Gloser wirbt für Freihandelsabkommen

Moderation: Christopher Ricke |
Der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Günter Gloser, hat für engere Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den ASEAN-Staaten geworben. Besonders in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sehe er große Potenziale, sagte der SPD-Politiker. Auf der EU-ASEAN-Außenministerkonferenz würden aber auch die Menschenrechte thematisiert.
Christopher Ricke: Zu den großen Staatenbünden der Welt gehören die Europäische Union und die ASEAN. In den 27 Ländern der EU knapp 500 Millionen Menschen, in den zehn Staaten des südostasiatischen Verbundes knapp 600. Heute und Morgen tagen die Außenminister der beiden, also von EU und ASEAN. Themen sind ein geplantes Freihandelsabkommen, der Klimaschutz und die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. An der Konferenz in Nürnberg nimmt auch der Staatsminister im Auswärtigen Amt Günter Gloser von der SPD teil. Guten Morgen Herr Gloser!

Günter Gloser: Guten Morgen Herr Ricke!

Ricke: Wir diskutieren in Europa ja sehr intensiv in diesen Wochen den Klimaschutz, die Zukunft der Energieversorgung. Haben Sie dieses Interesse auch bei den Kollegen aus Südostasien entdeckt?

Gloser: Ja, das ist sozusagen nicht nur eine Erfindung hier bei uns in den letzten Monaten in der Europäischen Union. Auch die ASEAN-Staaten und auch Nachbarländer haben bereits über das Thema Klimaschutz und beispielsweise effizienter Energieeinsatz gesprochen.

Ricke: Ganz aktuell haben die Briten gesagt, sie werden die Weltmeister im Klimaschützen, und Europa will sich insgesamt gerne beim Klimaschutz auch technologisch an die Spitze setzen. Bei den ASEAN-Staaten gibt es viele Tigerstaaten. Da gibt es Volkswirtschaften mit erheblichen Potenzialen. Was sind das denn für welche? Sind das jetzt unsere Kunden der Zukunft für Klimatechnologie oder sind es unsere Wettbewerber?

Gloser: Nein, ich glaube, es ist beides. Wenn die Briten vorangegangen sind beziehungsweise gute Ziele sich gesetzt haben, dann finde ich es toll. Das löst einen positiven Wettbewerb aus in der Europäischen Union. Zum anderen haben wir ja auch am vergangenen Donnerstag und Freitag auf dem Europäischen Rat deutlich gemacht, was man alles umsetzen muss, um diese Ziele zu erreichen, und zum anderen, glaube ich, kann die Technologie, die ja in der Europäischen Union vorhanden ist und, man darf an dieser Stelle ruhig erinnern, auch in Deutschland gerade vorhanden ist, sicherlich ein Bereich sein, in dem der Handel und der Austausch von Informationen gerade auch mit den ASEAN-Staaten weiter ausgebaut werden kann.

Ricke: Damit sind wir ja quasi schon beim geplanten Freihandelsabkommen. Das steht noch nicht, das soll erst kommen, das muss erst noch verhandelt werden. Ich darf hier mal ganz eigennützig sein: Was bringt denn so ein Freihandelsabkommen dem Standort Europa, den europäischen, den deutschen Arbeitsplätzen?

Gloser: Also einmal muss man ja immer sehen, ASEAN ist ja nicht so bekannt, was verbirgt sich dahinter? Sie haben ja gerade die Länder auch aufgezählt, aber man muss die Dimension sehen. Die Bevölkerung beträgt auch in diesen zehn Staaten mittlerweile 500 Millionen Einwohner, und wir haben immer nur auf dem Film gegenwärtig China und Indien. Ich glaube, dass es wichtig ist, wenn man Handelsbeschränkungen abbauen kann, wenn man Zoll beispielsweise verändern kann, dann ist es wichtig für beide Seiten. Es ist nicht nur eine Einbahnstraße, also wir müssen auch akzeptieren, dass es – Sie haben es gerade auch gesagt – Länder sind, die sich noch entwickeln müssen. Auch die müssen die Möglichkeit haben, ihre Produkte bei uns zu verkaufen. Umgekehrt haben wir aber natürlich auch auf Grund unserer Technologien, auf Grund unserer Produkte die Möglichkeit, einen Markt weiter zu erschließen.

