Gewalttätig, verletzlich, genial

Von Bernd Sobolla · 08.06.2007
Am 10. Juni jährt sich zum 25. Mal der Todestag von Rainer Werner Fassbinder. Der Autor und Schauspieler, Theater- und vor allem Filmregisseur gilt nach wie vor als einer der größten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts. Und noch heute beeinflusst er Regisseure wie Pedro Almodovar, Francois Ozon oder Oscar Roehler.
"Was dein Arbeit? / Wissen Sie, ich… / Ja? / Ich erzähl das nicht gern. Die Leute gucken einen immer so komisch an und… / Ich nichts komisch. / Nein, Sie nicht. Also… ich putze. Ich bin Putzfrau."

So wie in "Angst essen Seele auf" ergeht es den Protagonisten oft in den Filmen von Rainer Werner Fassbinder: Sie suchen irgendwie den gesellschaftlichen Anschluss, sehnen sich nach ein wenig Freundschaft oder gar Liebe und scheitern dabei meist. Sie, das sind Putzfrauen und Hilfsarbeiter, ehemalige Sträflinge und Soldaten, Kriegsheimkehrer, Gastarbeiter oder auch Transsexuelle. Kurz, Außenseiter, denen sich Fassbinder immer verbunden fühlte.

So erfolgreich seine Karriere verlief, so schwer hatte es der Künstler in den frühen Jahren: Fassbinder wird 1945 als Sohn eines Arztes und einer Übersetzerin im Allgäu geboren. Als die Eltern sich scheiden lassen, wächst der Junge bei seiner Mutter auf und bricht mit 16 Jahren die Schule ab. Nach einer privaten Schauspielausbildung versucht er erfolglos in München die staatliche Schauspielprüfung abzulegen; seine Bewerbung für ein Studium an der "Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin" scheitert, seine ersten Kurzfilme werden von den "Kurzfilmtagen" in Oberhausen abgelehnt. Doch Fassbinder bleibt unbeirrt: 1967 steigt er ins Münchener Action Theater ein, aus dem dann das Anti-Theater wird. Er schreibt und inszeniert Stücke, und Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre dreht er, beeinflusst von den Melodramen Douglas Sirks, seine ersten Filme: "Liebe ist kälter als der Tod" und "Katzelmacher". Er gilt als extrem schnell arbeitender Regisseur, der seine Darsteller zu führen weiß, sie aber auch immer aufs äußerste fordert.

"Danke! Danke! Vielen Dank. Dieser scheiß Karren war zu spät. / Alles stehen bleiben! / Dieser scheiß Karren war zu spät. Der muss stehen, bevor der Buß durchfährt, muss dieses Auto stehen. Sonst hat es keinen Sinn. Sonst hat es keinen Sinn."

Fassbinder entwickelt eine unglaubliche Produktivität: In nur 14 Jahren dreht er fast 40 Filme. Darunter die TV-Serie "Acht Stunden sind kein Tag" und das 13-Stunden-Werk "Berlin-Alexanderplatz". Möglich wird dies durch eine Gruppe von Schauspielern, unter ihnen Ingrid Caven und Peer Raben, die ihn unmittelbar umgeben und unterstützen. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahren dreht Fassbinder mit "Die Ehe der Maria Braun", "Lola" und "Die Sehnsucht der Veronika Voss" seine so genannte Wirtschaftswunder-Trilogie, seine aufwendigsten und zugleich kommerziell erfolgreichsten Filme. In ihrem Zentrum stehen jeweils starke Frauencharaktere, die von Hannah Schygulla beziehungsweise Barbara Sukowa gespielt werden.