Globalisierung am Tresen
In einer Bremer Kneipe treffen sich jede Woche Kneipengänger mit Gleichgesinnten aus ihrer polnischen Partnerstadt Danzig. Zuprosten können sie sich dabei, nur gemeinsam anstoßen nicht, denn das Ganze ist eine Internet-Liveschaltung per Webcam.
Freitagabend, 20 Uhr, in der Bremer Kneipe Hart Backbord. Die Vorbereitungen für die Internet-Liveschaltung nach Danzig laufen auf Hochtouren. Bevor's richtig losgeht, macht Moderatorin Frauke Wilhelm noch ein kleines Vokabeltraining mit den Kneipengästen. Thema heute: Leben von der Kunst.
Wilhelm: "… dieser junge Mann lebt von Luft und Liebe, das machen die Künstler gerne, sag mal Beata, wie das ausgesprochen wird polnisch."
Viele Bremer Künstler sind gekommen an diesem Abend, oder einfach Neugierige. Ein ganz besonderes Anliegen hat Gregor Dorr ins Hart Backbord geführt:
Dorr: "Ich bin Danziger und seit 20 Jahren hier, und ich möchte meinen Kumpel wieder sehen, vor 25 Jahren wir haben zusammen Abitur gemacht, und er hat mir SMS geschickt, dass er heute da ist, und mal sehen, ob das klappt."
Um halb neun dann ist es soweit…
Wilhelm: "Ich höre was, ahhh "
Beata: "Hallo, hallo, witamy was… "
…und das nicht nur an diesem Abend. Immer freitags treffen sich Bremer und Danziger zum virtuellen Kneipengespräch - Globalisierung am Tresen quasi. Dort sitzt auf Bremer Seite an diesem Freitag auch Tom Gaeffken und berichtet von den finanziellen Schwierigkeiten als Künstler:
Gaeffken: "Es reicht leider nicht immer, es gibt gute und schlechte Jahre, und in den Zeiten, wo es nicht reicht, muss man halt sehen, was gibt es für Alternativen, und die liegen bei mir im handwerklichen Sektor, dann muss ich leider zurückgreifen aufs Parkettverlegen und Bödenschleifen."
Leben von der Kunst, das kann auch in Polen ein ziemlich hartes Brot sein, bestätigen die Danziger Kollegen. Aber, und da sind sich Bremer und Danziger Künstler einig, verbiegen lassen will man sich nicht, und die glücklicheren Menschen sind Künstler sowieso. Beide Seiten haben Filme gedreht, in denen die Kunstschaffenden ihre Arbeit vorstellen. Die Bremer erfahren, dass es so etwas wie eine Ich-AG in Polen nicht gibt. Und ihre Kollegen von der polnischen Ostsee wollen wissen, ob in deutschen Schulen die Gebrüder Grimm gelesen werden und wer für die Brauerei Becks die Werbeaufnahmen macht. Am Ende dann steht eine Einladung nach Danzig zu gemeinsamen Projekten.
Wilhelm: "… ich danke auch Beata, danke an Euch drüben."
Für Gregor Dorr jedenfalls hat sich der Abend gelohnt, sein Schulfreund saß tatsächlich in der Danziger Kneipe:
Dorr: "Das war der in der schwarzen Weste, der hat sich kaum verändert. Der schlaue Fuchs hat sich gleich bei Moderatorin hingesetzt, ich konnte ihn gut sehen, ja. Wir tauschen jetzt bestimmt E-Mail-Adressen. Ich werde bestimmt im Herbst in Danzig sein, und dann treffen wir uns bestimmt."
Und Künstler Tom Gaeffken freut sich vor allem über die Einladung seiner polnischen Kollegen:
Gaeffken: "Ja, also ich bin nicht mit besonders großen Erwartungen rangegangen, weil ich son Skeptiker bin, was so diese Internetschaltungen angeht, aber is okay. Das Problem ist natürlich immer nur, dass man nen minimalen Ausschnitt dessen wahrscheinlich mitkriegt, was tatsächlich in so einer Stadt läuft. Interessant an der ganzen Geschichte finde ich, dass jetzt tatsächlich ein Kontakt entsteht und man sich treffen wird, (…) und das denke ich ist ein ganz großes Plus dieses Abends, denn ich denke auch, über solche Geschichten wachsen auch die Städte dann noch näher zusammen."
