Gezielte Teilfinanzierung des Gesundheitssystems macht Sinn

Von Martin Steinhage |
Einst war es Gerhard Schröder, der als Regierungschef gelegentlich mit einem lauten "Basta!" Diskussionen autoritär beendete, und dabei seine Mitstreiter in der rot-grünen Koalition entweder zur Räson oder aber zur Weißglut trieb. An diesem Wochenende hat Angela Merkel sozusagen den Schröder gegeben, als sie mit einem lapidaren "das kann man vergessen" Plänen der SPD eine Absage erteilte, die darauf abzielten, künftig das Gesundheitswesen in erheblicher Weise über Steuern zu finanzieren. Bis zu einer Größenordnung von satten 45 Milliarden Euro hatten die Vorschläge der Genossen gereicht.
Von solch gewaltigen Umfinanzierungs-Planspielen ist dank der Intervention der Kanzlerin nun keine Rede mehr. Das ist nur zu begrüßen, denn hinter den Vorstellungen der SPD stand nicht etwa eine durchdachte Gesamtkonzeption, die einen ja nun wirklich geradezu revolutionären Schritt in dieser Dimension schlüssig begründet hätte. Sondern eher die Hoffnung, auf diese Weise einem koalitionsinternen Dilemma zu entkommen. Denn bei der Kernfrage nach der künftigen Finanzierung des Gesundheitswesens hatten sich beide Seiten zuletzt stur auf Aspekte ihrer ursprünglichen, nicht vereinbaren Reformkonzepte berufen: So wollte die Union bislang eine Teilfinanzierung über eine Kopfpauschale durchboxen, während die SPD mit dem Zugriff auf Mieteinnahmen und andere Einkünfte Elemente ihres Bürgerversicherungs-Modells verwirklicht sehen wollte.

Der Hahnenkampf, wer denn welche Bestandteile seines Ursprungs-Modells schließlich im Gesetzblatt wiederfindet, ist nun zwar nicht ausgestanden. Aber der Kompromiss, künftig etwa 16 bis maximal 24 Milliarden Euro aus Steuermitteln ins Gesundheitssystem zu pumpen, ist weit mehr als ein bloßes Sich-Entgegenkommen auf halber Wegstrecke. Denn dieser noch immer gewaltige Schluck aus der Steuerpulle macht Sinn: Sollen doch damit ausschließlich familienpolitische Versicherungsleistungen finanziert werden; Leistungen, die bisher fast ausschließlich aus den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen bestritten werden.
Die Umfinanzierung zum Beispiel der Krankenversicherung von Kindern weg von Beiträgen hin zu Steuergeldern ist politisch klug und überfällig - weil die Binsenweisheit stärkere Berücksichtigung findet, wonach in umlagefinanzierten Sozialsystemen Kinder eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sind. Und eben nicht allein Privatsache derer, die zum Nutzen und Frommen auch der Kinderlosen die Steuerbürger und Rentenkasseneinzahler von morgen in die Welt setzen.

Positiv ist auch, dass der Faktor Arbeit immerhin ein Stück weit entlastet wird, wenn die Krankenkassenbeiträge nicht mehr nur von den Einkommen der Versicherten abhängen. Ebenso vernünftig ist der mit dieser Umstellung verbundene Effekt, dass sich auch privat Krankenversicherte an der solidarischen Finanzierung des Gesundheitswesens stärker beteiligen müssen.

Auf einem anderen Blatt steht freilich, wo letztendlich die benötigten Steuergelder herkommen sollen. Ohne weitere Steuererhöhungen wird das keinesfalls gehen; wobei sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber - hoffentlich - damit trösten dürfen, dass im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung die Krankenversicherungsbeiträge in der Weise sinken wie der Steueranteil steigen wird.