Ricke: Wenn wir uns mal die beiden Staatenbünde ansehen, die Europäer sind vielleicht ein bisschen heterogen, aber sie haben zumindest eins: Es sind gefestigte Demokratien. Das sieht bei den ASEAN-Staaten ein bisschen anders aus. Ich zähle sie mal auf: Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand, Brunei, Vietnam, Myanmar, früher Birma, Laos und Kambodscha. Das ist sehr verschieden. Das sind bei Leibe nicht alles Demokraten. Am schlimmsten ist es sicherlich in Myanmar, in Birma, hier gibt es eine Militärdiktatur. Die Friedensnobelpreisträgerin von 91 Aung San Suu Kyi steht nach wie vor unter Hausarrest. Jetzt könnte man ja Zyniker sein und sagen, damit können wir umgehen, damit gehen wir seit Jahren um. Da wir aber keine Zyniker sind, muss die Frage gestellt werden, vielleicht auch beantwortet werden: Was fordern wir Europäer in der Menschenrechtsfrage?

Gloser: Also diese Themen werden auch auf dieser Konferenz in Nürnberg Gegenstand sein, denn wir haben ja auch eine andere Entwicklung vorher gehabt, nämlich in Thailand auch. Auch dort wollen wir hören, wie die Entwicklungen sind. Aber Sie sprechen ganz genau Myanmar an, da können wir nur appellieren und auch noch mal ganz deutlich machen, aber mit einem konkreten Ziel auch, dass die vielen Schritte, die notwendig sind, nämlich was Demokratie angeht, was Grundfreiheiten angeht, was die Freilassung von politischen Gefangenen angeht, mit dem Ziel, auch beispielsweise eine nationale Versöhnungskonferenz einzuberufen, dass das sozusagen nicht auf die lange Bank geschoben werden kann, denn der Prozess hält jetzt über einige Jahre an. Selbst innerhalb der ASEAN-Staaten sind ja Versuche unternommen worden, und wenn wir miteinander reden, wenn wir miteinander sprechen, wenn wir Ziele haben, dann, glaube ich, kann ein Thema wie Menschenrechte, wie demokratische Grundfreiheiten, nicht ausgespart bleiben.

Ricke: Bleiben das Lippenbekenntnisse oder kann man da wirklich etwas erwarten?

Gloser: Nein, es dürfen auch keine Lippenbekenntnisse bleiben, denn ich weiß, wir hätten es immer ganz gerne, wenn wir auf den Schalter drücken, dass gleich alles kommt. Das ist schwieriger. Wir brauchen auch die Bereitschaft derjenigen, aber es kann nicht einfach weggesehen werden, sondern wir müssen das ansprechen. Wenn man will, dass bilateral oder aber in einem Verbund gute Beziehungen bestehen sollen, dann muss auch so ein Thema angesprochen, und ich bin froh, dass es jetzt nicht nur eine Aufgabe und bisher eine Diskussion innerhalb der Europäischen Union gegenüber Myanmar ist, sondern dass auch innerhalb der ASEAN-Staaten da ein Prozess in Gang gekommen ist, und vielleicht, denke ich, diese Hoffnung habe ich, gemeinsam mit diesen Staaten und der EU kann eine Veränderung herbeigeführt werden.

Ricke: Zum Schluss noch ganz kurz das Thema weltweiter Kampf gegen den Terror, falls man das überhaupt kurz behandeln kann: Was wird das in Nürnberg werden, eine Bestandsaufnahme, oder gibt es eine neue Initiative?

Gloser: Also wir machen ja generell, nachdem die Beziehungen EU-ASEAN 30 Jahre bestehen, eine kleine Bestandsaufnahme. Aber genauso sind die Dinge wie in der Europäischen Union, was liegt vor uns, wo sind die größten Herausforderungen, und da ist auch die Frage, ASEAN-Staaten haben sich damit beschäftigt vor kurzem in ihrer Konferenz über die Herausforderung des Terrorismus, und das wird auch ein Bereich sein, wie weit kann man miteinander noch zusammenarbeiten, welche Möglichkeiten gibt es auf der polizeilichen Ebene beispielsweise zusammenarbeiten.

Ricke: Vielen Dank für das Gespräch.