Mit ihrer Idee Kneipenportal hatte sich Frauke Wilhelm für das so genannte Bremer Weltspiel beworben, einer Begleitinitiative zur Bewerbung Bremens als Kulturhauptstadt 2010. Die Bewerbung ist zwar gescheitert, Projekte wie das Kneipenportal laufen aber weiter.
Wilhelm: "Diese Idee Bildtelefon, die interessiert mich schon ewig lange, und als dann diese Weltspiel-Idee kam, das heißt spielerisch mit Menschen aus anderen Ländern in Kontakt zu treten und zu sagen, man holt etwas her, da hab ich gedacht, vielleicht kann man darüber wirklich die Alltagswelt hierher holen, oder unsere Alltagswelt drüben zeigen. Nicht ein Städtepartnerschaftsprojekt zu machen auf so einer offiziellen Ebene mit irgendwelchen Pamphleten und Absichtserklärungen, sondern auf dem Boden: wir, unsere Straße. Ihr, Eure Straße. Ja, wie geht das Leben bei Euch?"
Lebensnah sind darum auch die Themen im Kneipenportal: "Was bist Du von Beruf?" "Wie lernen wir?" oder eben "Leben von der Kunst". Sogar Bremens Bürgermeister Henning Scherf war schon da, um sich mit seinem Danziger Amtskollegen Paweł Adamowicz via Internet auszutauschen. Diese Woche steht Fußball auf dem Programm. Werder Bremens polnischstämmiger Nationalspieler Miro Klose hat aber noch nicht zugesagt. Bis Anfang Juli noch läuft das Projekt, wenn es nach Frauke Wilhelm geht, dann kann das Kneipenportal aber ruhig noch eine Weile weiter laufen:
Wilhelm: "Im Moment überlegen wir eben: Wie kann man ein Nachfolgeprojekt entweder mit einer anderen Partnerstadt, Riga oder mit Danzig oder ner anderen Stadt, aufziehen, oder wie kann man aus diesem Projekt etwas entwickeln, was vielleicht auch kommerziell sich trägt?"
Wilhelm: "… dieser junge Mann lebt von Luft und Liebe, das machen die Künstler gerne, sag mal Beata, wie das ausgesprochen wird polnisch."
Viele Bremer Künstler sind gekommen an diesem Abend, oder einfach Neugierige. Ein ganz besonderes Anliegen hat Gregor Dorr ins Hart Backbord geführt:
Dorr: "Ich bin Danziger und seit 20 Jahren hier, und ich möchte meinen Kumpel wieder sehen, vor 25 Jahren wir haben zusammen Abitur gemacht, und er hat mir SMS geschickt, dass er heute da ist, und mal sehen, ob das klappt."
Um halb neun dann ist es soweit…
Wilhelm: "Ich höre was, ahhh "
Beata: "Hallo, hallo, witamy was… "
…und das nicht nur an diesem Abend. Immer freitags treffen sich Bremer und Danziger zum virtuellen Kneipengespräch - Globalisierung am Tresen quasi. Dort sitzt auf Bremer Seite an diesem Freitag auch Tom Gaeffken und berichtet von den finanziellen Schwierigkeiten als Künstler:
Gaeffken: "Es reicht leider nicht immer, es gibt gute und schlechte Jahre, und in den Zeiten, wo es nicht reicht, muss man halt sehen, was gibt es für Alternativen, und die liegen bei mir im handwerklichen Sektor, dann muss ich leider zurückgreifen aufs Parkettverlegen und Bödenschleifen."
