Geschichte einer Hansestadt

"Hamburg ist die koloniale Metropole Deutschlands"

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Der Historiker Jürgen Zimmerer hält eine Ansprache bei einem Empfang des Hamburger Senats zur Eröffnung der Ausstellung "Unser Afrika" im Juni 2018.
Der Historiker Jürgen Zimmerer hält eine Ansprache bei einem Empfang des Hamburger Senats zur Eröffnung der Ausstellung "Unser Afrika" im Juni 2018. © imago Images / Chris Emil Janßen
21.02.2020
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Wenn man über die deutsche Kolonialgeschichte spricht, spielt Hamburg als Hafenstadt eine besondere Rolle. Der Kolonialwissenschaftler Jürgen Zimmerer erklärt in unserer Sendung vor der Bürgerschaftswahl in der Hansestadt, wie es dazu gekommen ist.
"Hamburg ist die koloniale Metropole Deutschlands", sagt Jürgen Zimmerer, Professor für die Geschichte Afrikas an der Universität Hamburg im Deutschlandfunk Kultur. Die Stadt sei mit ihrem Hafen das Scharnier zwischen dem Hinterland, dem Rest von Deutschland und der großen weiten Welt. "Und diese große weite Welt war in den letzten 600 Jahren überwiegend kolonial geprägt", betont Zimmerer.
Weil Hamburg eine Kaufmannschaft sei, habe man lange Zeit eine Universität für überflüssig gehalten, erklärt Zimmerer während unserer Live-Sendung im Café Stenzel im Hamburger Schanzenviertel. Man habe die Kaufleute dafür gewinnen können, ein Kolonialinstitut zu gründen, das 1908 auch entstanden sei. Dies sei eine der zentralen Vorläuferinstitutionen der 1919 gegründeten Hamburger Universität gewesen. "Und das finden Sie auf vielen Gebieten", so Zimmerer weiter, "da ist ein Kolonialismus irgendwo in dieser Geschichte drin oder am Anfang, und dann verselbstständigt sich das."

Die Kolonialgeschichte schwappt bis ins 21. Jahrhundert über

Mehrere Beispiele zeigen die Verwicklung von ansässigen Kaufleuten mit der kolonialen Vergangenheit Hamburgs. Zimmerer nennt hier einen der Gründerväter der bis heute existierenden Reederei Woermann. Adolph Woermann sei federführend dabei gewesen, an Bismarck zu schreiben, mit dem Ersuchen, er solle die Besitzungen Hamburger Kaufleute in Westafrika unter kolonialen Schutz stellen. "Als Folge davon tritt Deutschland in den Kreis der Kolonialmächte ein, ganz mit den Problemen und der Gewalt, die man eben kennt - bis zum Genozid an den Herero und Nama", fügt Zimmerer hinzu.
Ein weiteres Beispiel sei die Firma Godeffroy, die in der Südsee handelte. Diese habe den Grundstock für eine ethnologische und eine naturkundliche Sammlung gelegt, die den Grundstock für das Naturkundemuseum bot, das in Hamburg derzeit unter dem Namen Evolutioneum wieder aufgebaut werden soll. "Das heißt, man sieht hier auch gut, dass diese Geschichte im 19. Jahrhundert ins 21. Jahrhundert überschwappt und diese Linien zu erkennen sind", so Zimmerer.
(jeg)
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