Geschlechterklischees im Sport

Männer kicken, Frauen tanzen

Ein Fußball-Testspiel des "DJK Blau Weiß Wittichenau" gegen den "Ersten FFC Turbine".
Fußball: Typisch männlich? - Die Welt des Sports bedient nicht selten Geschlechterklischees. © dpa / Thomas Eisenhuth
Von Azadê Peşmen · 11.07.2016
Der Sport teilt meist strikt in männlich und weiblich. Homo- oder Intersexualität bleiben nach wie vor ein Tabu. Die Ausstellung "contesting/contexting Sport" der neuen Gesellschaft für bildende Kunst in Berlin hat sich dem Thema Diskriminierung im Sport angenommen, sucht Antworten auf die Frage, wie sich der Sport emanzipieren kann.
Stuart Meyers trägt eine blonde Perücke, ein Kleid und tanzt in dem Film seiner Videoinstallation "Tapdancing in the outfield" zu dem Titelsong des Basketball-Films "Space Jam". Sportbegeistert war der Künstler schon immer, aber seine wahre Leidenschaft ist das Tanzen.
Sportarten wie Football sind nicht nur beliebter als Tanzen, sondern werden für gewöhnlich auch als "männlicher" gesehen. Der Künstler versucht, in seiner Installation mit Geschlechterstereotypen im Sport zu brechen und sie zu hinterfragen. Das ist auch eines der zentralen Anliegen von "contesting/contexting SPORT 2016", einer Ausstellung der "neuen Gesellschaft für bildende Kunst", kurz nGbK, in Berlin.

"Du kannst entweder unsichtbar sein oder keinen Sport machen"

Die Beteiligten bewegen sich zwischen Kunst, Aktivismus und wissenschaftlicher Forschung. Željko Blaće ist einer der Initiatoren, der fast Leistungssportler geworden wäre.
"Und dann bin ich ausgestiegen, um Künstler zu werden. Ich habe dann meine Künstlerkarriere begonnen. Aber ich konnte zehn Jahre lang diese beiden Welten nicht miteinander vereinbaren, weil ich mich als jemand, der queer ist, sehr unterdrückt gefühlt habe in dem System Sport, das sehr sexistisch ist. Deshalb ist meine Erfahrung im Sport: Du kannst entweder unsichtbar sein oder keinen Sport machen."

Queere Sportgruppen als Alternative

Dann hat er sich aber - wie viele andere auch - für den alternativen Weg entscheiden und sich queeren Sportgruppen angeschlossen. Solche Gemeinschaften werden im sogenannten "Community-Raum" sichtbar gemacht: Die Aquahomos aus Frankreich zum Beispiel, die hauptsächlich Wassersportarten für LGBTs anbietet, aber auch "heterofreundlich" sind. Oder das "Guerreiras Project" aus Brasilien, eine Gruppe die sowohl auf dem Spielfeld, als auch innerhalb der Gesellschaft gegen sexistische Vorurteile im Fußball kämpft.
In der Ausstellung geht aber nicht nur um Diskriminierung im Sport aufgrund der geschlechtlichen Identität oder der sexuellen Orientierung. Auf einigen Fotos halten Brasilianer das Olympische Feuer - allerdings nicht am Strand der viel besuchten Copacabana, sondern in einem der vernachlässigten, segregierten Stadtteile: einer Favela.

Anti-Souveniere zu den Olympischen Spielen in Rio

Auch das, was nicht in das positive Image sportlicher Großereignisse und in das glitzernde Postkartenmotiv Rio de Janeiros passt, kommt hier vor. Ausgestellt sind auch einzelne sogenannte Anti-Souveniere von der Aktivisten-Gruppe Monstruário. Die Erklärung dazu gibt es im dazugehörigen Video:
"Willkommen im Monstruário 2016, dem Geschäft für Anti-Souveniere aus Rio de Janeiro für die Olympischen Spiele. Ich werde euch die Produkte vorstellen. Hier haben wir Plüschtiere für die Kinder: das Totenschädelchen und Traktorchen. Traktorchen sind verantwortlich für die illegalen Zerstörungen und Räumungen und die Totenschädelchen symbolisieren die Autos der Militärpolizei BOPE, die einen töten."
Neben Videos und Fotos zeigt die Ausstellung auch andere, nicht ganz so niedrigschwellige Arbeiten aus der klassischen bildenden Kunst. Die sind aber - ohne weiterführende Erklärungen - nicht so leicht zu erschließen und hinterlassen eher Fragezeichen. So liegt der Zusammenhang eines Boxsacks mit einem direkt daran angenähtem, leeren Boxmantel und der Diskriminierung im Sport nicht direkt auf der Hand. Auch wenn der Ausschluss im Sport das verbindende Element der Ausstellung ist: Deutlich wird es nicht immer.
Das Thema ist nicht neu, aber der Zeitpunkt, in den Dialog zu treten, ist klug gewählt: Die Europameisterschaft ist gestern zu Ende gegangen und die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro beginnen in wenigen Wochen.
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