Gibson-Gitarre

Wiedergeburt einer Traditionsmarke

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Eine Besucherin des Metropolitan Museum in New York fotografiert die ausgestellte Gibson-Gitarre von Jimmy Page.
Bei einer Ausstellung im New Yorker Metropolitan Museum wurden die Instrumente berühmter Musiker gezeigt. Eine Besucherin fotografiert die Gibson-Gitarre von Jimmy Page. © picture alliance / dpa / Christina Horsten
Von Christoph Drösser · 16.11.2021
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Die Gibson-Gitarre ist der Traum vieler Musiker. Stars wie Jimmy Page, Slash oder Gary Moore spielen auf einer Gibson. 2018 stand das Traditionsunternehmen vor dem Bankrott. Doch ausgerechnet die Pandemie war für Gibson die Rettung.
Der Protagonist der Rockoper “Quadrophenia” von The Who hatte in den 70er-Jahren etwas, wovon die meisten jungen Gitarristen nur träumen konnten: eine Gibson. Neben den Produkten von Fender, der Inbegriff der E-Gitarre – aber auch entsprechend teuer.
Die Liste der Gibson-Spieler liest sich wie ein Who’s Who der Rockgeschichte: neben Pete Townshend von The Who etwa , Slash von Guns n’ Roses, Mark Knopfler von Dire Straits und Jimmy Page von Led Zeppelin.

Zu viele Wege in die Sackgasse

Die E-Gitarre wurde schon oft totgesagt, aber jede Generation entdeckte das Instrument wieder neu. Die Firma Gibson dagegen schien 2018 am Ende zu sein.
"In den zehn Jahren vor 2018 hat sich die Firma einfach übernommen. Die Firma nahm eine Menge Schulden auf, um unterschiedliche Wege zu verfolgen, die meisten davon Sackgassen. Und wenn man genügend Sackgassen und Schulden hat, geht man pleite. Genau das passierte 2018", erzählt JC Curleigh, der heutige Geschäftsführer von Gibson.
Curleigh wurde 2018 geholt, als die Firma bankrott war und am Boden lag. Er sieht eher wie einer der Kunden von Gibson aus: lange, zurückgegelte Locken und Lederjacke. Der Mittfünziger hatte in seinem vorherigen Job eine andere Traditionsfirma saniert: den Jeansfabrikanten Levi’s, der auch so eine Legende war, die mit ihrem eigenen Ruf nicht mehr mithalten konnte.
Der amerikanische Musiker Slash posiert mit zwei Gibson Gitarren. Er trägt einen schwarzen Zylinder, eine dunkle Sonnenbrille, hat schwarze lockige Haar und eine Zigarette im Mund.
Der amerikanische Gitarrist Slash von Guns n' Roses spielt seit vielen Jahren auf einer Gibson-Gitarre. Das Modell "Les Paul" wurde auch dank ihm berühmt.© picture-alliance/ dpa
"Levi’s hatte seine Führungsrolle für selbstverständlich gehalten", sagt Curleigh. "Aber sie waren nur die Größten, nicht unbedingt die Besten. Sie und ich sind mit Levi’s aufgewachsen – aber unsere Kinder kannten die Marke nicht. Ich habe damals bei Levi’s den Begriff des 150 Jahre alten Startups eingeführt – und bei Gibson nenne ich es das 130 Jahre alte Startup.

Pandemie sorgt für Innovation

Auch Gibson hatte sich auf dem eigenen Nimbus ausgeruht. Die Preise stiegen, während die Qualität sank. Eine Gitarre ging in der Werkstatt durch 70 Hände. Curleigh setzte dagegen auf mehr Automation, um eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Die Fans begrüßten das, die Verkaufszahlen stiegen.
Und dann kam die Pandemie. Das hieß für die Produktion: Alle Räder stehen still. Aber im Sommer 2020 wurde plötzlich ein neuer Trend sichtbar.
"Plötzlich begannen blutige Anfänger Gitarre zu spielen. Andere zogen neue Saiten auf ihr Instrument oder kauften gleich eine neue Gitarre. Und Sammler, die seit Jahren von einer Gibson geträumt hatten, sagten sich: Jetzt warte ich nicht länger ab", erklärt Curleigh die Trendumkehr.
Und weil die meisten nun zu Hause für sich selber spielten, kam Gibson mit einer neuen Idee für akustische Gitarren auf dem Markt. Das Feature nennt sich “Player Port”, ein zweites Schallloch an der Oberseite der Gitarre.

Die Kultmarke scheint gerettet zu sein

"Jetzt geht der Schall zu Ihnen. Aber wenn man 90 Prozent der Zeit für sich selbst spielt, warum kommt der Schall dann nicht zu mir? Deshalb haben wir den Player Port eingeführt. Keine verspielte Elektronik, eine ganz einfache Lösung."
Ob sich das auf die Dauer durchsetzt, wird sich zeigen – zurzeit sind diese Modelle jedenfalls ausverkauft. Auch sonst kommt Gibson mit der Produktion kaum nach, muss zusätzliche Arbeitskräfte einstellen.
Die Eigentümer von Gibson, eine Beteiligungsgesellschaft in New York, ziehen mit beim neuen Kurs. Es sieht so aus, als sei die Kultmarke dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen.
Der Rock and Roll mag unsterblich sein – Firmen wie der Gitarrenbauer Gibson müssen aber hart arbeiten, um zu überleben.
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