Globaler Terror? Fehlanzeige!

Von Vlad Georgescu · 26.09.2013
Seit mehr als einem Jahrzehnt attackieren global vernetzte Terrorbanden wie jetzt Islamisten in Kenia die westliche Welt. So scheint es zumindest. Doch der Eindruck trügt, argumentiert der Wirtschaftsjournalist Vlad Georgescu. Er hält den organisierten Terror, den "George W. Bush oder Gerhard Schröder als Tatsache zu verkaufen suchten", für einen großen Fake.
Wenn Geheimdienste in die Kritik geraten, dann reagieren sie zuverlässig mit der Warnung vor den Gefahren des international agierenden Terrorismus. Der deutsche Bundesinnenminister tut es NSA und Co. gleich und warnt in regelmäßigen Abständen vor drohenden Anschlägen hierzulande. Doch die Angst vor dem Terror erweist sich bei näherer Betrachtung als kaltes Kalkül – und die vermeintlich massive Bedrohung durch international operierende Terrornetzwerke als Fake. Ausgerechnet die Verwundbarkeit der Bundesrepublik ist ein Beleg für unsere Sicherheit.

Um nicht missverstanden zu werden: Es gab in der Vergangenheit immer wieder verheerende Terroranschläge auf Metropolen der westlichen Welt. Nach dem 11. September 2001 detonierten Bomben in London, Madrid und Boston, viele Menschenleben waren zu beklagen. Und vermutlich werden einzelne Anschläge auch in Zukunft Opfer fordern.

Aber sind hier wirklich international vernetzte Terrorzellen am Werk? Wohl kaum. Von einer gut organisierten, globalen terroristischen Bedrohung kann keine Rede sein. Warum? Weil die meisten strategischen Punkte der Bundesrepublik auch zwölf Jahre nach 9/11 noch vollkommen ungeschützt sind. Und trotzdem ist nichts passiert.

Die Rede ist von den vielen strategischen und taktischen Zielen, die Deutschland zu bieten hat – und deren Ausschaltung das gesamte Wirtschaftsleben der größten europäischen Ökonomie lahmlegen würde. Auch ohne allzu genaue Details machen ein paar Beispiele deutlich, worum es geht:

So ist die deutsche Gasversorgung praktisch ungeschützt. Weil Ämter und Ministerien detaillierte Karten ins Internet stellen, lassen sich Anschläge sogar sauber am Reißbrett planen - und die wirtschaftlichen Folgen genau kalkulieren.

Wer will, kann beispielsweise die genauen Karten des bayerischen Gas- und Stromversorgungsnetzes bekommen. Daraus lassen sich sowohl die miteinander über Pipelines verbundenen Städte als auch die dazugehörigen Kraftwerke ablesen. Selbst Angaben über die Durchmesser der Rohrleitungen sind akribisch aufgelistet - ebenso wie Atomkraftwerke, die in unmittelbarer Nähe der Netze stehen.

Höchst unsicher ist auch der Transport von radioaktivem Material auf den Schienen der Deutschen Bahn. Weil die Züge angreifbar sind, haben Renate Künast und Jürgen Trittin bereits im November 2009 im Bundestag einen Fragenkatalog zur Sicherheit der strahlenden Transporte vorgestellt. Was hat sich seither geändert? Nichts. Ein Terrorist könnte also leicht sondieren, welche Streckenabschnitte besonders prädestiniert für Anschläge sind – und dürfte sich über die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen freuen.

Beispiele wie diese gibt es viele. Ob IT-Infrastruktur, Kommunikation oder riesige offene Trinkwasser-Seen, sicher ist lediglich eines: dass auch in Deutschland nichts sicher ist.

Global operierende Terrornetzwerke würden derartige Schwachstellen gnadenlos ausnutzen. Doch sie tun es nicht. Und sie werden auch nicht reihenweise von cleveren Geheimdiensten gestoppt und verhaftet. Solche Fahndungserfolge würden voller Stolz präsentiert – wie vor nunmehr sechs Jahren bei der Verhaftung der so genannten Sauerlandgruppe. Doch auch diese angeblich international gesteuerte Terrorzelle hat sich längst als Häuflein isolierter Stümper entpuppt. Globaler Terror? Fehlanzeige.

Die offenkundige Verwundbarkeit der westlichen Welt entpuppt sich als ihr wichtigster Anti-Terror-Sensor. Denn das Ausbleiben von logistisch ausgefeilten Anschlägen kann nur eines bedeuten: Jene international organisierte Bedrohung, die uns ein George W. Bush oder Gerhard Schröder als Tatsache zu verkaufen suchten, gab es nie. Und heute, zu Zeiten Barack Obamas und Angela Merkels, kann der ausbleibende, an sich unausweichliche Terror-GAU ebenfalls nur auf eine Weise interpretiert werden: Die massive Terrorbedrohung gibt es überhaupt nicht.

Vlad Georgescu, 1966 geboren, studierte Chemie an der TU Hannover und Journalistik an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Er ist freier Wissenschafts- und Wirtschaftsjournalist und leitete zusammen mit Marita Vollborn seit 2001 das internationale Biotech-Webzine LifeGen.de. Er ist Mitglied der Wissenschaftspressekonferenz (WPK). Gemeinsam mit Marita Vollborn schrieb er "Die Joghurt-Lüge. Die unappetitlichen Geschäfte der Lebensmittelindustrie" und "Kein Winter, nirgends. Wie der Klimawandel Deutschland verändert".
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