Gesungene Botschaften

Von Hartwig Tegeler |
Bei der Gospelmusik ist das Entscheidende nicht der Klang, sondern die Botschaft. Und so verstehen die Mitglieder des Elsmhorner Gospelchores Young Spirits ihren "Job" auch vor allem darin, christliche Musik mit viel Spaß an der Freude und einem hohen musikalischen Können ans Publikum zu bringen.
Der erste Eindruck? Verblüffung und Erstaunen, wenn man zur Probe der Young Spirits in die Thomaskirche kommt. Was erwartet man schon an Gospel-Potenzial in einer knapp 50.000-Seelen-Stadt, die auch dann noch schleswig-holsteinische Provinz ist, wenn Hamburg nur 32 Kilometer entfernt liegt? Wie groß stellt man sich einen Elmshorner Gospelchor vor? Zehn, zwölf, fünfzehn Sänger, wenn´s hoch kommt!? Denkste! An diesem Sonntag stehen um 18 Uhr drei Stunden lang mehr als 30 junge Menschen zwischen 16 und 30 Jahren auf der Bühne. An anderen Tagen sogar 40. Entsprechend ist die Power!

Die akustische Kraft und die des Ausdrucks ist spürbar bei den Young Spirits, auch wenn die zehnköpfige Band (...)

Schröder: "Ja genau, wir proben ohne Band."

(...) nicht dabei ist. Apropos Sonntag! Niels Schröder, gebürtiger Elmshorner, Student der Musik und des Sports sowie Chorleiter schon in frühen Jahren, (...)

"Ich glaube, 19 oder 18 war ich, genau, als ich den Chor gegründet habe. Genau."

(...) ist nicht nur musikbegeistert, sondern auch pragmatisch, was einen Punkt betrifft: Die Young Spirits verstehen sich als Chor der Thomaskirche; wenn sonntags Probe ist, singen sie auch während des Gottesdienstes. Abends! Mit dem Frühgottesdienst allerdings ... und hier setzt des Chorleiters Pragmatismus an:

"Sonntags morgens ist ein bisschen schlecht, weil (...)"

(...) weil, nun ja, weil junge Menschen Samstagabend eben, wie Niels Schröder formuliert, auf den ´Swutsch´ gehen. Dann sozusagen früh morgens um zehn den Gospels die richtige Kraft zu geben? Kaum möglich.

""Gospel ist das, was entstanden ist aus den Traditionals, aus der schwarzen Musik der Sklaven damals, die sich Einflüsse geholt hat aus allen möglichen Genres, aus allen möglichen Stilistiken. Von Funk, Reggae, R&B."

Bis hin zu Salsa.

"Oh, das geht nicht! Fürs Radio. Gleich beim dritten Ton. Gott!"

Gott anzurufen an dieser Stelle, mag als Lapsus durchgehen; Lachen wird bei den Young Spirits sowieso nicht als Kontrapunkt zur Professionalität gesehen. Der Chor entstand vor gut sieben Jahren aus einer Schul-AG, nachdem Chorleiter Niels Schröder beim USA-Aufenthalt mit dem Gospel-Virus infiziert wurde. Bald entscheiden Leiter und Chor, dass auch ihre Gospelsongs in die Kirche gehören.

"Gospel hört sich immer so an, was die Jugendlichen oder die jüngeren Leute auch aktuell in den Charts hören. Das heißt, momentan ist Gospel sehr R&B-lastig. Ist viel HipHop. Solche Sachen sind momentan einfach sehr gängig."

Für die Sängerinnen und Sänger der Young Spirits ist das Gemeinschaftsgefühl im Chor entscheidend.

"Das ist genau das Ding."

Meint Sänger Daniel, Student. Sängerin Anne, Sopran, 23 Jahre alt und Stadtinspektor-Anwärterin zur Diplom-Verwaltungswirtin, stimmt ihm zu.

Annekathrin Lerch: ""Man ist einfach Teil eines großen Ganzen. Und das ist einfach nur ein tolles Gefühl."

Daniel Silver: "Ich kann es nur jedem empfehlen, einmal im Chor mitzusingen, weil, es kommt eine unglaubliche Energie in diesem Chor auf. Und es ist sehr emotional."

Gospelmusik – religiöse Kirchenmusik: Als Anne 2003 bei den Young Spirits anfing, war sie sich nicht sicher, was sie darüber denken sollte.

Annekathrin Lerch: "Ich bin eigentlich in einer christlichen Familie aufgewachsen, meine Mutter ist Kirchenmusikerin, aber für mich selber hatte ich es noch gar nicht so entschieden, aber dadurch, dass man immer wieder herkommt und immer wieder davon singt, überzeugt ... also, ich habe mich selber immer mehr davon überzeugt. Und kann jetzt wirklich dazu stehen und das, ja, mit voller Überzeugung singen."

Die Stücke, die die Young Spirits singen, komponiert und arrangiert Niels Schröder.

Es gibt keine Noten. Einmal gehört, wird das Neue immer wieder geübt und geübt.

Niels Schröder: "Okay, wir gehen wieder an den Anfang des Songs."

Wer beim Elsmhorner Gospelchor mitsingen will, muss inzwischen vorsingen, denn nach den ersten eigenständigen Konzerten der Young Spirits – immerhin der GRAND PRIX DER CHÖRE im ZDF – gibt es jetzt natürlich, meint Chorleiter Niels Schröder, den Zwang, das hohe gesangliche und musikalische Niveau zu halten.

Und was ist die Faszination beim Chorsingen? Daniel? Anne? Chorleiter Niels? - Egal, ob Klassik-, Shanty-, Jazz- oder wie bei den Young Spirits Gospelchor, der Chorsänger-Virus scheint, egal bei welchem Stil, gleich tief zu sitzen und zu wirken.

"Man kriegt Gänsehaut. Man kriegt verdammt viel Gänsehaut."
"Man vergisst alles, was drum rum ist. Das ist einfach wie ein Glücksgefühl."
"Ist recht meditativ sogar. Also, man ist für einen kurzen Moment leicht weggetreten, nicht im negativen Sinne, sondern ... wirklich ... man schwebt in anderen Sphären."
"Also, in dem Augenblick ist einfach nur Glück da und man vergisst alles andere."
"Und das ist ein tolles Gefühl."
"Ich glaube, dass Endorphine eine nicht kleine Rolle spielen. Ich kann mir wirklich vorstellen, dass Chorsingen so eine Endorphinfabrik ist."

Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.