Getrennter Schulunterricht von Jungen und Mädchen

"Nur in homöopathischen Dosen"

Kinder sitzen in einem Klassenraum und hören der Lehrerin zu.
Vom gemeinsamen Lernen profitieren Mädchen wie Jungen © dpa/ picture-alliance/ Caroline Seidel
Marianne Horstkemper im Gespräch mit Nana Brink · 12.11.2015
Soll man Schulkinder in bestimmten Fächern getrennt nach Geschlechtern unterrichten? Die Pädagogin Marianne Horstkemper lehnt die Aufhebung der sogenannten Koedukation ab. Nur in Ausnahmefällen gebe es gute Gründe, über eine Trennung nachzudenken.
Die Pädagogin Marianne Horstkemper hat deutlich davor gewarnt, die sogenannte Koedukation – also den gemeinsamen Unterricht von Jungen und Mädchen – aufzugeben.
Im Deutschlandradio Kultur sagte die emeritierte Professorin für Allgemeine Didaktik und Empirische Unterrichtsforschung, die zeitweise Trennung von Jungs und Mädchen in der Schule dürfe nur in "homöopathischen Dosen" stattfinden - denn sie habe ihrer Erfahrung nach "Risiken und Nebenwirkungen".
Marianne Horstkemper war Professorin für Allgemeine Didaktik und Empirische Unterrichtsforschung an der Universität Potsdam und ist seit 2009 im Ruhestand. Sie hat sich viel mit dem Thema Koedukation befasst.
Expertin für Koedukation: Marianne Horstkemper zu Gast bei Deutschlandradio Kultur.© Deutschlandradio / Cornelia Sachse
So werde dadurch die Geschlechterzugehörigkeit "dramatisiert", und die Lehrer wurden daraufhin unbewusst das einzelne Kind nicht mehr als solches sehen, sondern es in die "Geschlechterschublade" stecken. "Und dann sind alle Mädchen plötzlich technik-abgewandt, oder alle Jungen sind in der Gefahr, als Machos betrachtet zu werden", sagte sie.
Bei der Sexualkunde gibt es Gründe für eine Trennung von Jungen und Mädchen
Bei der Sexualkunde gebe es allerdings tatsächlich auch gute Gründe, über eine Trennung der Geschlechter nachzudenken, sagte Horstkemper. Es komme aber auch darauf an, was die Kinder selbst dazu sagten. Wenn man einer Lerngruppe die Trennung einfach aufdrücke, könne das schiefgehen, betonte die Pädagogin.
Eine Trennung der Geschlechter im Schulunterricht wird aus verschiedenen Gründen immer wieder diskutiert. Unter anderem gibt es muslimische Eltern, die einen getrennten Sexualkunde- und Schwimm-Unterricht befürworten.
Der Kulturwissenschaftler Werner Schiffauer hatte kürzlich im Deutschlandradio Kultur die Trennung beim Sexualkundeunterricht aus Rücksicht auf Muslime vorgeschlagen. Aber auch andere Experten stellen die Koedukation in Frage. So wird die These vertreten, dass Mädchen sich in den Naturwissenschaften ohne Jungs besser entfalten können.
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