Leben von der Kunst, das kann auch in Polen ein ziemlich hartes Brot sein, bestätigen die Danziger Kollegen. Aber, und da sind sich Bremer und Danziger Künstler einig, verbiegen lassen will man sich nicht, und die glücklicheren Menschen sind Künstler sowieso. Beide Seiten haben Filme gedreht, in denen die Kunstschaffenden ihre Arbeit vorstellen. Die Bremer erfahren, dass es so etwas wie eine Ich-AG in Polen nicht gibt. Und ihre Kollegen von der polnischen Ostsee wollen wissen, ob in deutschen Schulen die Gebrüder Grimm gelesen werden und wer für die Brauerei Becks die Werbeaufnahmen macht. Am Ende dann steht eine Einladung nach Danzig zu gemeinsamen Projekten.
Wilhelm: "… ich danke auch Beata, danke an Euch drüben."
Für Gregor Dorr jedenfalls hat sich der Abend gelohnt, sein Schulfreund saß tatsächlich in der Danziger Kneipe:
Dorr: "Das war der in der schwarzen Weste, der hat sich kaum verändert. Der schlaue Fuchs hat sich gleich bei Moderatorin hingesetzt, ich konnte ihn gut sehen, ja. Wir tauschen jetzt bestimmt E-Mail-Adressen. Ich werde bestimmt im Herbst in Danzig sein, und dann treffen wir uns bestimmt."
Und Künstler Tom Gaeffken freut sich vor allem über die Einladung seiner polnischen Kollegen:
Gaeffken: "Ja, also ich bin nicht mit besonders großen Erwartungen rangegangen, weil ich son Skeptiker bin, was so diese Internetschaltungen angeht, aber is okay. Das Problem ist natürlich immer nur, dass man nen minimalen Ausschnitt dessen wahrscheinlich mitkriegt, was tatsächlich in so einer Stadt läuft. Interessant an der ganzen Geschichte finde ich, dass jetzt tatsächlich ein Kontakt entsteht und man sich treffen wird, (…) und das denke ich ist ein ganz großes Plus dieses Abends, denn ich denke auch, über solche Geschichten wachsen auch die Städte dann noch näher zusammen."
Mit ihrer Idee Kneipenportal hatte sich Frauke Wilhelm für das so genannte Bremer Weltspiel beworben, einer Begleitinitiative zur Bewerbung Bremens als Kulturhauptstadt 2010. Die Bewerbung ist zwar gescheitert, Projekte wie das Kneipenportal laufen aber weiter.
Wilhelm: "Diese Idee Bildtelefon, die interessiert mich schon ewig lange, und als dann diese Weltspiel-Idee kam, das heißt spielerisch mit Menschen aus anderen Ländern in Kontakt zu treten und zu sagen, man holt etwas her, da hab ich gedacht, vielleicht kann man darüber wirklich die Alltagswelt hierher holen, oder unsere Alltagswelt drüben zeigen. Nicht ein Städtepartnerschaftsprojekt zu machen auf so einer offiziellen Ebene mit irgendwelchen Pamphleten und Absichtserklärungen, sondern auf dem Boden: wir, unsere Straße. Ihr, Eure Straße. Ja, wie geht das Leben bei Euch?"
Lebensnah sind darum auch die Themen im Kneipenportal: "Was bist Du von Beruf?" "Wie lernen wir?" oder eben "Leben von der Kunst". Sogar Bremens Bürgermeister Henning Scherf war schon da, um sich mit seinem Danziger Amtskollegen Paweł Adamowicz via Internet auszutauschen. Diese Woche steht Fußball auf dem Programm. Werder Bremens polnischstämmiger Nationalspieler Miro Klose hat aber noch nicht zugesagt. Bis Anfang Juli noch läuft das Projekt, wenn es nach Frauke Wilhelm geht, dann kann das Kneipenportal aber ruhig noch eine Weile weiter laufen:
Wilhelm: "Im Moment überlegen wir eben: Wie kann man ein Nachfolgeprojekt entweder mit einer anderen Partnerstadt, Riga oder mit Danzig oder ner anderen Stadt, aufziehen, oder wie kann man aus diesem Projekt etwas entwickeln, was vielleicht auch kommerziell sich trägt?"