Giuseppe Verdis Oper "Luisa Miller" in Rom

Giftige Angelegenheiten

Eine Frau in petrolfarbenem Abendkleid steht vor einem Orchester und schaut ernst in das Publikum vor ihr.
Roberta Mantegna als Luisa Miller in Giuseppe Verdis "Luisa Miller" am Teatro dell' Opera di Roma © Teatro dell' Opera di Roma / Fabrizio Sansoni
Moderation: Volker Michael · 03.07.2021
Giuseppe Verdis Schiller-Oper "Luisa Miller" wurde Ende April in Rom gegeben - große Oper im wahrsten Sinne: Verdi komponierte das Werk für das größte Haus seiner Zeit. Am Ende der Oper siegt das Gift, das die Liebenden von der weltlichen Konvention befreit.
Ein deutsches Sturm-und-Drang-Theaterstück als italienische Oper? Das geht, das geht sogar sehr gut! Auch wenn natürlich die Umwandlung eines Schauspiels in ein Opernlibretto immer mit starken Eingriffen in Charaktere und Inhalte einhergeht.
Friedrich Schillers bürgerliches Schauspiel "Kabale und Liebe" war die Vorlage für Verdi und seinen Librettisten Salvadore Cammarano.
Daniela Barcellon steht in dunklem Abendkleid vor dem Orchester, das weitesgehend Mundschutz trägt.
Daniela Barcellona als Federica in Giuseppe Verdis "Luisa Miller" am Teatro dell' Opera di Roma.© Teatro dell'Opera di Roma / Fabrizio Sansoni
Im Teatro dell’Opera di Roma gab es am vergangenen 30. April eine Aufführung dieses "tragischen Melodramas", wie es zu Zeiten Verdis genannt wurde. Wegen der Pandemiebeschränkungen war die Aufführung ohne Publikum und konzertant.

Große Oper für großes Haus

Verdi hat die Luisa Miller 1849 für das Teatro San Carlo in Neapel komponiert. Das war seinerzeit das größte Opernhaus Europas mit seinen 3300 Plätzen. Bis heute eine enorme Zahl – und diese räumliche Dimension hat auch eine akustische Bedeutung für die Musik. Ein leises Kammerspiel würde nicht funktionieren in diesem Schauspielhaus in der Stadt, die eine mächtige und alte Operntradition besaß.
65 Jahre lagen zwischen der Uraufführung von Friedrich Schillers Drama "Kabale und Liebe" in Frankfurt am Main und der Uraufführung von Verdis Oper in Neapel. Die Situation für die Kunst war in diesen Jahren nicht unbedingt einfacher geworden. Auch Verdi musste noch einige Tabus und No-Gos beachten, was Namen, Charaktere, Pointen und Inhalte anging.
Bildnis von Giuseppe Verdi, das 1870 entstand.
„Luisa Miller“ ist Giuseppe Verdis dritte Vertonung eines Stückes von Friedrich Schiller.© imago / Photo12
Zum Beispiel sollte Verdi Chorszenen schreiben, die in der freien Natur stattfinden. Es durfte also nicht alles in Innenräumen stattfinden, wie es Schiller in seinem Schauspiel vorsieht. Erinnert das an aktuelle Vorschriften unserer Zeit?

Nicht in geschlossenen Räumen

Die Gewichtung der Charaktere mussten Komponist und Librettist verändern. Und aus einem einfachen Grund hatte der junge männliche Held seinen Namen zu tauschen: Aus Schillers Ferdinand wurde Rodolfo, denn der Herrscher des Königreichs Neapel hieß Ferdinand.
Und aktuelle Machthaber durften keinesfalls – auch nur ihrem Namen nach – auf der Bühne stehen. Verdi konnte also keinesfalls frei schalten und walten, musikalisch konnte er sich dennoch verwirklichen.
Ein Mann steht in Abendkleidung vor einem Orchester und singt.
Michele Pertusi als Graf Walter in Giuseppe Verdis "Luisa Miller" am Teatro dell' Opera di Roma.© Fabrizio Sansoni/Teatro dell'Opera di Roma
Die Oper hat drei Akte, die je einen Titel tragen, auch das eine Besonderheit: Der erste Akt heißt Amore, der zweite Intrigo, der dritte Veleno – Gift.

Giftiges Spiel

Das Setting ist im Libretto so beschrieben: Tirol im 18. Jahrhundert – ein Liebliches Dorf. Der Konflikt um eine unmögliche Beziehung zwischen der einfachen Bürgerstochter Luisa und dem Grafensohn Rodolfo nimmt tödliche Formen an. Gift nehmen nicht nur beide Liebenden am Ende, weil sie zu schwach sind, ihre Beziehung zu leben gegen alle Konventionen. Gift verspritzen auch die, die zuviel Macht über andere Menschen haben und die beim Versuch, diese Macht zu erhalten, wörtlich über Leichen gegangen sind.
Teatro dell'Opera, Rom
Aufzeichnung vom 30. April 2021
Giuseppe Verdi
"Luisa Miller", Melodramma tragico in drei Akten
Libretto: Salvatore Cammarano nach Friedrich Schillers "Kabale und Liebe"

Graf Walter - Michele Pertusi, Bass
Rodolfo, Graf Walters Sohn - Antonio Poli, Tenor
Federica, Herzogin von Ostheim, Walters Nichte - Daniela Barcellona, Alt
Wurm, Walters Castellan - Nahuel di Pierro, Bass
Miller, alter Soldat im Ruhestand - Roberto Frontali, Bariton
Luisa, Millers Tochter - Roberta Mantegna, Sopran
Laura, ein Bauernmädchen - Irene Savignano, Mezzosopran
Ein Bauer - Rodrigo Ortiz, Tenor

Chor und Orchester des Teatro dell'Opera di Roma
Leitung: Michele Mariotti

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