Gewalt-Spektakel mit Schauwert

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack |
In "Blood Diamonds" geht es um das afrikanische wie internationale Blutgeschäft mit Diamanten. Leonardo DiCaprio spielt darin einen coolen Abenteurer und Seelenverkäufer. Die "Minimoys" sind animierte fröhlich-kesse Däumlinge und bieten Kino-Spaß für die Kleinen. Im Krimi "One Way" spielt Til Schweiger den deutschen Werbeprofi Eddie der in einer New Yorker Agentur in Bedrängnis gerät.
"Blood Diamonds"
USA 2006, Regie: Edward Zwick, Hauptdarsteller: Leonardo DiCaprio, Jennifer Connelly, an 16 Jahren

Der Film von Edward Zwick, einem 54-jährigen "robusten" Hollywood-Spannungs-Handwerker (Produzent, Regisseur), der mit Filmen wie "Glory" (1989, Nebendarsteller-"Oscar" für Denzel Washington); "Legenden der Leidenschaft" (1994, mit Anthony Hopkins + Brad Pitt) und zuletzt "The Last Samurai" (2003, mit Tom Cruise) auch bei uns auffiel. Sein neuer Film, der in den USA während der konsumfreudigen Weihnachtszeit (kurz vor Heiligabend) herauskam, versetzte die Diamantenindustrie in Aufruhr; fürchteten Juweliere um ihr traditionell einträgliches Geschäft: Schließlich geht es um das afrikanische wie internationale Blutgeschäft mit Diamanten.

Der Filmtitel ist der offizielle UNO-Begriff für politisch "kontaminierte" Edelsteine. Und beschreibt damit SOLCHE Diamanten aus Afrika, mit denen afrikanische Rebellentruppen sich Waffen (und damit Macht) verschaffen. In den 90er Jahren tobte im afrikanischen Sierra Leone ein blutiger Bürgerkrieg. Während das Land im Chaos versank, plünderten die Warlords die Diamantenvorkommen. Mit diesen "Blutdiamanten" füllten sie ihre Kriegskassen. Als willfährige Helfershelfer benutzten sie vor allem Kinder als "Soldaten", die sie in überfallenen Dörfern ihren Eltern raubten. Grausamkeit, Elend, Massaker, Armut, Unterdrückung waren an der amoralischen Tagesordnung.

Story: Leonardo DiCaprio spielt den Waffenhändler und Söldner Danny Archer. Einen ebenso desillusionierten wie abgebrühten, charmanten Burschen, der sich ohne einen Hauch von Idealismus und Sendungsbewusstsein auf eine gefährliche Schatzsuche begibt. In seinem Schlepptau: Solomon Vandy (großartig: Djimon Hounsou), ein ehemaliger Fischer, der als zwangsverpflichteter Sklave solch einen sagenhaft-wertvollen Stein gefunden und heimlich vergraben hat. Für die Zusammenarbeit mit Danny stellt er nur eine Bedingung: Archer soll ihm helfen, seine auseinander gerissene Familie wieder zusammenzuführen, vor allem: seinen entführten und zum Kindersoldaten "umfunktionierten" Sohn in einem umkämpften Gebiet aufzuspüren und zu retten.

Fazit: Ein packender Abenteuerfilm, ein aufregendes Politdrama, ein rüdes Gewalt-Spektakel von grandiosem Schauwert; mit brillanten Kritik-Gedanken und realem Horror. In seiner Figurenzeichnung zwar ziemlich klischeehaft "schwarz-weiß" hantierend (Afrikaner sind entweder Nur-Fies oder Sonst-Ganz-Okay; Weiße denken, fühlen, handeln da schon "differenzierter"), dennoch insgesamt mit großem Kino-Unterhaltungspotenzial und interessant-aufregend-unbequemen Tatsachen über globale Zusammenhänge von Wirtschaft, Politik und üblen (Kriegs-)Folgen.

Die Sensation aber ist der 31-jährige Leonardo DiCaprio (kürzlich erst in "Departed - Unter Feinden" von Martin Scorsese gut zu erleben) als cooler Abenteurer, Seelenverkäufer mit draufgängerischem Indiana-Jones-Geschmack, in einer modernen Humphrey-Bogart- bzw. Clark-Gable-Rolle, als ein "aus der Zeit" gefallener Held: Ebenso charmant wie abgeklärt wie völlig individuell wie sich letztlich opfernd. "Milchbubi" DiCaprio ist nun also erwachsen geworden und lässt seiner Partnerin Jennifer Connelly als toughe, engagierte amerikanische Journalistin-Freundin nur eine (unromantische) Stichwortgeber-Chance. Auffallend wie bemerkenswert zudem - am Filmende steht noch der kluge Satz: "ES IST SACHE DES KUNDEN, DARAUF ZU BESTEHEN, DASS DIAMANTEN BLUTFREI SIND!".

"Arthur und die Minimoys"
Frankreich 2006, Regie: Luc Besson, Animationsfilm, Stimmen: Bill Kaulitz, Nena, ab 6 Jahren

Der Film von Luc Besson, einem der kreativsten wie produktivsten französischen Filmemacher (als Produzent, Drehbuch-Autor, Regisseur). Der 1959 in Paris geborene Besson hat sich in Europa sowie international mit Genre-Filmen wie "Der letzte Kampf" (1983), "Im Rausch der Tiefe" (1988), "Nikita" (1990), "Leon - Der Profi" (1994), "Das Fünfte Element" (1997), "Taxi" (1998) und zuletzt "Angel-A" (2005) einen Klasse-Namen gemacht.

