Gleichberechtigung in der hessischen Landespolitik

Schluss mit der Männerdominanz?

Illustration: Einzelne Geschäftsfrau gegenüber einer Reihe von Geschäftsmännern auf einer Wippe.
Illustration: Einzelne Geschäftsfrau gegenüber einer Reihe von Geschäftsmännern auf einer Wippe. © imago stock&people
Von Ludger Fittkau · 08.03.2018
Bei der Gleichberechtigung hinkt die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen hinterher: Von elf Kabinettsmitgliedern sind nur drei Frauen. Und auf der Ebene der Abteilungsleitung in den Ministerien sieht es noch schlechter aus. Doch das soll sich nach dem Willen der Opposition nun ändern.
Das hessische Sozialministerium ist auch für die Frauenpolitik des Bundeslandes zuständig. Deshalb stößt es hessischen Parlamentarierinnen sauer auf, dass in allen Spitzenämtern dieses Ministeriums keine Frau zu finden ist:
"Wir haben einen Minister und wir haben zwei Staatssekretäre. Ich finde, das ist eine ungünstige Verteilung. Wenn wie über Quoten reden, dann hätte mindestens einer der beiden Staatssekretäre, eher beide, weiblich sein müssen. Insbesondere, wenn wir hier ein Ministerium haben, wo es ja genau auch um diese Fragen geht. Das dann männlich zu besetzen, zeigt doch sehr deutlich, wie erst man es nimmt."
Sagt ironisch Marjana Schott. Sie ist frauenpolitische Sprecherin der Linken im hessischen Landtag. Lisa Gnadl, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion sieht das ganz ähnlich und weitet ihre Kritik an der Männerdominanz in der schwarz-grünen hessischen Landesregierung noch aus. Von elf Kabinettsmitgliedern seien nur drei Frauen, moniert Gnadl. Noch schlimmer sieht es aus ihrer Sicht auf den Ebenen der Abteilungsleitung in den Ministerien aus:
"Da gibt es noch mehr frauenfreie Zonen. Also wenn man sich die Abteilungsleiterebene anschaut in den Ministerien dann sieht man, dass es beispielsweise keine Frau auf einer Abteilungsleiterstelle im Finanzministerium gibt, im Wirtschaftsministerium und im Innenministerium und da hat sich auch in den letzten Jahren nichts getan. Wir stellen diese Anfragen immer wieder, wir fragen die Zahlen immer wieder ab und da hat sich das nicht verbessert, obwohl seit 2014 fünf Abteilungsleiterstellen besetzt wurden. Also man hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, an dem Zustand etwas zu verändern."

Auch die CDU ist unzufrieden

Claudia Ravensburg ist ebenfalls nicht zufrieden mit der Frauenpräsenz in den Führungsetagen der hessischen Landespolitik. Sie ist Sprecherin für Frauenpolitik der größten Regierungspartei in Hessen, der CDU:
"Wir sind natürlich nicht zufrieden mit der Berücksichtigung von Frauen in Führungspositionen, auch nicht im politischen Raum. Da gibt es durchaus noch Verbesserungsbedarf. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass wir weniger Bewerberinnen haben. Wir müssen sehr viel mehr in Weiterbildung investieren. Wie müssen Weiterbildungsveranstaltungen so organisieren, dass auch Frauen mit Kindern daran teilnehmen können, damit sie die Eingangsvoraussetzungen erfüllen, die für Führungspositionen benötigt werden. Und wenn wir dort mehrere Bewerberinnen dann haben, dann wird es sich auch sicherlich ändern."
Die Landtags-Opposition bleibt skeptisch. Denn bis heute sind aus ihrer Sicht in Hessen die Wunden nicht verheilt, die der frühere CDU-Ministerpräsident Roland Koch mit seiner aus ihrer Sicht "frauenfeindlichen Politik" im Land vor 15 Jahren geschlagen hat. Etwa mit den Kürzungen der Mittel für Frauenhäuser in Hessen. SPD-Fraktionsvize Lisa Gnadl:
"Die Situation ist so, dass natürlich aufgrund der Einschläge, die es 2003 gegeben hat, mit den massiven Kürzungen noch unter der Zeit der CDU-Regierung von Roland Koch, dass da sehr viel weggebrochen ist, auch vor Ort in den Landkreisen. Teilweise sind die Landkreise damals eingesprungen, teilweise war das nicht möglich. Also es gibt zum Beispiel bis heute im Vogelsberg noch kein Frauenhaus."

Die hessische Verfassung soll geändert werden

Bis 2003 hatte das Frauenhaus in der Vogelsbergstadt Alsfeld noch rund 100.000 Euro Landeszuschuss bekommen – die wurden damals gestrichen, das Frauenhaus in der strukturschwachen Region musste schließen.
Damit so etwas nie wieder passiert, hat sich die große Mehrheit der hessischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier nun auch für eine Änderung der hessischen Verfassung ausgesprochen. Die Gleichstellung von Mann und Frau soll explizit festgeschrieben werden. Bisher fehlt der Gleichheitsgrundsatz in der hessischen Landesverfassung, die älter ist als das Grundgesetz. Die Linke Marjana Schott mahnt jedoch, dass "frauenfreie Zonen" in der Landespolitik nicht allein durch hehre Verfassungsgrundsätze verschwinden:
"Na ja, ich würde das mal unter 'political correctness' zusammenfassen. Das macht viel Wind und wenig Ergebnis. Wenn ich da was ändern will, muss ich da an ganz anderen Stellen ansetzen. Wir haben das im Grundgesetz alles zu stehen und das seit vielen Jahren. Und das hat nicht dazu geführt, dass wir in der Zwischenzeit bei einer wirklichen Gleichstellung der Frau angelangt sind. Wenn wir das jetzt nochmal in die hessische Verfassung reinschreiben, dann ist das zwar schön, aber das ist Wind ohne viel Ergebnis."
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