können Sie wenigstens einen Trost einplanen. Kritischen Trost.
"Kurt Tucholsky: Sie wissen 'Soldaten sind Mörder' und 'Satire darf alles'."
Und: Ironie funktioniert auch im Radio. Die ewigen Wahrheiten. Klingt gut. Was haben Sie da eingeplant?
"Den 80. Todestag."
Das nennen Sie Trost?
"Also, wann soll ich denn nun anfangen bei Ihnen?"
Wir haben beschlossen, erst einmal kein ganzes Jahr einzustellen
Liebes Jahr 2015, ich versuche folgendes zu erklären: Aufgrund von Sparmaßnahmen und der internationalen Lage haben wir beschlossen, erst einmal kein ganzes Jahr einzustellen.
Wir könnten Ihnen aber befristet die Möglichkeit geben, uns von Ihren Ideen zu überzeugen – so als Praktikum oder sogar ein Mini-Job, wenn Sie bis dahin ein paar wirklich neue Ideen und noch nie dagewesene Ereignisse liefern. Ganz schonungslos, ganz offen, ganz neu. Jetzt nicht so revolutionär, sondern eher freundlich, liebevoll und allgemein bekannt. Sie wissen schon. Alles in einer Woche.
"Wie jetzt?"
Und Brückentage. Sie haben viel zu wenig Brückentage vorgesehen.
"Ach ja."
Hörer wird aufgelegt.
Und jetzt wird dieses 2016 mal angerufen. Vielleicht hält man das dann aus.
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