Bislang weniger bekannt war, dass Luc Besson auch erfolgreiche Kinderbücher schreibt, die er jetzt nacheinander verfilmt. Dabei im Mittelpunkt: Der 12-jährige Arthur, der auf dem Land bei seiner tüttligen Großmutter (Mia Farrow, "Rosemaries Baby", die einstige Woody-Allen-Muse ist mal wieder zu sehen) lebt.

Insgesamt ist "Arthur" ein sechsstündiger Film in drei Teilen, jetzt also der wunderbare erste, entstanden in fünfjähriger Kreativ-Arbeit und mit Produktionskosten von rund 85 Millionen Dollar der teuerste europäische Real-Animationsfilm.

Story: Omas Klein-Schulden-Häuschen auf dem schönen Land ist in Gefahr, ein Immobilienhai hat schon seine gierigen Krallen ausgefahren. Doch da ist ihr kleiner Enkel vor, tapfer begibt er sich auf die ebenso abenteuerliche wie spannende wie schön-fantasievolle Suche nach einem Schatz, den sein Opa angeblich im Garten versteckt haben soll. Dafür allerdings muss er in das kleine, krümelgroße Königreich des Elfenvolkes der Minimoys eintauchen, das sich im bzw. unterm Grundstücksgras befindet, eingerichtet hat. Und wo es auch ziemlich kriegerisch-bedrohlich zugeht. Natürlich: Der Stecknadel-Disney-Spaß-Klassiker "Liebling - Ich habe die Kinder geschrumpft" (von 1989) winkt ebenso von ferne wie "Mikrokosmos", der großartige französische Dokumentarfilm (von 2001) mit dem Detail-Leben im tatsächlichen Grün. Auch wird zum Beispiel bei "Stars Wars", "Harry Potter" liebevoll-augenzwinkernd geklaut, dennoch ist dies hier ein ganz eigenes, lebhaft-tolles, vorzüglich unterhaltendes Märchen-Stück Familienkino entstanden.

Die Minimoys, abgeleitet vom französischen "Mini-Moin", also "Mini-Ich", haben nichts mit der Süße, dem Pathos und der Sentimentalität von Disney-Figuren zu tun, sondern sind ganz eigenwillige, frisch-fröhlich-kesse Däumlinge, deren erotische Ausstrahlung – siehe die so gar nicht prinzessinnenhaft auftrumpfende, eigenwillige Prinzessin Selenia – auch Arthur in pubertäre Aufregung versetzt.

Fazit: Ein gelungener Spaß: Rundum unterhaltsam, nie langweilig werdend, immer mit hübschen, rasanten, verblüffenden Einfällen, Ideen hinreißend spielend. Eine phantastische Show. Mit einem tollen Prima-Klein-, Real-Hauptakteur-Typ: Freddie Highmore. Der 1992 in London geborene Bursche überzeugte bereits in Filmen wie "Wenn Träume fliegen lernen" und "Charlie und die Schokoladenfabrik" (2004, 2005; beide Male neben Johnny Depp).

In der englischsprachigen Version sind die Stimmen von Madonna, David Bowie, Snoop Doog und Robert De Niro zu hören. In der deutschen haben "Tokio Hotel"-Sänger Bill Kaulitz, Nena, Oliver Rohrbeck, Dagmar Heller sowie die Profis Frank Glaubrecht (Al Pacino) und Christian Brückner (Robert De Niro) das fröhliche Sagen.

"One Way"
Deutschland 2006, Regie: Reto Salimbeni, Hauptdarsteller: Til Schweiger, ab 16 Jahren

"ONE WAY " von Reto Salimbeni (B+R), einem Schweizer (Werbe-)Filmemacher, der mit dieser Til-Schweiger-Produktion eine Leinwand-Überflüssigkeit schuf. Denn der sich läppisch wie einer dieser Dutzend-Krimi-TV-Filmchen hinziehende Krampf besitzt nur fade konstruierte Mühsam-Spannung und wirkt ebenso unglaubwürdig wie lahm-langweilig-beliebig.

Platte Story: Der stets gut-messerschnitt frisierte und nett gefönte deutsche Werbeprofi Eddie (Til Schweiger) hat es in einer erfolgreichen New Yorker Agentur weit gebracht, steht kurz vor der Hochzeit mit der Chef-Tochter, als er noch mal fremdgeht und daraufhin alles zu platzen droht. Und als noch sein fieser zukünftiger Schwager Anthony ausrastet und seine engste Mitarbeiterin vergewaltigt, gerät Eddie in Zugzwang und wird sogar zum (unfreiwilligen) Mörder.

Fazit: Eine vorhersehbare Geschichte mit weidlich uninteressanten Figuren, kaum Überraschungen, viel Gequatsche; von behaupteter Raffinesse um Intrigen, Lügen und Begierden ist wenig zu sehen oder zu fühlen. Die Drumherum-Leutchen (wie auch der Julia-Roberts-Bruder und Dauer B-Mime Eric Roberts) sagen denn auch brav und gagen-pflichtbewusst ihren Text auf, sind aber weder auf- noch anregend, sondern blass-belanglose Mitmacher. Ein für die große Kinoleinwand viel zu doof-kleiner Dutzend-Krimi.
Regisseur Luc Besson (r.) und Bill Kaulitz von der Band "Tokio Hotel" beim Pressetermin für "Arthur und die Minimoys" in Berlin.
Luc Besson (r.) und Bill Kaulitz von "Tokio Hotel" in Berlin.© AP